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TransformationsfondsKeine Förderung aus KHTF bei Insolvenzgefahr

Der Krankenhaustransformationsfonds bringt 50 Milliarden Euro in die Kliniklandschaft – doch wer Mittel will, muss wirtschaftlich überzeugen. Fehlende Daten, knappe Ressourcen und lange Prüfzeiten erschweren den Zugang.

Ein Holzklotz mit der Aufschrift Fördermittel. Daneben liegen Würfel mit den Symbolen i (für Information), Zahnrädchen, ein Kopf mit einem Ausrufezeichen und ein Daumen-hoch.
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Symbolfoto

Mit dem Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) vom hat die Bundesregierung ein klares Zeichen gesetzt: Ziel ist eine bundesweit tragfähige, moderne und bedarfsgerechte Krankenhauslandschaft. Zur finanziellen Unterstützung dieses Strukturwandels wurde der Krankenhaustransformationsfonds (KHTF) geschaffen – ausgestattet mit bis zu 50 Milliarden Euro für die Jahre 2026 bis 2035. Gefördert werden Umstrukturierungen, die den Weg zu einer bedarfsgerechten, sektorenübergreifenden Versorgung ebnen sollen.

Die Liste der förderfähigen Maßnahmen gemäß § 3 KHTF-Verordnung (KHTFV) ist breit gefächert: Dazu zählen unter anderem die Umwandlung stationärer Kapazitäten in integrierte Versorgungszentren, Digitalisierungsvorhaben, Personalgewinnungsmaßnahmen sowie der strukturelle Rückbau nicht mehr benötigter Krankenhauskapazitäten. Doch bei aller Offenheit für Projekte gilt ein zentrales Kriterium: Ohne ein Testat eines Wirtschaftsprüfers zur wirtschaftlichen Lage des Antragstellers wird nach aktueller Gesetzeslage kein Antrag angenommen

Testatspflicht als Zäsur: Fördermittel nur für überlebensfähige Strukturen

Nach § 4 Abs. 2 Nr. 7 KHTFV ist aktuell jedem Förderantrag ein Testat des Wirtschaftsprüfers beizufügen. Dieser muss bestätigen, dass kein Insolvenzrisiko gemäß den §§ 17 und 19 Insolvenzordnung (InsO) besteht. Anders gesagt: Nur Krankenhäuser, die aus Sicht eines unabhängigen Wirtschaftsprüfers fortführungsfähig sind, erhalten Zugang zu Mitteln aus dem Fonds.

Diese Regelung bringt eine neue Ernsthaftigkeit in die Förderlogik: Weg von bloßer Förderbereitschaft – hin zu einer konsequenten Förderung von Einrichtungen, die eine realistische wirtschaftliche Überlebensfähigkeit aufweisen. Das bedeutet auch: Fördermittel sollen nicht mehr zur „Rettung“ maroder Strukturen eingesetzt werden, sondern vorrangig für tragfähige Zukunftsentwürfe – sowohl in medizinischer als auch in ökonomischer Hinsicht.

Konkrete Auswirkungen für Geschäftsführung und Träger

Für Geschäftsführungen und Träger bedeutet die Testatspflicht eine signifikante Ausweitung der Anforderungen. War bisher die inhaltliche Ausgestaltung des Projekts das zentrale Element eines Antrags, rückt nun die formalisierte betriebswirtschaftliche Beurteilung ergänzend in den Fokus. Damit verbunden sind höhere Anforderungen an Finanzplanung, Dokumentation und Vorausschau.

Zur praktischen Unterstützung hat das Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland (IDW) am 11. Juli 2025 eine detaillierte Arbeitshilfe veröffentlicht. Diese legt fest, wie das Testat inhaltlich und formal aufgebaut sein muss, und definiert Mindeststandards, um bundesweit eine einheitliche Prüfqualität zu gewährleisten – dies betrifft direkt die Prüfung der Wirtschaftsprüfer, aber indirekt auch die antragstellenden Krankenhäuser.

