
Niedersachsens Gesundheitsminister Andreas Philippi (SPD), die Niedersächsische Krankenhausgesellschaft (NKG) und die Ärztekammer Niedersachsen (ÄKN) fordern vom Bund Tempo beim Bürokratieabbau. „Herr Lauterbach, machen Sie Ernst mit dem Bürokratieabbau in den Krankenhäusern“, appelliert Philippi an den Bundesgesundheitsminister. Rund drei Stunden täglich seien Ärzte und Pflegekräfte mit Dokumentationsarbeiten beschäftigt, die häufig keinen Nutzen für die Behandlung von Patienten hätten.
Drei Stunden am Tag – das entspreche rechnerisch 5058 von 14 110 Ärzten (36 Prozent) und 10 920 von 32 250 Pflegekräften (33 Prozent) in dem Bundesland. Wenn die bürokratische Arbeit um nur eine Stunde pro Tag verringert würde, könnten umgerechnet mehr als 1700 Vollkräfte im ärztlichen und etwa 4000 Vollkräfte im Pflegedienst freigesetzt werden, heißt es in einer Mitteilung der Initiative.
„Alle bestehenden und geplanten Dokumentations- und Nachweisverpflichtungen müssen auf den Prüfstand“, sagt Philippi. Außerdem sollten bestehende und verfügbare Daten stärker genutzt werden, anstatt Krankenhäuser mit neuen Anforderungen zu belasten. „In Zeiten des Fachkräftemangels können wir uns eine Verschwendung von Arbeitskraft, die dringend im OP und am Krankenbett gebraucht wird, nicht mehr leisten“, fügte NKG-Verbandsdirektor Helge Engelke hinzu.
Demotivierte Mitarbeitende
Das aktuelle Übermaß an Meldepflichten und Dokumentationen binde nicht nur personelle Ressourcen, sondern lähme auch die Effizienz und demotiviere die Mitarbeitenden, so die Initiative. Einerseits könnten die Beschäftigten ihrem originären Auftrag der Patientenbehandlung nicht in ausreichendem Maße nachkommen, erklärt Dr. Alexander Poppinga, Vorstand Medizin Evangelisches Krankenhaus Oldenburg – „gleichzeitig sehen sie sich einem ausgefeilten Kontrollsystem gegenüber, das ihnen immer wieder suggeriert, ihre Arbeit sei fehlerhaft“.
Die Finanzierung dieser zusätzlichen Aufgaben ist nirgends abgebildet.
Die Verpflichtungen zu umfangreichen Datenlieferungen nähmen stetig zu, kritisiert Poppinga. Eines der jüngsten Beispiele sei die Einführung des Implantateregisters. Gleichzeitig stiegen auch die gesetzlichen Anforderungen, „die in keinem direkten Zusammenhang mit der Patientenversorgung stehen“, so der Krankenhausvorstand. So müssten auch die Kliniken die Anforderungen des Lieferkettengesetzes erfüllen oder seien verpflichtet, Nachhaltigkeitsberichte zu erstellen: „Die entsprechende Finanzierung dieser zusätzlichen Aufgaben ist indes nirgends abgebildet.“
Der Ball liege nun bei Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Das angekündigte Entbürokratisierungsgesetz müsse zügig vorgelegt, die Krankenhausreform aktiv zum Bürokratieabbau genutzt und der bürokratische Aufwand vor jedem neuen Gesetz geprüft werden. Zudem solle der Klinik-Atlas bis auf weiteres ausgesetzt werden.







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