
Dr. Thomas Spies will den stockenden Verhandlungen um die Zukunft des Universitätsklinikums Gießen und Marburg (UKGM) ganz offensichtlich neuen Schwung geben. Der Marburger Oberbürgermeister hat jetzt vorgeschlagen, „einen relevanten Teil des Geldes“, das seine Stadt aktuell zusätzlich aus Steuereinnahmen und Umlagen verbuchen konnte, für den Rückkauf des UKGM zu verwenden. Konkret könne er sich gut vorstellen, „erstmal eine Größenordnung von 75 bis 100 Millionen Euro in einem UKGM in Landeseigentum anzulegen“, sagt Spies.
Als realistische Größenordnung für den Kaufpreis des UKGM geht der OB von rund 500 Millionen Euro aus. Das Geld dafür, so Spies, stehe der Landesregierung in Wiesbaden zur Verfügung. Neben der vorgeschlagenen Marburger Beteiligung seien etwa aus dem Verkauf des Klinikums noch 110 Millionen Euro vorhanden. Zudem zahle seine Stadt voraussichtlich mehr als 300 Millionen Euro an Umlagen an das Land Hessen. Das mache zusammen die besagten knapp 500 Millionen Euro, rechnet Spies vor.
Es ist an der Zeit, endlich den richtigen Weg einzuschlagen, und es ist jetzt auch möglich.
Das UKGM war im Jahr 2006 privatisiert worden, als bundesweit einzige Uniklinik. Mehrheits-Eigentümer ist die Rhön-Klinikum AG, die mittlerweile zum Klinikkonzern Asklepios gehört. Das Land Hessen hält noch fünf Prozent am UKGM. „Die Privatisierung war falsch, ist falsch und bleibt falsch“, betont Spies und ergänzt: „Es ist an der Zeit, endlich den richtigen Weg einzuschlagen, und es ist jetzt auch möglich.“ Er fordere die Landesregierung auf, „endlich in ernsthafte Gespräch über einen Rückkauf des Uniklinikums einzutreten“.
Wissenschaftsministerin hat andere Pläne
Bei Hessens Wissenschaftsministerin Angela Dorn (Die Grünen) konnte Spies mit seinem Vorstoß offenbar nicht punkten. Es gebe kein Verkaufsangebot der Rhön-Klinikum AG, zitiert die „Hessenschau“ die Ministerin. Das jedoch sei die Voraussetzung für Spies‘ Überlegungen. Dorn selbst, berichtet die „Hessenschau“ weiter, sehe es als ihre Aufgabe an, „realistische Lösungen“ für die Zukunft der Uniklinik zu schaffen. Ziel der Landesregierung sei es, mit dem UKGM-Eigentümer einen Zukunftsvertrag abzuschließen.
Rhön hatte im Juni eine 2017 mit dem Land abgeschlossene Zukunftsvereinbarung für das UKGM gekündigt. Eine Verlängerung „hätte wesentliche Nachteile für das UKGM bedeutet“, hatte Rhön im Juni erklärt. Dann würden dem Haus etwa „auch weiterhin die gesetzlich vorgesehenen Investitionsmittel für Universitätskliniken in Deutschland vorenthalten“. Dorn hatte die Kündigung als „Tiefpunkt der Verhandlungen“ bezeichnet. Damit stelle das Unternehmen auch den Anfang des Jahres vereinbarten „Letter of Intent“ infrage.
Wieder Warnstreiks
Um ihrer Forderung nach sicheren Jobs Nachdruck zu verleihen, wollen UKGM-Beschäftigte am kommenden Dienstag sowie Donnerstag (22. und 24. November) erneut ihre Arbeit niederlegen. Es seien zwei Warnstreiktage geplant, teilte die Gewerkschaft Verdi mit. Zu dem Ausstand sind die nicht-ärztlichen Beschäftigten jeweils von Beginn der Früh- bis zum Ende der Spätschicht aufgerufen. „Wir wollen ein deutliches Signal an Arbeitgeber und Politik senden“, sagte Gewerkschaftssekretär Fabian Dzewas-Rehm: „Schluss mit dem Streit zu Lasten der Beschäftigten.“ Verdi fürchtet, dass mit dem Ende der von Rhön gekündigten Zukunftsvereinbarung auch das Auslaufen wichtiger Sicherheiten für die Beschäftigten droht.
Neuer Zukunftsvertrag muss bald stehen
Zu dieser Absichtserklärung stehe sein Unternehmen ungeachtet der Kündigung, hatte der damalige Rhön-Vorstandschef Christian Höftberger entgegnet. Man werde alle bestehenden Verpflichtungen für Investitionen und Bauvorhaben erfüllen. Das Land hatte im Januar erklärt, das UKGM über zehn Jahre mit knapp einer halben Milliarde Euro zu fördern. Im Gegenzug sollte das Uniklinikum unter anderem auf betriebsbedingte Kündigungen und Ausgliederungen verzichten. Rhön hatte Eigenmittelinvestitionen in Höhe von mindestens 22 Millionen Euro pro Jahr angeboten.
Seitdem sind die Verhandlungen zwischen Rhön und dem Land Hessen nicht wirklich vom Fleck gekommen. Seit mehreren Monaten wird jetzt um die Frage der künftigen finanziellen Ausstattung des UKGM gerungen, und die Gesprächspartner sind zerstritten. Dabei drängt mittlerweile die Zeit, denn der bisherige, von Rhön gekündigte Zukunftsvertrag gilt nur noch bis Ende des Jahres.





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