Elemente des Testats

Das Testat muss folgende Elemente beinhalten:

  1. Unternehmensdarstellung
    Eine kompakte, strukturierte Beschreibung des Krankenhauses: Trägerschaft, Organisationsstruktur, medizinisches Leistungsspektrum, Versorgungsstufe, Fallzahlen sowie Personal- und Bettenstruktur
  2. Analyse der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage (VFE)
    Darstellung der wirtschaftlichen Lage auf Basis der beiden letzten testierten Jahresabschlüsse. Zusätzlich ist auf die aktuelle wirtschaftliche Entwicklung einzugehen. Hierzu gehören u. a.:
    • Bilanzkennzahlen (Eigenkapitalquote, Verschuldungsgrad)
    • Liquiditätslage
    • Entwicklung der Jahresabschlüsse, bei Bedarf bereinigt um Sondereffekte
    • Auslastungs- und Leistungsdaten
    • Daten zur aktuellen unterjährigen Entwicklung
  3. Beurteilung der Fortführungsfähigkeit gemäß InsO
    • § 17 InsO (Zahlungsunfähigkeit): Ist das Krankenhaus derzeit in der Lage, seinen fälligen Zahlungsverpflichtungen nachzukommen?
    • § 19 InsO (Überschuldung): Besteht für die kommenden zwölf Monate eine überwiegende Wahrscheinlichkeit, dass die Zahlungsfähigkeit erhalten bleibt?
    • Dazu sind im Kern vorzulegen:
      • Aktueller Finanzstatus und bei Bedarf eine kurzfristige Liquiditätsplanung (bei knapper Liquidität 13-Wochen-Vorschau)
      • Mittelfristige Finanzplanung für zwölf Monate
      • Annahmen zur Leistungs- und Erlösentwicklung, zu Personal- und Sachkosten
      • Geplante Investitionen und Rückstellungen
  4. Testat und Schlussbemerkung
    Der Wirtschaftsprüfer bestätigt, dass auf Basis der vorgelegten Informationen eine Fortführungsfähigkeit mit hoher Wahrscheinlichkeit vorliegt. Die Bewertung erfolgt in Anlehnung an den IDW-Standard S 11 (Beurteilung des Vorliegens von Insolvenzeröffnungsgründen).

Herausforderungen in der Umsetzung

Die Anforderungen sind für viele Häuser mehr als nur eine formale Hürde. Die Erstellung eines prüffähigen Testats kann – abhängig von Größe und Komplexität der Einrichtung – mehrere Wochen benötigen. Eine frühzeitige Beauftragung und eine enge Zusammenarbeit zwischen Geschäftsführung und Wirtschaftsprüfer sind somit zwingend erforderlich.

Dabei ist die Frage der Verfügbarkeit aktueller und belastbarer Daten nicht zu unterschätzen. Insbesondere kleinere Häuser haben oft keinen tagesaktuellen Buchungsstand, um einen belastbaren Finanzstatus aufzustellen, ganz abgesehen von einem rollierenden Forecast der Liquidität über zwölf Monate. Die Erstellung der erforderlichen Unterlagen bindet überdies beträchtliche interne Ressourcen.

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Ideen könnten trotzt Qualität am Urteil scheitern

Hinzu kommen erhebliche Prognoseunsicherheiten verbunden mit der Abwägung, welche Entwicklungen als überwiegend wahrscheinlich angenommen werden können: Die laufende Krankenhausreform, die Einführung von Leistungsgruppen, mögliche Fallzahlverschiebungen, Personalknappheit und noch unklare Auswirkungen der Ambulantisierung wirken sich aus und müssen nachvollziehbar eingeschätzt werden.

Dabei wird das Spannungsfeld zwischen Unternehmensrisiken und Förderung nochmals intensiviert. Manche Häuser stehen wirtschaftlich so unter Druck, dass das Testat – und damit die Förderfähigkeit – in Zweifel zu ziehen ist. Gleichzeitig sind gerade diese Häuser häufig auf strukturelle Veränderungen angewiesen.

