
Die finanzielle Situation der NRW-Kliniken verschlechtert sich immer weiter. Vier von fünf Häusern schreiben rote Zahlen; jeden Tag fehlen den 333 Krankenhäusern weitere drei Millionen Euro. Trotz der Aktionen und Proteste des Klinikpersonals ist eine nachhaltige Lösung der Bundesregierung bislang ausgeblieben. Die Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen (KGNW) fordert nun eine Kurskorrektur.
Auf mehr als 2,6 Milliarden Euro ist das Defizit der nordrhein-westfälischen Krankenhäuser seit Anfang 2022 angewachsen. Grund dafür sind sowohl die anhaltende Inflation als auch die steigenden Tarifgehälter. Diese können nur noch schwer, wenn überhaupt, von den Häusern selbst ausgeglichen werden. Denn diese dürfen ihre Preise nicht selbst anpassen; die Vergütung ist an bundesgesetzliche Vorgaben gebunden. Somit wäre die Bundesregierung für eine Änderung verantwortlich, heißt es vonseiten der KGNW. Mit der Aktion „Alarmstufe Rot“ machen die Krankenhäuser seitdem auf die zunehmende Finanzlücke aufmerksam.
Das gesetzlich festgelegte System, wonach die Betriebskosten der Krankenhäuser über die Leistungen von den Krankenkassen finanziert werden sollen, ist am Ende.
Doch so langsam seien die Reserven der Krankenhäuser und ihrer Träger fast überall aufgebraucht – sofern es denn noch welche gegeben habe, erklärt KGNW-Geschäftsführer Matthias Blum. Die 333 Krankenhäuser müssten täglich drei Millionen Euro draufzahlen, um die Versorgung der Patientinnen und Patienten aufrecht erhalten zu können. „Das ergibt ein monatliches Defizit von 92 Millionen Euro, weil die realen Kosten nicht vergütet werden“, erklärt er. „Daran wird deutlich: Das gesetzlich festgelegte System, wonach die Betriebskosten der Krankenhäuser über die Leistungen von den Krankenkassen finanziert werden sollen, ist am Ende.“
Darum protestierten vor etwa einem Jahr mehr als 10 000 Klinik-Beschäftigte vor dem Düsseldorfer Landtag. Ihre Forderung: „Die beste Medizin: saubere Finanzierung“. Getan habe sich laut KGNW seitdem nichts. Wenn überhaupt, habe sich die Situation verschlechtert. Blum empfindet das „bewusste Nichtstun“ der Bundesregierung gar als „unterlassene Hilfeleistung“.
Der Landesbasisfallwert als Instrument der Anpassung müsste an die reale Kostensteigerung angeglichen werden. Prof. Dr. Karl Lauterbach verweigert dies jedoch für die zurückliegenden Jahre. Für die Jahre 2024 und 2025 hat er immerhin zusätzliche Mittel von elf Milliarden Euro angekündigt. Die Krankenhäuser erwarten jetzt die schnellstmögliche Umsetzung.
„Das ist ein hoffnungsvoll stimmendes Signal des Bundesgesundheitsministers“, sagt Blum. Bisher sei jedoch offen, wann und wie dieses Geld bereitgestellt werde. „Bereits zur Billigung des Transparenzgesetzes durch die Länder hat er einen wirkungsvollen Inflationsausgleich versprochen und diese Zusage wieder einkassiert“, erinnert er. Um nun glaubwürdig zu sein, müsse Lauterbach zügig eine konkrete Regelung vorlegen. „Es ist allerhöchste Zeit, dass der Minister handelt.“
Trotz dieser Ankündigung Lauterbachs werde die Krankenhausreform der Ampel-Koalition jedoch längst nicht akzeptabel, betonte Blum. Denn die ohne Orientierung am Bedarf festgelegten Kriterien seien dazu geeignet, die Krankenhäuser in eine erneute finanzielle Überforderung zu drängen. „Wir bewegen uns auf eine extrem ausgedünnte Krankenhausversorgung zu, in der lange Wartelisten zum quälenden Alltag für Patientinnen und Patienten werden“, erklärt Blum.
Die Bundesregierung geht ein gesellschaftliches Risiko ein, das außer Kontrolle zu geraten droht.
Auf dieses Risiko haben im Sommer viele Krankenhausgeschäftsführungen in NRW und bundesweit die Abgeordneten der Ampel-Koalition hingewiesen. „Indem die Bundesregierung sie tief ins Defizit rutschen lässt, riskiert sie wissentlich enorme Verunsicherung und Enttäuschung bei den Menschen in Deutschland. Sie geht ein gesellschaftliches Risiko ein, das außer Kontrolle zu geraten droht“, sagt Blum. Mit der in NRW laufenden Krankenhausplanung hätten die Kliniken längst einen Reformweg beschritten, der auch zu deutlich veränderten Versorgungsstrukturen führen werde. Blum geht jedoch davon aus, dass in diesem Prozess auch weitere Standorte durch Fusionen und Schließungen aus der Versorgung ausscheiden.
Die Entwicklung brauche einen geordneten und damit kontrollierbaren Prozess, der sich am Bedarf der Menschen in den Regionen orientiert, erklärt KGNW-Geschäftsführer. Auch wenn es Einschnitte geben werde, sei die stationäre Versorgung überall sichergestellt. „Diesen Ansatz wollen auch die anderen Bundesländer verfolgen“, führt Blum aus. Und weiter: „Das ist der entscheidende Unterschied zu einer vom grünen Berliner Tisch verordneten Krankenhausreform. Wir fordern Bundesgesundheitsminister Lauterbach darum auf, seinen Kurs zu korrigieren und mit den Ländern sowie den Krankenhausträgern eine gemeinsame Lösung zu finden.“









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