
Diana Stolz, Gesundheitsministerin in Hessen, pocht auf Nachjustierungen bei der bundesweiten Krankenhausreform. Die örtliche Gesundheitsversorgung im Land solle zukunftssicher gestaltet werden. Sie selbst werde bei der Umsetzung der Reform beim Bund nachdrücklich Nachbesserungen einfordern, etwa beim Thema Finanzierung, versicherte sie bei der Vorstellung ihrer Pläne in Wiesbaden.
Die Reform wird ihrer Ansicht nach zu vielen Veränderungen in Hessen führen. Die Kliniken müssten neu aufgestellt und ausgerichtet werden: „Das steigende Lebensalter der Menschen, die beschränkte Zahl an Fachkräften, steigende Kosten und die voranschreitende Digitalisierung sind zentrale, große Herausforderungen für das Gesundheitswesen.“ Ziel der Krankenhausreform ist es Stolz zufolge, hierauf mit der Bündelung von Leistungen Antworten zu finden und vor allem „den Patientinnen und Patienten mehr Qualität der Behandlung anzubieten.“
Neuer Krankenhausplan soll her
Die Reform soll die Kliniken von finanziellem Druck befreien und zu mehr Spezialisierung bei komplizierteren Eingriffen führen. Außerdem soll es bundeseinheitliche Qualitätsvorgaben geben. Der Bundesrat hatte am vergangenen Freitag das noch von der Ampel-Koalition im Bundestag beschlossene Gesetz passieren lassen. In Hessen gab es ein gemischtes Echo. Das Bundesland zählt 125 Krankenhäuser.
Alles greift zunehmend ineinander und muss in Zukunft vernetzt werden.
Ministerin Stolz kündigte einen neuen Krankenhausplan für Hessen an. Dieser werde in Form vom „Pakt für Gesundheit Hessen“ gemeinsam mit der Hessischen Krankenhausgesellschaft, der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen, den Krankenkassen, der Landesärztekammer Hessen, den Kommunalen Spitzenverbänden und anderen erarbeitet. Dabei würde alles immer sektorenübergreifend gedacht, da die traditionelle Trennung zwischen stationärer Versorgung in Kliniken und ambulanter Hilfe in Arztpraxen überholt sei: „Alles greift zunehmend ineinander und muss in Zukunft vernetzt werden.“
Schnittstelle Medizinische Versorgungskliniken
Die CDU-Politikerin fügte hinzu: „Weiterhin werden wir in Hessen die Errichtung von ‚Medizinischen Versorgungsklinken‘ ermöglichen, die eine Schnittstelle zwischen klinischer und ambulanter medizinischer sowie pflegerischer Versorgung darstellen sollen. Sie können ein wohnortnahes Angebot darstellen.“
In sechs „Versorgungsgebieten“ in Hessen sollen laut Stolz 2025 in jeweils einer „Versorgungskonferenz“ mit zuständigen Experten die Krankenhausreform und die Weiterentwicklung des sonstigen Gesundheitssystems regional begleitet werden. In jedem Versorgungsgebiet soll eine Universitätsklinik oder ein Maximalversorger für die Koordinierung verantwortlich sein. Mit Hilfe der Hessen-Agentur seien fundierte Daten erhoben worden, welche die Basis für die zukünftige Krankenhausplanung darstellen werden. „So liegt eine Prognose der zukünftigen Bedarfe an stationären Leistungen unter Berücksichtigung des demografischen Wandels und des erwarteten Potenzials zur ambulanten Behandlung vor“, erklärte die Ministerin.
Gesundheitskoordinatoren für die Regionen
„Hohe Qualität bei geplanten Eingriffen, schnelle Erreichbarkeit im Notfall“, das sei die Richtschnur allen Handelns, so die Gesundheitsministeriun. Hierfür müssten die Krankenhausstrukturen weiterentwickelt werden. In jedem Landkreis und in jeder kreisfreien Stadt werde das Land für die Dauer des Transformationsprozesses einen Gesundheitskoordinator finanzieren – als kompetenten Ansprechpartner etwa für Bürgermeister und Ärzte. Die Umstrukturierung der Kliniklandschaft ist kein Schnellschuss: Erst bis Ende 2026 sollen die Bundesländer ihren Krankenhäusern sogenannte Leistungsgruppen zuweisen.
