
Die Krankenhausgesellschaften der Länder sind sich einig: die dramatische, wirtschaftliche Lage vieler Kliniken in Deutschland verändert sich durch das Transparenzgesetz nichts. Sie kritisieren, dass bei den entscheidenden Fragen zur wirtschaftlichen Absicherung erneut keine konkreten inhaltlichen Festlegungen oder eine zeitliche Perspektive getroffen wurden.
Schaufenster-Milliarden helfen weder Krankenhäusern noch Patienten.
„Stattdessen wurden erneut in ihrer Wirkung allein maßlos überschätzte Liquiditätshilfen präsentiert. Schaufenster-Milliarden helfen allerdings weder Krankenhäusern noch Patienten“, so Dr. Hans-Heinrich Aldag, Geschäftsführer der Niedersächsischen Krankenhausgesellschaft (NKG). Es handle sich lediglich „um vorgezogene Zahlungen bereits bestehender Vergütungsansprüche“, die Kliniken keinen zusätzlichen Euro brächten. Insolvenzen würden dadurch nur hinausgezögert, nicht aber verhindert, darin sich die Krankenhausgesellschaften bundeslandübergreifend einig.
Heiner Scheffold, Vorstandsvorsitzender der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft (BKG), formuliert es noch etwas drastischer: „Um es in aller Deutlichkeit zu sagen: Mit diesem Gesetz stehen die Krankenhäuser vor einem finanziellen Scherbenhaufen und daraus werden Insolvenzen folgen. Die Versorgung der Patientinnen und Patienten wird sich zwangsläufig verschlechtern“. Scheffold schiebt die Verantwortung „für dieses Desaster“ eindeutig Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach zu.
DKG-Chef Dr. Gerald Gaß stimmt in die Kritik am Transparenzgesetz mit ein: „Ganz offensichtlich haben vor allem die SPD-Länder die Brisanz der Lage ihrer eigenen Krankenhauslandschaft noch immer nicht begriffen. Mit ihrer Zustimmung im Vermittlungsausschuss, ohne dass damit ein kurzfristig wirksamer Inflationsausgleich verbunden ist, tragen sie nun in ganz besonderer Weise Verantwortung für das Kliniksterben in Deutschland.“ Wer immer nur ankündigt, ohne Worten Taten folgen zu lassen, verspiele das letzte Vertrauen in die Politik.
Die Versorgung der Patientinnen und Patienten wird sich zwangsläufig verschlechtern. Die Verantwortung für dieses Desaster trägt eindeutig der Bundesgesundheitsminister.
Kliniken wollen Zukunftsprojekte schnell angehen
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) unterstützt Lauterbachs Pläne, ab 2025 einen Transformationsfonds einzurichten, um die notwendigen Strukturanpassungen der Krankenhauslandschaft zu fördern. „Wir haben diese 50 Milliarden Euro schon lange als Strukturinvestitionen gefordert, um den Krankenhäusern eine Perspektive für die Umstrukturierung und den Transformationsprozess in der Reform zu geben.“ Der Verbund der Universitätsklinika (VUD) lobt: „Der Transformationsfonds ist ein starkes Instrument, um Strukturveränderungen wie Konzentration und Umwandlung von Krankenhausstandorten zu unterstützen“ sagt Prof. Jens Scholz, erster Vorsitzender des Verbandes. Damit erreiche man mehr Effizienz und eine bessere Qualität der Versorgung.
Es müssten laut DKG-Forderung nun aber zügig Fakten geschaffen werden, damit die Kliniken Zukunftsprojekte zeitnah angehen könnten. Dass der Bund seinen Finanzierungsanteil aus dem Gesundheitsfonds entnehmen möchte, habe die Krankenkassen in den Augen der DKG zurecht irritiert. Sollen nun die Beitragszahler der Gesetzlichen Krankenkassen die Belastungen tragen, die eigentlich über Steuern, also auch von Privatversicherten und Beamten zu schultern sind, stellt sie in den Raum. Die Berliner Krankenhausgesellschaft (BKG) mahnt, dass ein Transformationsfonds nicht helfe, wenn nichts mehr zu transformieren sei. „Die gestrige Einigung wurde über die Köpfe derjenigen getroffen, die 365 Tage im Jahr da sind für die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung.“
Anpassung der Landesbasisfallwerte bleibt nebulös
Und damit ist die Kritik noch nicht am Ende. Die DKG sieht in der Ankündigung des Bundesgesundheitsministers die Landesbasisfallwerte für das laufende Jahr erhöhen zu wollen, „eine wertlose Beruhigungspille“. Mit diesen sollte ein Teil der inflationsbedingten Kostensteigerungen kompensiert werden. Es bliebe jedoch auch nach dem Vermittlungsausschuss und dem gestrigen Pressestatement des Ministers völlig unklar, wie der sich täglich verschärfende kalte Strukturwandel gestoppt werden soll.
