
Die Fusionskontrolle ist ein wichtiges rechtliches Instrument zur Sicherung bestehenden Wettbewerbs. Im Krankenhaussektor soll dieser grundsätzlich für eine gute Qualität der medizinischen Versorgung sorgen: Da die Vergütungsstrukturen in der Gesundheitsversorgung weitgehend vorgegeben sind, ist nicht – wie sonst üblich – der Preis das entscheidende Kriterium dafür, ob und welche Leistungen eines Krankenhauses in Anspruch genommen werden.
Vielmehr können Krankenhäuser mit qualitativ hochwertigen Leistungen mehr Patienten gewinnen, auch und gerade, weil niedergelassene Ärzte regelmäßig eine Einweisungsempfehlung auf Grundlage der Behandlungsqualität abgeben. Der qualitätssichernden Funktion des Wettbewerbs steht gegenüber, dass die erforderliche Ausstattung sowie personelle Ressourcen und ein höherer Professionalisierungsgrad eher in größeren Einheiten zu finden sind. Bei weitreichenden Konsolidierungen könnte der Anreiz verloren gehen, sich durch die Qualität der angebotenen Leistungen von der Konkurrenz abzuheben.
Ziel der Fusionskontrolle ist es, solche wettbewerbsschädlichen Konzentrationen zu verhindern: Liegt ein Zusammenschluss im kartellrechtlichen Sinn vor und werden bestimmte Umsatzschwellen erreicht, ist eine Anmeldung zum Bundeskartellamt und gegebenenfalls zu weiteren Kartellbehörden erforderlich. Das Bundeskartellamt gibt Zusammenschlussvorhaben nur frei, wenn keine erhebliche Behinderung des wirksamen Wettbewerbs zu erwarten ist.
Wettbewerbsschädigung verhindern
Beispielsweise stufte das Bundeskartellamt die geplante Fusion der Universitätskliniken Heidelberg und Mannheim im Jahr 2024 als erhebliche Behinderung des Wettbewerbs ein. Die Behörde untersagte nach eingehender Prüfung den Erwerb einer Mehrheitsbeteiligung am Universitätsklinikum Mannheim durch das Universitätsklinikum Heidelberg. Sie sah darin erhebliche wettbewerbliche Nachteile, da nach dem Zusammenschluss kaum noch unabhängige Alternativen in der Region bestanden hätten.
Insbesondere in den Bereichen Pädiatrie und Spitzenmedizin hätte der Zusammenschluss nach Einschätzung des Bundeskartellamts den Wettbewerb nahezu vollständig ausgeschaltet. Dies hätte nicht nur die Wahlmöglichkeiten der Patienten eingeschränkt, sondern auch Auswirkungen auf die niedergelassenen Ärzte gehabt, die auf eine ausreichende Zahl von Einweisungsmöglichkeiten angewiesen sind.
Es muss u.a. abgewogen werden zwischen dem Schutz der Wahlfreiheit der Patienten sowie der Sicherung der Trägervielfalt und den möglichen wirtschaftlichen Effizienzvorteilen.
Das Bundeskartellamt berücksichtigte zwar, dass sich ein möglicher Zusammenschluss der Universitätskliniken Mannheim und Heidelberg aufgrund höherer Fallzahlen und Spezialisierungsmöglichkeiten positiv auf die Behandlungsqualität auswirken könnte. Die Kartellbehörde kam aber zu dem Ergebnis, dass diese Vorteile auch ohne einen Zusammenschluss durch gezielte Kooperationen erreicht werden könnten. Letztlich überwogen aus Sicht des Amts der Schutz der Wahlfreiheit der Patienten und die Sicherung der Trägervielfalt gegenüber den möglichen wirtschaftlichen Effizienzvorteilen.
Konsolidierungen ohne wettbewerbsrechtliche Prüfung?
Vor dem Hintergrund vergangener Untersagungen des Bundeskartellamts im Kliniksektor schränkte der Gesetzgeber bereits im Jahr 2021 die Anwendbarkeit der Fusionskontrolle für Krankenhäuser ein. Mit der Krankenhausreform wurden nun weitere Ausnahmeregelungen eingeführt, um Konsolidierungen zu erleichtern. Eine Untersagung wie im Fall des Zusammenschlussvorhabens der Unikliniken Mannheim und Heidelberg würde nach diesen Regelungen mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr erfolgen. Details zur Neuregelung lesen Sie im später folgenden Kasten.
Der Verzicht auf eine fusionskontrollrechtliche Prüfung beschleunigt eine geplante Klinikfusion jedoch nicht zwangsläufig. Für eine Fusionskontrolle ist – sofern es sich um einen anmeldepflichtigen Zusammenschluss handelt – in wettbewerblich unbedenklichen Fällen in der Regel ein Monat einzuplanen, bei guter Vorbereitung der einzureichenden Unterlagen gegebenenfalls auch weniger.
Neuregelung zur Fusionskontrolle
Die Bestimmungen zur Fusionskontrolle durch das Bundeskartellamt auf Zusammenschlüsse im Krankenhausbereich sollen künftig keine Anwendung finden, wenn der Zusammenschluss folgende Voraussetzungen erfüllt:
- Es muss sich um eine „standortübergreifende Konzentration“ handeln: Dieses Kriterium wird jedenfalls bei „Aus-zwei-macheins-Konstellationen“ erfüllt sein, nicht jedoch bei rein gesellschaftsrechtlichen Umstrukturierungen ohne Schließung eines Standorts oder einer Fachabteilung.