In der Praxis zeichnet sich bereits ab, dass etliche Transformationsideen trotz hoher fachlicher Qualität am Urteil des Wirtschaftsprüfers scheitern könnten. Auch eine grundsätzlich förderwürdige Maßnahme kann nicht berücksichtigt werden, wenn die wirtschaftliche Tragfähigkeit der Einrichtung nicht bestätigt werden kann.

Fazit und aktueller Diskussionsstand

Die Einführung der Testatspflicht ist nicht nur ein bürokratischer Schritt, sondern ein Paradigmenwechsel in der Förderlogik. Der Fokus liegt nicht mehr nur auf der Versorgungsplanung, sondern auf der Verbindung aus medizinischer Relevanz und aktueller wirtschaftlicher Stabilität.

Für viele Krankenhäuser – insbesondere kleinere Häuser – ergibt sich daraus eine klare Handlungsaufforderung: Finanzplanung professionalisieren, Steuerungsinstrumente ausbauen, Szenarioanalysen entwickeln. Das Testat verlangt zwar nur einen Blick auf die Liquidität der kommenden zwölf Monate, mit der Professionalisierung des Planungswesens sollte aber auch der daran anschließende Zeitraum in den Blick genommen werden.

Auch wenn dies kurzfristig zusätzliche Ressourcen bindet, bietet es langfristig die Chance, die eigenen Steuerungsinstrumente zu professionalisieren. Entwicklungen können schneller erkannt und gegebenenfalls alternative Finanzierungsmöglichkeiten ausgelotet werden.

Thematik könnte sich noch einmal ändern

Mit dem Referentenentwurf zum Krankenhausreformanpassungsgesetz (KHAG) vom 5. August ist nun vorgesehen, die Testat-Pflicht vollständig zu streichen (Art. 4 Nr. 3 b) dd KHAG-E). Die Bundesregierung begründet diesen Schritt mit dem Ziel, bürokratische Hürden abzubauen und vermeidbare Kosten zu vermeiden. Die Prüfung durch Wirtschaftsprüfer sei zu aufwendig und verursache unnötige Belastungen für die Krankenhäuser.

Was immer die kommenden Wochen und Monate in dieser Hinsicht ergeben werden, es gilt: Zum gegenwärtigen Zeitpunkt muss mit den Anträgen auf Auszahlung von Fördermitteln aus dem Transformationsfonds das Testat des Wirtschaftsprüfers nach § 4 Abs. 2 Nr. 7 KHTFV übermittelt werden.

Förderfähige Projekte nach § 3 KHTFV

Folgende Maßnahmen können mit Mitteln aus dem Krankenhaustransformationsfonds (KHTF) gefördert werden:

  • Umwandlung von Krankenhausstandorten in sektorenübergreifende Versorgungseinrichtungen, einschließlich erforderlicher Umbau- oder Baumaßnahmen.
  • Digitalisierungsvorhaben zur Umstrukturierung, insbesondere zur Verbesserung von Interoperabilität und IT-Sicherheit.
  • Telemedizinische Netzwerke und Robotiklösungen, inkl. Baukosten, Personalmaßnahmen und technischer Infrastruktur.
  • Zentrumsausbildung für seltene oder komplexe Erkrankungen, oft in Kooperation zwischen Hochschulkliniken und anderen Krankenhäusern.
  • Regionale Krankenhausverbünde zur Reduzierung von Doppelstrukturen und effizienteren Nutzung vorhandener Kapazitäten.
  • Integrierte Notfallstrukturen, z. B. Verbindung von Schockraum und Bildgebung, Sofortlabore oder spezielle Ausstattungen.
  • Schließung oder Rückbau von Krankenhäusern oder Abteilungen, insbesondere in Regionen mit hoher Dichte, inkl. Abriss und Personalmaßnahmen.
  • Erweiterung von Ausbildungskapazitäten an staatlich anerkannten Krankenhäusern.
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