
Alle östlichen Bundesländer haben bereits Anfang der 1990-er Jahre einen Strukturwandel durchlaufen, an dessen Ende eine deutlich reduzierte Anzahl von Kliniken stand. Dennoch wird das KHVVG weitere Auswirkungen auf die Klinikstandorte in den östlichen Regionen haben.
Berlin
- Derzeit gibt es in Berlin 52 Krankenhäuser mit insgesamt 63 Standorten, die knapp 20 000 Betten vorhalten.
- Im Vergleich: 1991 gab es 113 Krankenhäuser mit 149 Standorten in Berlin.
- Berlin hat keine regionalen Versorgungsstrukturen.
Ein erster Strukturwandel hat in der Hauptstadt nach der Wende stattgefunden. Heute verfügt Berlin knapp über 52 bislang als nötig anerkannte Krankenhäuser. Dennoch gilt es, knappe Ressourcen in größeren Kliniken zu bündeln.
Die DRK-Kliniken entscheiden sich als erster Träger, das kleinste ihrer drei Häuser ab 2026 als stationären Standort zu schließen. Das Personal werde in den anderen Häusern – allem voran in Westend – gebraucht werden, heißt es seitens des Trägers, der DRK-Schwesternschaft Berlin. Die Berliner Krankenhausgesellschaft (BKG) sieht in diesem Schritt „ein erstes mutiges Beispiel, wie ein struktureller Umbau verantwortungsvoll vollzogen werden kann“. Das wird aber nicht das einzige Krankenhaus bleiben, das im Zuge des KHVVG mit Veränderungen zu rechnen hat. Genaue Auswirkungen des KHVVG auf die Anzahl der Klinikstandorte und eventuelle Umstrukturierungsmaßnahmen lassen sich laut BKG jedoch momentan noch nicht voraussagen.
Wie geht es in der Hauptstadt weiter?
Der Planungsausschuss wird in Kürze seine Arbeit aufnehmen. Bis auf wenige Ausnahmen plant das Land Berlin die Versorgungsstrukturen nicht regional, daher fanden bislang auch keine Regionalkonferenzen statt. Ob es bezirksinterne oder auch bezirksübergreifende Abtimmungen, Gespräche oder Konferenzen gibt, ist nicht bekannt. Das Landesamt für Gesundheit und Soziales (LaGeSo) hat sich nicht auf die Anfrage von kma gemeldet.
Da Berlin und Brandenburg eine Gesundheitsregion bilden, wird die gemeinsame Krankenhausplanung auch bei der Umgestaltung der Krankenhauslandschaft weiter fortgeführt – so liest man es zumindest auf der Seite des Brandenburgischen Gesundheitsministeriums. „Denn nur gemeinsam kann es uns gelingen, eine verlässliche Versorgung in Berlin und Brandenburg zu gewährleisten. So wird auch der 5. Krankenhausplan des Landes Brandenburg eng mit Berlin abgestimmt“, erklärt Ministerin Britta Müller dort.
Die BKG informiert ihre Mitglieder über die einzelnen Umsetzungsschritte fortlaufend. Zudem sind Veranstaltungen vorgesehen wie das Politische Frühstück oder Parlamentarische Abende. Daneben erklärt die BKG mit Blick auf Presse, Politik und Öffentlichkeit einzelne Schritte der Krankenhausreform verständlich und hat dazu beispielsweise ein „Lexikon Krankenhausreform“ erstellt. Auch kma-Anfragen zur Kommunikation ließ das LaGeSo bisher unbeantwortet.
Brandenburg
- Derzeit gibt es in Brandenburg 54 Krankenhäuser an 66 Standorten mit insgesamt knapp 15 000 Betten.
- Im Vergleich: 1991 waren es noch 71 Kliniken in Brandenburg.
