
Deutschlands Notaufnahmen ächzen unter dem hohen Patientenzustrom. Doch nach wie vor steuern viele Menschen mit gesundheitlichen Problemen direkt eine Notaufnahme an, statt zuvor auf eine Ersteinschätzung durch eine Ärztin oder einen Arzt zu setzen. Das machen Ergebnisse einer bevölkerungsrepräsentativen Forsa-Befragung im Auftrag des AOK-Bundesverbandes deutlich. Demnach haben mindestens 41 Prozent der Menschen, die in den vergangenen fünf Jahren die Notaufnahme einer Klinik aufgesucht haben, dies ohne vorherige Ersteinschätzung durch eine kompetente Stelle selbst entschieden. Die Folgen sind laut AOK überfüllte Notaufnahmen, strapaziertes Personal und verunsicherte Patientinnen und Patienten. Die Krankenkasse fordert deshalb eine zügige Reform der Notfallversorgung.
Warum Hilfesuchende direkt in die Notaufnahme gehen
41 Prozent der Befragten gaben laut Umfrage an, sie hätten die Notaufnahme direkt aufgesucht, weil sie sich akut zu schlecht fühlten, um abwarten zu können. 15 Prozent erklärten, plötzlich Angst vor einem lebensbedrohlichen Problem wie einem Schlaganfall oder Herzinfarkt gehabt zu haben. 10 Prozent gaben an, keinen Facharzttermin bekommen zu haben, bevor sich ihr gesundheitliches Problem akut verschlimmert habe und sie deshalb den Eindruck gehabt hätten, die Notaufnahme aufsuchen zu müssen.
Die Befragung zeigte auch, dass vor allem bei jüngeren Menschen zwischen 18 und 29 Jahren die Bereitschaft, sich bei Beschwerden in die Notaufnahme einer Klinik zu begeben, ausgeprägter ist, als etwa bei über 60-Jährigen. Der Durchschnittswert über alle Altersgruppen lag bei 41 Prozent.
„In vielen dieser Fälle wäre vermutlich eine kompetente Ersteinschätzung, beispielsweise durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des ärztlichen Bereitschaftsdienstes unter der Telefonnummer 116 117, sinnvoller gewesen als der direkte Gang in die Notaufnahme,“ sagt Carola Reimann, Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes. Die Zahlen würden die Unsicherheit der Menschen spiegeln, was bei einem vermuteten Notfall für sie die beste Behandlungsoption sei, so die AOK-Chefin.
Über den ärztlichen Bereitschaftsdienst gelangten deutlich weniger Befragte in die Notaufnahme: 11 Prozent der Befragten gaben an, nach der Ersteinschätzung unter der Telefonnummer 116 117 in die Notaufnahme gegangen zu sein. 24 Prozent waren laut eigenen Angaben von einer Arztpraxis in die Notaufnahme geschickt worden.
INZ als Lösung
Entscheidend sei laut Reimann, dass Patientinnen und Patienten ihre Anliegen möglichst schnell abklären können, um auf den richtigen Behandlungspfad geleitet zu werden. „Vor diesem Hintergrund begrüßen wir es ausdrücklich, dass sich die schwarz-rote Koalition vorgenommen hat, die liegengebliebene Reform von Notfallversorgung und Rettungsdienst zeitnah anzugehen,“ so die AOK-Vorständin.
Es wird Zeit, die für die Menschen verwirrende Trennung zwischen ambulanter und stationärer Versorgung im Notfall-Bereich endlich zu überwinden.
„Es wird Zeit, die für die Menschen verwirrende Trennung zwischen ambulanter und stationärer Versorgung im Notfall-Bereich endlich zu überwinden.“ Integrierte Notfallzentren (INZ), die von Krankenhausträgern und Kassenärztlichen Vereinigungen gemeinsam betrieben werden sollen, seien eine gute Lösung für eine bessere Steuerung.
KV-Bereitschaftsnummer nicht bei allen bekannt
Gefragt wurde auch nach der Bekanntheit der Telefonnummer für den ärztlichen Bereitschaftsdienst. 78 Prozent der Befragten gaben an, dass ihnen die zentrale bundesweite Nummer 116 117 der Kassenärztlichen Vereinigungen zur Vermittlung von Arztterminen und für den ärztlichen Bereitschaftsdienst bekannt sei. 41 Prozent derer, die die Nummer kannten, hatten die 116 117 bereits angerufen, um sich bei akuten gesundheitlichen Beschwerden beraten zu lassen.
Im Vergleich zu anderen Befragungen aus der Vergangenheit ist ein Anstieg in der Nutzung zu verzeichnen. So hatten in einer Versichertenbefragung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) aus dem Jahr 2021 noch 29 Prozent der Befragten, die die Nummer des ärztlichen Bereitschaftsdienstes kannten, angegeben, diese Nummer in den letzten zwölf Monaten auch genutzt zu haben.
Dauer bis Eintreffen des Rettungsdienstes
Ebenfalls Thema der Befragung war die Nutzung der Notrufnummer 112: Genau die Hälfte der Befragten gab an, dass sie diese Nummer schon einmal anrufen musste, weil jemand tatsächlich oder vermutlich lebensbedrohlich erkrankt oder schwer verletzt war. Die Fristen bis zur Entgegennahme des Anrufes und bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes wurden von den Befragten überwiegend positiv bewertet: 89 Prozent meldeten zurück, dass ihr Anruf schnell entgegengenommen wurde und dass der Rettungsdienst schnell vor Ort war.








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