
2,2 Milliarden Euro und 400 Millionen Euro – zwei immens hohe Beträge, die beide mit der Universitätsmedizin Mainz (UM) zu tun haben. Der erste beschreibt das Volumen des Baumasterplans, mit dem die einzige Uniklinik von Rheinland-Pfalz bis zum Jahr 2040 umfassend umgestaltet werden soll. Der andere steht für eine Teilentschuldung des defizitären Hauses, die in diesem Jahr erfolgen soll. Das macht deutlich: Die UM steht vor einer ganz entscheidenden Phase.
Dass eine finanzielle Kehrtwende nötig ist, zeigt die Tatsache, dass auch 2025 wieder mit einem Millionenverlust gerechnet wird – er dürfte sich vor Zinsen und Steuern auf etwa 75 Millionen Euro belaufen. Zwar erkennt Gesundheits- und Wissenschaftsminister Clemens Hoch (SPD), der auch Aufsichtsratschef der Unimedizin ist, nach dreistelligen Millionen-Defiziten in den Jahren davor eine Trendwende. Bis zur angepeilten schwarzen Null ist es aber noch ein langer Weg – und das in Zeiten hoher Personal-, Sach- und Energiekosten.
Minister Hoch spricht von gewaltigem Kraftakt
Luft zum Atmen soll der Unimedizin nun also verschaffen, dass das Land einen Teil der Schulden übernimmt. Damit wird das Haus von Zinslasten befreit, die wiederum Folge aufgelaufener Verluste aus dem Betrieb sind. Die 400 Millionen Euro entsprechen ungefähr der Hälfte der gesamten Verschuldung, Minister Hoch spricht von einem gewaltigen Kraftakt. Insgesamt beschere der erst kurz vor Weihnachten beschlossene Doppelhaushalt für 2025 und 2026 der Universitätsmedizin einen „deutlichen Anschub“.
Für die bauliche Erneuerung – weg von einer dezentralen Struktur mit kleineren, in die Jahre gekommenen Gebäuden – richtet das Land ein Sondervermögen ein. Der Landtag machte in seiner letzten Sitzung 2024 den Weg dafür frei. Geplant ist, dass nach und nach Landesgeld in das Sondervermögen fließt.
Dass sich baulich was an der Unimedizin tun muss, findet auch Andreas Wermter, Geschäftsführer der Krankenhausgesellschaft Rheinland-Pfalz – auch damit das Haus gewappnet ist für die Veränderungen durch die Krankenhausreform. Der Erfolg des Baumasterplans werde für die Umsetzung der Krankenhausreform von großer Bedeutung sein.
Wichtig sei die ständige Verfügbarkeit von Ärzten. Mit einer größeren räumlichen Nähe medizinischer Einheiten ergäben sich mehr Einsatzmöglichkeiten. „Der mögliche flexible Einsatz von Personal führt zudem zu einer verbesserten Wirtschaftlichkeit“, sagt Wermter. Für Patienten bringe das kürzere Wege zu Therapien oder Untersuchungen.
Die Unikliniken sind im Prinzip die Mutter der Verteilung in dieser Reform.
Die Universitätsmedizin werde im Zuge der Krankenhausreform eine bedeutende Rolle einnehmen und zusammen mit anderen Krankenhäusern der Maximalversorgung den Kern medizinischer Zentren bilden, sagt Wermter. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) drückte es im September bei einem Besuch in Mainz so aus: Die Patientenstruktur von Universitätskliniken werde sich stark verändern und deren Finanzlage verbessern. „Die Unikliniken sind im Prinzip die Mutter der Verteilung in dieser Reform“, sagte er seinerzeit. Gleichzeitig könnten sich diese Häuser mehr von leichten Fällen trennen.
Es sollen also in Zukunft medizinische Leistungen mehr gebündelt werden, was mehr Koordination zwischen Krankenhäusern erfordern dürfte. Minister Hoch sagt mit Blick auf Mainz: „Es gab in den letzten zehn Jahren einen etwas schwierigen Wettbewerb zwischen der Universitätsklinik und dem Marienhaus Klinikum – und zwar deshalb, weil das Marienhaus Klinikum immer ein bisschen sein wollte, wie die Unimedizin und die Unimedizin immer alles anbieten wollte, auch Leistungen die eigentlich nicht unbedingt zu einem Maximalversorger gehören.“ Nach seinem Eindruck laufe die Abstimmung mittlerweile viel besser.
Mehr Flexibilität bei der Struktur
Ändern wird sich an der UM auch einiges an den Strukturen. Eine im vergangenen Jahr beschlossene Gesetzesnovelle soll mehr Flexibilität bringen. Möglich wird, den Vorstand zu erweitern und die Zuständigkeit einzelner Vorstände zu ändern. Das kann den Weg frei machen für einen zusätzlichen Bauvorstand, der sich um all die geplanten Um- und Neubauten kümmert.
Geändert wurde zudem das Verfahren zur Wahl des wissenschaftlichen Vorstandes. Der Posten ist seit längerem nicht besetzt, ein Kandidat sagte ab, eine vorgeschlagene Kandidatin wurde vom Fachbereichsrat abgelehnt. Ob eine neue Ausschreibung erfolgt, ist noch nicht klar. Das sei eine Option, sagt Hoch. Es könne aber auch sinnvoller sein, gezielt Menschen anzusprechen. Fachbereichsrat und Aufsichtsrat der Unimedizin seien frei, welcher Weg letztlich gegangen werde.
Koloss der Medizinlandschaft
Unter dem Dach der Unimedizin, die in der Mainzer Oberstadt liegt, gibt es mehr als 60 Kliniken. Pro Jahr werden rund 340 000 Patienten stationär oder ambulant versorgt. Die Unimedizin ist die größte Beteiligung des Landes Rheinland-Pfalz und zählt rund 8700 Mitarbeitende. Rechtlich ist sie eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, mit Blick auf ihre Aufgaben in Forschung und Lehre ein Fachbereich der Johannes Gutenberg-Universität Mainz.
Wie der komplexe Umbau der UM über die Bühne gehen soll, wird erst noch im Detail angeschaut. Das sei richtig so, sagt Hoch. Immerhin werde für die nächsten Jahrzehnte geplant. Klar sei, es gebe auf dem Gelände nicht genügend Platz, um den vollen Klinikbetrieb aufrechtzuerhalten und gleichzeitig in einem Bauabschnitt den Neubau hochzuziehen, umzuziehen und an anderen Stellen Gebäude abzureißen. Es wird erwogen, die UM künftig auf zwei Standorte im Stadtgebiet zu verteilen, erklärt der Minister.
Bis zum Sommer soll es Klarheit geben. Er habe die Hoffnung, dass im Laufe dieses Jahres in einen städtebaulichen Wettbewerb gestartet werden könne, um eine Vorplanung mit Leben zu füllen, so Hoch: „Ich stelle mir für die Unimedizin Mainz etwas Innovatives und Nachhaltiges vor und nicht einfach nur einen Klotz.“







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