- Das Land ist in fünf Versorgungsregionen aufgeteilt:
- Prignitz-Oberhavel
- Uckermark-Barnim
- Havelland-Fläming
- Lausitz-Spreewald
- Oderland-Spree
- Erarbeitung des 5. Krankenhausplanes des Landes Brandenburg und Inkrafttreten zum 1. Januar 2027.
Das Ministerium unter der neuen Gesundheitsministerin Britta Müller (parteilos) ist nicht mit allen Punkten im KHVVG einverstanden und sieht Nachbesserungsbedarf – vor allem beim Finanzierungssystem und bei den Verordnungen. „Jetzt müssen wir nach vorne schauen und für Brandenburg die bestmöglichen Lösungen finden“, erklärte die Ministerin vor Kurzem im kma-Interview. Es gilt für sie und ihre Mitstreitenden: „Alle Krankenhausstandorte in Brandenburg sollen als Orte der regionalen Gesundheitsversorgung erhalten bleiben. Dabei gilt für jeden Standort: Es wird keinen Umbau einer stationären Leistung ohne Alternativangebot geben“, erklärte sie jüngst auf einer Pressekonferenz in Potsdam. Alle Akteure zeigten dort Einigkeit und einen engen Schulterschluss. „Die Krankenhausreform können wir nur gemeinsam erfolgreich umsetzen“, so Müller.
Neue Krankenhausplanung und Regionalkonferenzen
Daher legt die Ministerin Wert auf eine transparente Kommunikation. Sie hat auf ihrer Homepage einen Fahrplan einrichten lassen, mit dem sie aktuell über den Stand der Umsetzung berichtet.
Vom 18. bis 25. März haben zudem in den fünf Versorgungsgebieten erneut Regionalkonferenzen stattgefunden, an denen Krankenhausträger, die Kassenärztliche Vereinigung Brandenburg, die Krankenkassen, Kommunen und weitere Akteure des Gesundheitswesens teilgenommen haben. Bereits im Herbst 2023 hatten diese stattgefunden. Im vergangenen Jahr hatte das Gesundheitsministerium zudem in jedem Versorgungsgebiet zu Dialogforen geladen, in denen ein Austausch über künftige ambulante und stationäre Kapazitäten sowie Versorgungsstrukturen stattfand. Bei den jüngsten Regionalkonferenzen wurden die Ergebnisse der Versorgungsbedarfsanalyse, die durch das Iges Institut und die Agenon GmbH erhoben wurden, vorgestellt und intensiv diskutiert.
Sachsen
- Derzeit gibt es in Sachsen 76 Kliniken an 117 Standorten.
- Im Vergleich: 1991 gab es noch 120 Krankenhäuser im Freistaat.
- Erarbeitung eines Planungsverfahrens, das bereits angelaufen ist und Ende 2026 abgeschlossen sein soll.
Grundsätzlich befürworten auch in diesem Bundesland das Ministerium sowie die Krankenhausgesellschaft Sachsen (KGS) die Krankenhausreform und erachten diese für notwendig. Bezüglich der Umsetzung findet die KGS jedoch deutliche Worte: „Die Krankenhausreform von Minister Prof. Lauterbach sieht vor, dass von Berlin aus die Krankenhausleistungen planwirtschaftlich zentralistisch gesteuert werden. Die Länder müssen aber in der Lage sein, die Krankenhausplanung flexibel an die regionalen Gegebenheiten und Patient*innenbedarfe anpassen zu können.“ Sie mahnt auch die fehlende Auswirkungsanalyse an.
Zukunftswerkstatt und Information: keine „große Umwälzung“
Sachsen hat sich bereits vor der dem KHVVG auf den Weg gemacht und in einer Zukunftswerkstatt, die noch vor der Corona-Pandemie stattfand, ein Zielbild für die Krankenhauslandschaft 2030 erarbeitet. Das Ergebnis: Kleine und bedarfsgerechte Häuser müssen als Ankerpunkt in der Versorgung erhalten bleiben; diese gelte es als stationär-ambulante Zentren umzuwandeln. „Der Impuls hierfür ging damals von einem Klinikträger aus“, merkt die KGS an. Einzelne Häuser befinden sich zudem bereits jetzt in Umstrukturierungsprozessen, um auch in Zukunft eine bedarfsgerechte Versorgung in der Region sicherzustellen.
