
Die Krankenkassenbeiträge für Millionen Versicherte sollen nach Plänen von Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) im nächsten Jahr insgesamt stabil bleiben können. Das Bundeskabinett brachte dazu ein Sparpaket von zwei Milliarden Euro auf den Weg, das den Druck für Beitragserhöhungen auflösen soll. Es soll eine erwartete Finanzlücke für 2026 schließen und sieht dafür Ausgabenbremsen vor allem bei den Vergütungen für die Kliniken vor.
Wie sieht der Sparplan konkret aus?
So werden nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) die Vergütungsanstiege im Krankenhausbereich auf die reale Kostenentwicklung, tatsächliche Kostensteigerungen sollen weiterhin refinanziert werden.
Die sogenannte Meistbegünstigungsklausel wird also für 2026 ausgesetzt, stattdessen wird im kommenden Jahr der Veränderungswert als Obergrenze für den Anstieg des Landesbasisfallwerts auf die Höhe des veröffentlichten Orientierungswerts festgelegt. Beim Budget von psychiatrischen und psychosomatischen Krankenhäusern gilt dasselbe. Damit sollen Kostensteigerungen für die GKV von bis zu 1,8 Milliarden Euro vermieden werden.
Außerdem werden die Verwaltungskosten der Krankenkassen 2026 auf acht Prozent begrenzt sowie das Fördervolumen des Innovationsfonds von 200 Millionen Euro auf 100 Millionen Euro reduziert. Die gesetzlichen Krankenkassen werden im Jahr 2026 von ihrer Verpflichtung zur Finanzierung des Innovationsfonds befreit.
Da bisher nicht alle zur Verfügung stehenden Mittel des Innovationsfonds genutzt worden seien, „werden trotz der Reduzierung des Fördervolumens ausreichend Mittel für Projekte im kommenden Jahr zur Verfügung stehen“, heißt es vom BMG.
Die CDU-Politikerin sagte: „Damit halten wir unser politisches Versprechen an Beitragszahler sowie die Unternehmen und durchbrechen die zur Gewohnheit gewordene Routine der Erhöhung der Zusatzbeiträge zum Jahresende.“ Im Ergebnis dürfte der durchschnittliche ausgabendeckende Zusatzbeitrag für 2026 damit auf dem heutigen Niveau stabilisiert werden – allerdings ist das nur ein rechnerischer Wert, an dem sich die Kassen orientieren.
Kassen legen konkreten Zusatzbeitrag selbst fest
Direkt stabile Beiträge für alle Versicherte bei jeder einzelnen Krankenkasse festlegen kann die Politik nicht. Denn die Kassen entscheiden je nach ihrer Finanzlage generell selbst, wie hoch sie Zusatzbeiträge ansetzen, die zum allgemeinen Beitragssatz von einheitlich 14,6 Prozent hinzukommen. Anfang 2025 hatte es eine breite Erhöhungswelle bei den Zusatzbeiträgen gegeben.
Der Kabinettsbeschluss kommt kurz vor der Bekanntgabe der jährlichen Finanzprognose eines Schätzerkreises am heutigen Mittwochnachmittag (15. Oktober). Sie ist eine wichtige Orientierung dafür, ob Bedarf für Beitragsanhebungen besteht.
HKG warnt vor Einsparungen an der falschen Stelle
Die Hessische Krankenhausgesellschaft (HKG) sieht durch das Streichen der Meistbegünstigungsklausel erhebliche finanzielle Einbußen auf die Kliniken zukommen – und das bundesweit. „Das bedeutet de facto eine reelle Unterfinanzierung, da ein personal- und sachkostengerechtes Budget deutlich über 2,98 Prozent liegen wird“, erklärt Prof. Steffen Gramminger, Geschäftsführender Direktor der HKG. Das schwäche die Versorgung „genau in dem Moment, in dem sie Stabilität und Vertrauen braucht“.
Knapp 70 Prozent der Ausgaben sind Personalkosten, die an Tarifverträge und gesetzliche Vorgaben gebunden sind. Das sind keine frei wählbaren Kosten.
Die HKG warnt davor, die geplanten Entscheidungen auf Bundesebene mit verkürzten oder falschen Vergleichen zwischen ambulanter und stationärer Versorgung zu führen. „Knapp 70 Prozent der Krankenhausausgaben sind Personalkosten, die an Tarifverträge und gesetzliche Vorgaben gebunden sind. Das sind keine frei wählbaren Kosten, sondern Ausdruck einer verantwortungsvollen Versorgung“, betont Gramminger.
Ergebnisse von Budgetverhandlungen seien kein „Wunschkonzert“, „sondern eindeutig belegbare Kostensteigerungen, welche auch vor einer Schiedsstelle Bestand haben müssen.“
Alternativvorschlag Bürokratieabbau
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) hat nun einen offenen Brief an Nina Warken veröffentlicht. Darin kritisiert der Verband die Beschlüsse scharf. Der Sparplan sei „nichts anderes als Wortbruch gegenüber den Krankenhäusern“, sagt DKG-Chef Gerald Gaß. Er wirft Warken eine „Kehrtwende durch die Hintertür“ vor. „Wer behauptet, dass die Krankenhäuser durch die Kürzung kein Geld verlieren, weil sie ansonsten zu viel Geld bekommen hätten, ist entweder dreist oder hat das System der Krankenhausfinanzierung nicht verstanden.“
Dennoch wolle die DKG ein konstruktiver Partner bei der Umsetzung der Krankenhausreform sein und macht dafür Alternativvorschläge: Zur Kompensation der 1,8 Milliarden fehlenden Euro schlägt sie unter anderem vor, Bürokratie und Dokumentationspflichten auszusetzen. „Die Bundesregierung hätte hier die Möglichkeit, ein völlig kostenloses und sogar kostensparendes Konjunkturprogramm für die Krankenhäuser aufzulegen“, erklärt Gaß.
Wie lange halten die Lösungen?
Klar ist: Bei der Operation geht es jetzt um Sofortmaßnahmen. Daneben haben zwei Kommissionen begonnen, über Vorschläge für eine grundlegende Reform zu beraten. Eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Pflege stellte gerade einen ersten Zwischenstand vor - die Beratungspalette reicht von Begrenzungen der Eigenanteile bis zur Überprüfung des Pflegegrade-Systems. Eine Kommission zur Krankenversicherung soll bis März erste Vorschläge zur Stabilisierung der Beitragssätze ab 2027 machen. Bis Ende 2026 sollen weitere Ideen folgen.








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