Selbst wenn die Landesbasisfallwerte tatsächlich angepasst würden, käme dies auf nur 125 Millionen Euro im Jahr heraus, so Gaß. Der aktuelle monatliche Fehlbetrag würde damit von heute 500 Millionen auf 490 Millionen Euro reduziert. Kein einziges Insolvenzverfahren könne damit aufgehalten werden. Was Geschäftsführungen, Banken und Insolvenzverwalter tatsächlich bräuchten, sind belastbare Fakten, um gegenüber den finanzierenden Banken aber auch in laufenden Insolvenzverfahren verbesserte Zukunftsprognosen abgeben zu können.
Dazu müssten sie wissen:
- In welchem Umfang steigen die Landesbasisfallwerte und Psychiatriebudgets?
- Wann kommt es zur Anpassung?
- Wie geht es in den kommenden Jahren weiter?
„Es ist schon verwunderlich, dass die Einlassung des Bundesrates vom November 2023 mit der Forderung einer rückwirkenden Steigerung des Landesbasisfallwert von vier Prozent nicht nur ignoriert, sondern plötzlich von sieben SPD-geführten Ländern anscheinend sogar negiert wird.“, kommentiert die Hessische Krankenhausgesellschaft (HKG). Zum Hintergrund: Die Kliniken in Deutschland erreichen laut eigenen Angaben kaum noch ein ausgeglichenes Ergebnis. Ihnen machen der Kampf mit hohen Inflationskosten seit 2022 und das Auslaufen der Energiehilfen zu schaffen. Zusätzlich treten ab März 2024 hohe Tarifkostensteigerungen in Kraft und belasten sie zusätzlich. Fixkosten würden bei sinkenden Leistungen nicht finanziert. Laut Berliner Krankenhausgesellschaft benötigen die Krankenhäuser bundesweit im Jahr daher mindestens vier Milliarden Euro zusätzlich, um ihre laufenden Kosten zu decken.
Bürokratiemonster Transparenzregister
Allergisch reagieren die Krankenhausgesellschaften der Länder auch auf den angekündigten Transparenzatlas, der „wieder einmal neue Bürokratie für die Krankenhäuser“ und keine neue Transparenz für Patienten schaffe, so Marc Schreiner von der BKG. Er weist darauf hin, dass es bereits entsprechende Informationsportale gäbe, die man auch hätte weiterentwickeln können. Die DKG hingegen sträubt sich nicht gegen den Aufbau eines zusätzlichen Portals. Transparenz über Qualität sei wichtig, es bräuchte jedoch nicht einen „massiven Zuwachs an Bürokratie durch die sinnlose Ausweitung von detaillierten Datenlieferungen“. Wichtiger seien die Beschäftigten am Patientenbett und nicht an den Computern.
Übel nehmen die Krankenhausgesellschaften Lauterbach ebenso, dass ihnen ihre Krankenhausplanung entrissen werde und sie damit „entmachtet“ würden – indem er zentral schon in diesem Jahr den Kliniken Leistungsgruppen und Level zuordne. Laut Gaß übernehme der Gesundheitsminister damit „weitgehend die Planungshoheit der Länder.“
Insgesamt sei durch das Vorgehen des Bundesgesundheitsministers und das politische Tauziehen um das Transparenzgesetz wertvolle Zeit verloren gegangen, so NKG-Verbandsdirektor Helge Engelke. „Das darf sich nicht wiederholen. Es droht nachhaltiger Schaden an bislang leistungsfähigen Krankenhausstrukturen.“









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