In Sachsen ist die Krankenhauslandschaft zudem aufgrund des eingangs beschriebenen Strukturprozesses der Wende gut strukturiert, erklärt das Gesundheitsministerium. Daher gehe man hier nicht davon aus, dass es eine „große Umwälzung“ geben werde.
Krankenhausplanungsausschuss und Informationsaustausch
Um die Vorgaben aus dem KHVVG, speziell die Leistungsgruppenzuordnung, zu erfüllen, laufen die ersten Sitzungen des Krankenhausplanungsausschusses, der diesen Prozess begleitet. „Aufgrund der Veränderungen in der Planungssystematik und im Verfahren, die uns das KHVVG vorgibt, findet ein engmaschiger Informationsaustausch mit den Krankenhäusern statt, stärker als in den vergangenen Planungsverfahren“, heißt es aus dem Ministerium. Denn: Bis Ende April 2025 müssen Krankenhäuser Anträge einreichen, welche Leistungsgruppen sie ab dem 1. Januar 2027 erbringen können.
Sachsen-Anhalt
- Derzeit gibt es in Sachsen-Anhalt 44 Krankenhäuser mit 53 Krankenhausstandorten, die ca. 14 000 Betten umfassen.
- Im Vergleich: 1991 waren es noch 71 Kliniken.
- Erarbeitung eines Planungsverfahrens, das bereits angelaufen ist und Ende 2026 abgeschlossen sein soll.
Sowohl die Krankenhausgesellschaft als auch das Ministerium sehen die Regelungen der aktuellen Krankenhausreform mit Blick auf vorgesehene Vorgaben problematisch. Das Ministerium hat bereits im Gesetzgebungsverfahren Bedarfe mitgeteilt und Änderungen gefordert. „Unter den aktuellen Vorgaben wird die Krankenhausplanung im Norden des Landes herausfordernd – aber auch im Süden, wo keine Sicherstellungshäuser, also Krankenhäuser, die nach Prüfung der Vorgaben des G-BA zu § 136c Absatz 3 Satz 2 SGB V (Sicherstellungszuschläge-Regelungen) Anspruch auf eine zusätzliche Finanzierung haben und für die einige Ausnahmen im KHVVG vorgesehen sind, vorhanden sind“, erklärt das Ministerium.
Keine Bettenplanung mehr in Sachsen-Anhalt
Dass in Sachsen-Anhalt Betten abgebaut werden müssen, ist kein Geheimnis. Ein jüngstes Gutachten zur Krankenhauslandschaft Sachsen-Anhalt hat festgestellt, dass für den Bedarf in Sachsen-Anhalt zu viele Betten vorgehalten werden, erklärt das Gesundheitsministerium weiter. Auch würde angesichts der weiter sinkenden Fallzahlen die Auslastung bei gleichbleibender Bettenzahl entsprechend weiter sinken: Perspektivisch würden bis 2035 rund 2000 bis 4000 vollstationäre Betten weniger benötigt werden. Daher gibt es in Sachsen-Anhalt schon seit 2005 keine Bettenplanung mehr; stattdessen weist der Krankenhausplan die Krankenhäuser mit Standorten und Fachgebieten aus. Es sei vielmehr wichtig, die Planung an den tatsächlichen Bedarfen zu orientieren.
Planung in Arbeit
Derzeit erstellt das Ministerium eine Planung, wie mit den einzelnen Leistungsgruppen im Ergebnis umzugehen ist – sprich ob es zu bilateralen Gesprächen mit den Krankenhäusern kommt oder ob es regionale Workshops geben wird. Für das zweite und dritte Quartal stehen zudem Gespräche mit den Landesverbänden der Krankenkassen und Ersatzkassen sowie der Krankenhausgesellschaft Sachsen-Anhalt an.