- Der Zusammenschluss muss zur Verbesserung der Krankenhausversorgung erforderlich sein und dem Zusammenschluss dürften keine anderen wettbewerbsrechtlichen Vorschriften – insbesondere das Kartellverbot – entgegenstehen. Dies muss von der Landesbehörde, die für die Krankenhausplanung zuständig ist, schriftlich bestätigt werden.
- Der Zusammenschluss muss bis zum 31. Dezember 2030 vollzogen sein. Dies umfasst neben der rechtlichen Umsetzung z.B. auch die organisatorische Zusammenführung der Krankenhäuser (mit möglichen Folgen auch für die Beschäftigten), die Aufnahme gemeinsamer Geschäftsaktivitäten oder die Umbenennung.
Bestätigung muss beantragt werden
Demgegenüber sieht der Gesetzgeber für die Einholung der Bestätigung, dass der Zusammenschluss zur Verbesserung der Krankenhausversorgung erforderlich ist, ein zeitlich und gegebenenfalls auch administrativ geändertes Verfahren vor: Die Bestätigung muss bei der für die Krankenhausplanung zuständigen Landesbehörde beantragt werden, die diesen Antrag im Internet veröffentlicht und sich zur wettbewerblichen Bewertung mit dem Bundeskartellamt abstimmt.
Die Regelung schafft ein Konsolidierungsfenster bis Ende 2030, in dem die Krankenhäuser ohne wettbewerbsrechtliche Prüfung fusionieren können.
In der Praxis empfiehlt es sich, diesen Antrag sorgfältig vorzubereiten: Insbesondere sind die sachlichen Gründe, warum der Zusammenschluss zur Verbesserung der Krankenhausversorgung erforderlich ist, in hinreichender Detailtiefe auszuführen. Hier sollte auf den Erwägungsgründen des KHVVG aufgebaut und die positiven Auswirkungen des Zusammenschlussvorhabens hinsichtlich Ressourcenbündelung und der gesteigerten Behandlungsqualität herausgearbeitet werden. Die Landesbehörde ist nicht verpflichtet, zur Klärung dieser Frage selbst Informationen einzuholen.
Für kleinere Einheiten keine Änderung
Die für die Krankenhausplanung zuständige Landesbehörde kann die Bestätigung frühestens einen Monat nach Veröffentlichung des Antrags erteilen. Versagt sie die Bestätigung, ist – sofern eine Anmeldepflicht besteht – eine fusionskontrollrechtliche Prüfung durch das Bundeskartellamt möglich. Das kartellrechtliche Vollzugsverbot, das die Schaffung „vollendeter Tatsachen“ vor der Freigabe eines Zusammenschlusses verhindert, bleibt dabei unberührt, ganz gleich, ob ein Zusammenschluss nach den vorstehend genannten oder den üblichen fusionskontrollrechtlichen Regelungen erfolgt.
Weiterhin gilt, dass Krankenhäuser, deren Umsatz unterhalb der relevanten Schwellenwerte der Fusionskontrolle liegen, einen etwaigen Zusammenschluss nicht bei den Kartellbehörden anmelden müssen. Für solche Zusammenschlüsse kleinerer Einheiten ist daher die dargestellte Neuregelung bedeutungslos.
Praktische Auswirkungen und Ausblick
Die Regelung schafft ein Konsolidierungsfenster bis Ende 2030, in dem Krankenhäuser ohne wettbewerbsrechtliche Prüfung fusionieren können. Damit soll erreicht werden, dass Zusammenschlüsse weniger aufgrund ihrer wettbewerblichen Unbedenklichkeit, sondern vorrangig aus gesundheitspolitischen Erwägungen genehmigt werden, um die Ziele des KHVVG schnell(er) zu erreichen.
Dadurch können größere Klinikverbünde entstehen, in denen sich Häuser auf bestimmte Leistungen spezialisieren. Hierdurch erhöht sich (voraussichtlich) nicht nur die Effizienz, sondern auch die medizinische Qualität.
Ausnahmeregelung mit Ungewissheit
Da Kliniken innerhalb eines Verbundes in der Regel eine wirtschaftliche Einheit bilden, unterliegen diese internen Vereinbarungen auch nicht dem Kartellverbot (sogenanntes Konzernprivileg). Benachbarte Kliniken können also – wenn sie einem gemeinsamen Klinikverbund angehören – die zugewiesenen Leistungsgruppen flexibel aufteilen und abdecken.
Gleichwohl ist die Ausnahmeregelung von der Fusionskontrolle mit Ungewissheiten verbunden, die mit zeitlichen und inhaltlichen Verfahrensanforderungen und nicht zuletzt mit der Bewertung zusammenhängen, ob ein Zusammenschluss zur Verbesserung der Krankenhausversorgung erforderlich ist oder nicht. Vor diesem Hintergrund bleibt die zumindest präventive Prüfung einer möglichen fusionskontrollrechtlichen Anmeldepflicht erforderlich.









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