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Offene BriefeUKGM contra Frankfurt – Streit um Uniklinik-Förderung eskaliert

Verteilt Hessen die Mittel an die Unikliniken ungleich? Am UKGM wird das so gesehen. In offenen Briefen üben Klinikdirektoren und Professoren deutliche Kritik. Sie fürchten Wettbewerbsverzerrung – und stellen letztlich die Trägerschaft infrage.

Universitätsklinikum Gießen und Marburg
UKGM
Vertreter des UKGM sehen ihr Haus gegenüber dem Frankfurter Uniklinikum im Nachteil.

Die Art, wie die hessische Landesregierung Investitionsmittel zwischen den Universitätskliniken des Bundeslandes verteilt, sorgt am Universitätsklinikum Gießen und Marburg (UKGM) für immer größeren Unmut. Nach zahlreichen Klinikdirektoren des UKGM beklagen nun auch Medizinprofessoren eine ungleiche Mittelverteilung. Das habe Folgen für den gesamten Wissenschaftsstandort.

In einem offenen Brief hatten zunächst die Klinikdirektoren eine „extreme Ungleichbehandlung“ angeprangert. Jetzt wandten sich auch 140 Medizinprofessorinnen und -professoren der beiden mittelhessischen Hochschulen in einem Schreiben an Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) und Wissenschaftsminister Timon Gremmels (SPD).

Es entsteht eine strukturelle Wettbewerbsverzerrung.

Man verfolge „mit großer Sorge“ jüngste finanzpolitische Entscheidungen und vor allem die geplante außerplanmäßige Bereitstellung von 200 Millionen Euro für das Frankfurter Uniklinikum aus dem Nachtragshaushalt 2025, der über eine neue Landesverschuldung in Höhe von 1,1 Milliarden Euro finanziert werde. „Diese Mittel fließen ausschließlich an einen Standort, während die übrigen hessischen Hochschulen und Universitätskliniken, insbesondere die Standorte Gießen und Marburg, gleichzeitig massive Kürzungen im Rahmen des Hochschulpakts hinnehmen müssen“, so die Wissenschaftler.

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Damit entstehe nicht nur eine „eklatante regionale Schieflage“ in der Finanzierung der Universitätsmedizin, sondern eine „strukturelle Wettbewerbsverzerrung im gesamten hessischen Wissenschaftssystem, deren Auswirkungen auf Exzellenzforschung, ärztliche Ausbildung, Gesundheitsversorgung und Standortattraktivität erheblich sein werden“.

Schmerzhafte Einschnitte in Gießen und Marburg

Bei den Verhandlungen zum Hochschulpakt 2026-2031 habe die Landesregierung erklärt, eine neue Verschuldung sei ausgeschlossen – Kürzungen seien daher unausweichlich. Gießen und Marburg hätten daraufhin schmerzhafte Einschnitte akzeptiert, darunter den Abbau mehrerer hundert Stellen bis 2031. „Nun jedoch wird exakt diese zusätzliche Verschuldung aufgenommen – jedoch ausschließlich zugunsten eines einzigen Universitätsklinikums“, kritisierten die Professoren.

Das Wissenschaftsministerium nahm zunächst keine Stellung zu deren offenem Brief, kündigte aber an, sich in demnächst zu dem Thema zu äußern.

Direktoren beklagen „existenzgefährdenden Investitionsstau“

Die UKGM-Klinikdirektoren hatten ihren Brief an Rhein und Gremmels als „Weckruf“ bezeichnet. Während Frankfurt in den vergangenen Jahren jeweils mehr als 150 Millionen Euro für pauschale Investitionsförderung sowie „eine Vielzahl spezieller Bezuschussungen“ erhalten habe, seien den beiden Standorten des UKGM über den mit dem Land Hessen geschlossenen Zukunftsvertrag nur jeweils 25 Millionen Euro zugestanden worden. Bereits dadurch sei „ein existenzgefährdender Investitionsstau in Gießen und in Marburg entstanden“, hieß es in dem Schreiben, dem den Angaben zufolge 65 von 72 Klinikdirektorinnen und -direktoren des UKGM zugestimmt hatten.

„Die Verzerrung wird jetzt auf die Spitze getrieben, wenn das Universitätsklinikum Frankfurt, wie angekündigt, mittels Nachtragshaushalt aus dem erweiterten Neuverschuldungsrahmen weitere 200 Millionen Euro erhalten soll“, hieß es in dem offenen Brief weiter. Zugleich sollten „die mit gleichen Herausforderungen des Gesundheitssystems konfrontierten  Universitätskliniken in Gießen und Marburg leer ausgehen“.

Argument der unterschiedlichen Trägerschaft

Mehr noch: Von den Kliniken in Gießen und Marburg werde erwartet, dass sie selbst notwendige Investitionsmittel erarbeiteten. Dies könne nur durch eine Umwidmung von Krankenkassenmitteln, die für die Patientenversorgung vorgesehen seien, sowie durch Zusatzbelastungen der Mitarbeitenden gelingen. „Eine Schlechterstellung der Patienten und Studierenden sowie eine Ungleichbelastung der Mitarbeitenden der Universitätskliniken in Hessen ergeben sich als Folge hieraus.“

Das Land müsse gleiche Mittelzuwendungen für gleiche Aufgaben in der Gesundheitsversorgung gewährleisten und die Unikliniken Gießen und Marburg mit dem Frankfurter Uniklinikum gleichstellen, forderten die Klinikdirektoren. Sollte die unterschiedliche Trägerschaft – staatlich im Fall des Uniklinikums Frankfurt und mehrheitlich privat im Falle des UKGM – weiter als Argument für die Ungleichbehandlung „zweckentfremdet“ werden, bliebe nur die Forderung nach einer Rückkehr des UKGM in die alleinige staatliche Trägerschaft. Das UKGM war im Jahr 2006 zu 95 Prozent von Rhön-Klinikum übernommen worden, das später von Asklepios aufgekauft wurde. Das Land Hessen hält die restlichen fünf Prozent.

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