Ende März tagt der Krankenhausplanungsausschuss und stellt den aktuellen Planungsstand vor (in Fortsetzung der Sitzungen am 25. September 2024 und 10. Dezember 2024). Ein vom Land Sachsen-Anhalt in Auftrag gegebenes Gutachten zur künftigen Landeskrankenhausplanung liegt bereits vor und basiert auf den NRW-Leistungsgruppen. An der Umsetzung wird derzeit noch gearbeitet. Ziel ist es, eine qualitativ hochwertige stationäre Versorgung durch eine gestufte Versorgung sicherzustellen, heißt es aus dem Gesundheitsministerium. Auch, um die kleinen Häuser im ländlichen Raum erhalten zu können.
Thüringen
- Derzeit gibt es in Thüringen 42 Kliniken an 52 Standorten mit knapp 15 500 Betten. Aktuell sind zwei Klinikstandorte von Schließung betroffen: Die Sternbach Klinik Schleiz ist insolvent; das Klinikum Neuhaus am Rennweg soll ein MVZ werden.
- Im Vergleich: 1991 gab es noch 69 Kliniken in Thüringen.
- Thüringen ist in vier Versorgungsregionen aufgeteilt, die nicht neu aufgeteilt werden.
- 10. Juli 2024: Beschluss des 8. Thüringer Krankenhausplanes und Anpassung des Thüringer Krankenhausgesetzes in puncto „Leistungsgruppen“.
Laut Gutachten für den Krankenhausplan sind Expertinnen und Experten zu dem Schluss gekommen, dass 2900 Betten ohne größere Auswirkung auf die Versorgungssicherheit abgebaut werden könnten. In Thüringen sind laut Krankenhausgesellschaft bereits seit vielen Jahren mehrere qualitativ hochwertige Netzwerke und Spezialisierungen vorhanden, wie z.B. das Traumanetzwerk und das Schlaganfallnetzwerk. Auch ein Herzinfarktnetzwerk ist im Krankenhausplan 2024 festgeschrieben worden. „Die Kliniken haben sich an vielen Stellen bereits spezialisiert“, heißt es seitens der Krankenhausgesellschaft, die die Vorhaltefinanzierung des Bundes stark kritisiert. Das klare Plädoyer der Krankenhausgesellschaft lautet: „Mehr Planungsfreiheit für die Länder statt zentralistischer Vorgaben aus Berlin nach dem Planungscredo: One size fits all.“
Transparente Kommunikation ist das A und O
Thüringens neue Gesundheitsministerin, Katharina Schenk, ist es wichtig, klar und transparent zu kommunizieren. Sie zielt darauf ab, dass die Reform nur gemeinsam gelingen könne. „Ziel ist und bleibt es, dass die Thüringer Kliniken zum frühestmöglichen Zeitpunkt von der Vergütungsreform profitieren“, erläuterte sie jüngst in einer Pressemitteilung. Dort ließ sie auch verlautbaren, dass die Krankenhäuser dringend Planungssicherheit bräuchten: „Das wollen wir durch möglichst frühzeitige Informationen und enge Anbindung der Kliniken an den Prozess unterstützen.“ Sie avisiert, dass es ab dem zweiten Quartal 2025 ein elektronisches Antragstool für die Kliniken geben solle, mit dem diese dann ihre Leistungsgruppen beantragen können. „Es ist beabsichtigt, die Krankenhäuser im Rahmen von Informationsveranstaltungen über das Tool und seine Anwendung zu informieren“, heißt es aus dem Ministerium. Am Ende ist auch in Thüringen die Notwendigkeit einer Reform bei allen Beteiligten unumstritten.







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