Der Präsident der Hessischen Krankenhausgesellschaft, Christian Höftberger, betonte, eine umfassende Reform des Gesundheitssystems sei unabdingbar. Dieser geplante Prozess habe positive Ziele. Zugleich bestehe „nach wie vor die Notwendigkeit der Sicherung einer umfassenden und flächendeckenden Notfallversorgung sowie der Überarbeitung der Finanzierungsstrukturen“. Weiter kritisierte Höftberger: „Unsere Mitarbeitenden stöhnen unter dem erneuten und tiefgreifenden Ausbau der Bürokratie, das Gegenteil von dem, was wir uns wünschen und angesichts des Fachkräftemangels benötigen.“
Hessen kündigte an, die Kliniken auch weiterhin finanziell zu unterstützen. Die Pauschalmittel für Investitionen seien seit dem Jahr 2016 um rund 170 Prozent auf mittlerweile 390 Millionen Euro gesteigert worden. Außerdem wird ein Förderaufruf für ein mit 140 Millionen Euro dotiertes Landesdarlehenstilgungsprogramm gestartet, teilte das Hessische Gesundheitsministerium mit. Die gesamte Versorgung soll in den Blick genommen und Förderprogramme und Unterstützungsangebote bedarfsgerecht angepasst werden, so Stolz.
Mehr ambulant, weniger stationär
Auch der Vorstandschef der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen, Frank Dastych, begrüßte den von Ministerin Stolz eingeschlagenen Weg bei der Umsetzung der Reform in Hessen. „Ambulant vor stationär, gemeinsames Versorgen da, wo gemeinsame Versorgung nötig ist, stationäre Versorgung dort, wo stationäre Versorgung gebraucht wird, und Qualität im Fokus“, erläuterte Dastych. Zugleich monierte er: „All diese Ziele konterkariert die nur auf die Interessen der Krankenhauskonzerne ausgerichtete Reform des Bundes. Wir werden aber in Hessen die Herausforderungen der Zukunft gemeinsam angehen.“
Ambulant vor stationär, gemeinsames Versorgen da, wo gemeinsame Versorgung nötig ist, stationäre Versorgung dort, wo stationäre Versorgung gebraucht wird.
Die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Regierungsfraktion im Landtag, Daniela Sommer, erklärte, das Reformgesetz sei nicht perfekt, aber besser als eine Fortschreibung der aktuellen Situation: „Wir alle sind uns einig, dass es einen Veränderungsprozess in der Kliniklandschaft geben muss.“
Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi beklagte, Stolz habe vorerst noch keine Zeit für ein Gespräch über die Situation der Beschäftigten in Krankenhäusern gefunden. „Gerade in kleineren Häusern sorgen die Pläne für viel Verunsicherung. Die Beschäftigten brauchen unbedingt einen Ausblick auf Sicherheit“, betonte Verdi mit Blick auf das Personal von den Ärztinnen bis zu den Putzmännern.
Status Quo 2023
Dem Statistischen Landesamt zufolge wurden 2023 in Hessen 1,2 Millionen Patientinnen und Patienten vollstationär behandelt.
- Alle Kliniken zusammen führten rund 35 000 Betten, die durchschnittlich zu 70 Prozent ausgelastet waren.
- Der hessische Durchschnittspatient lag 7,3 Tage im Krankenhaus.
- In den Kliniken Hessen waren zuletzt 89 000 Menschen beschäftigt.
Die hessische Krankenhauslandschaft ist in sechs Versorgungsgebiete aufgeteilt:
- Kassel
- Fulda-Bad Hersfeld
- Gießen-Marburg
- Frankfurt-Offenbach
- Wiesbaden-Limburg
- Darmstadt
Der überwiegende Teil der Krankenhäuser, die Teil der Landeskrankenhausplanung sind, befinden sich in öffentlicher Trägerschaft (45). 36 haben einen frei gemeinnützigen und 47 einen privaten Träger. In Hessen gibt es zwei Universitätskliniken: in Frankfurt und in Gießen/Marburg.
Wie aus dem Klinikbericht 2024 des Landesrechnungshofs hervorgeht, sinkt die Zahl der Klinken und der Betten, während gleichzeitig die Zahl der Beschäftigten wächst. Außerdem reicht das Geld nicht aus. „Seit dem Jahr 2018 hat sich das wirtschaftliche Ergebnis der geprüften Kliniken kontinuierlich verschlechtert“, heißt es im Prüfbericht.
Aus Sicht vieler Experten gibt es zu viele Krankenhäuser in Hessen. Das Angebot müsste konzentriert werden, das würde die Versorgung günstiger und besser machen. Das gilt vor allem im überversorgten Rhein-Main-Gebiet.






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