
Nach langem Ringen hat das Bundeskabinett am heutigen Mittwoch (8. Oktober) den Gesetzesentwurf zur Anpassung der Krankenhausreform (KHAG) beschlossen. Eigentlich war der Beschluss schon für Anfang September geplant. Während Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) den Schritt als „alltagstaugliche“ Weiterentwicklung der Reform feiert, äußern zentrale Akteure aus dem Gesundheitswesen deutliche Kritik.
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG), der AOK-Bundesverband sowie die Katholischen Krankenhäuser bemängeln insbesondere die fehlende Praxistauglichkeit, die Aufweichung von Qualitätsstandards und die Einschränkung der Länderkompetenzen.
Bundesregierung: Mehr Flexibilität für Länder
Mit dem KHAG will die Bundesregierung die Krankenhausreform flexibler gestalten. Warken sagte, die ursprüngliche Reform habe an verschiedenen Stellen „den Praxischeck nicht bestanden“ und betont: „Das Ziel der Krankenhausreform bleibt unangetastet. Wir wollen eine bessere Bündelung von Leistungen und mehr Qualität in der Versorgung.“ Gleichzeitig sollen Ausnahmen und Kooperationsmöglichkeiten die Versorgung im ländlichen Raum sichern.
Außerdem sollen längere Übergangsfristen gelten. Die Länder erhalten mehr Spielraum bei der Krankenhausplanung – allerdings nur im Einvernehmen mit den Krankenkassen. Die Länder sollen dabei auch nicht mehr an ursprünglich vorgesehene Vorgaben zur Erreichbarkeit gebunden sein.
Entlastung bei Finanzierung
Ein zentrales Element des Gesetzes ist die Neuregelung der Finanzierung: Der Transformationsfonds soll insgesamt 50 Milliarden Euro umfassen. Die Hälfte davon sollte ursprünglich aus Mitteln des Gesundheitsfonds kommen, also hauptsächlich aus Beiträgen der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Die 25 Milliarden Euro sollen nun vollständig aus Bundesmitteln finanziert werden. In einer Laufzeit von zehn Jahren kommen bis zu 2,5 Milliarden Euro pro Jahr aus dem Sondervermögen Infrastruktur und Klimaneutralität.
Die anderen 25 Milliarden des Transformationsfonds sollen die Länder aus ihren Haushalten bezahlen.
Zusätzlich stellt der Bund vier Jahre lang jährlich eine Milliarde Euro zur Entlastung der Länder bereit. Auch Universitätskliniken können künftig gefördert werden – jedoch ausschließlich für krankenhausbezogene Strukturmaßnahmen.
Statt 65 Leistunsgruppen wie ursprünglich geplant, soll es nur 61 geben. Diese werden auf Basis der 60 Leistungsgruppen aus Nordrhein-Westfalen eingeführt, zuzüglich der Traumatologie. Mehrere Änderungen bei der Vergütung sollen jeweils ein Jahr später greifen.
AOK: Finanzierung gelöst, aber Qualität bleibt auf der Strecke
AOK-Chefin Dr. Carola Reimann begrüßt die Entscheidung, die Transformationskosten aus Steuermitteln zu finanzieren. „Das beendet die Hängepartie um die Finanzierung“, so Reimann. Gleichzeitig kritisiert sie die Aufweichung zentraler Qualitätsvorgaben. Die bundesweit verbindlichen Erreichbarkeitskriterien und Facharztstandards bei bestimmten Eingriffen entfallen – mit weitreichenden Folgen für die Patientensicherheit.
Besonders kritisch sieht die AOK die Sonderregelungen für Nordrhein-Westfalen und die fehlende Ausgestaltung der sektorenübergreifenden Versorgungseinrichtungen. Reimann fordert eine stärkere Fokussierung auf ambulante Angebote mit Übernachtungsmöglichkeit und warnt vor einem „Gießkannenprinzip“ bei der Krankenhausfinanzierung.
DKG: Reform verfehlt ihre Ziele – Länder verlieren Planungshoheit
Noch deutlicher fällt die Kritik von Dr. Gerald Gaß, Vorstandsvorsitzender der DKG, aus. Das Anpassungsgesetz bleibe weit hinter den Erwartungen zurück. Die Länder würden in ihrer Planungshoheit massiv eingeschränkt, da Ausnahmen nur befristet und im Einvernehmen mit den Krankenkassen möglich seien. „Die Kompetenz zur Krankenhausplanung üben künftig Bund und Krankenkassen aus“, so Gaß.
Die Kompetenz zur Krankenhausplanung üben künftig Bund und Krankenkassen aus.
Auch die Finanzierung wird als unzureichend bewertet. Die verschobene Einführung der Vorhaltevergütung sei ein „Feigenblatt“, das die strukturellen Probleme nicht löse. Viele Kliniken, insbesondere in der Grund- und Regelversorgung, stünden vor dem wirtschaftlichen Aus.
Kleine Häuser besonders gefährdet
Die Katholischen Krankenhäuser zeigen sich enttäuscht vom Kabinettsentwurf. Bernadette Rümmelin, Geschäftsführerin des Katholischen Krankenhausverbands sagt: „Insbesondere kleine, systemrelevante Kliniken sehen sich kaum lösbaren Herausforderungen gegenüber und schauen in eine ungewisse Zukunft. Verantwortlich dafür sind scharf befristete Ausnahmeregeln und zu starre Vorgaben.“
Das KHAG ändert nichts daran, dass bei der Krankenhausversorgung die regionale Perspektive mehr und mehr verloren geht.
„Das KHAG ändert nichts daran, dass bei der Krankenhausversorgung die regionale Perspektive mehr und mehr verloren geht.“ Rümmelin führt fort: „Das verkennt die Besonderheiten regional vernetzter Versorgungsstrukturen, die sich im Sinne der Daseinsvorsorge in Kooperationen medizinisch spezialisiert aufgestellt haben, um in strukturschwachen Regionen resiliente Kapazitäten sicherzustellen.“
Die Krankenhausreform trat Anfang 2025 in Kraft und soll bis 2029 umgesetzt werden.









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