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Auf- und Absteiger des MonatsJohannesstift Diakonie: Schwarze Zahlen seit 2006

Die Johannesstift Diakonie übertrifft ihren Plan für 2022 – mit einem Umsatz von fast 740 Millionen Euro. 2023 soll schwächer werden – möglicherweise. Denn der Konzern ist bilanziell gut aufgestellt, hat Potenzial und plant seit jeher konservativ.

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Thieme Gruppe
Jeden Monat analysiert der Börsenexperte Hartmut Schmidt die finanzielle Lage deutscher Krankenhäuser anhand von Jahresabschlüssen aus Geschäftsberichten und dem elektronischen Bundesanzeiger.

Die Konzernzahlen 2022 der Johannesstift Diakonie zeigen einen nach wie vor deutlichen Einfluss der Corona-Pandemie. Der Umsatz erhöhte sich um 5,4 Prozent auf 736,6 Millionen Euro. Dieses Plus basierte allerdings in erster Linie auf einem deutlichen Zuwachs von 24,1 Prozent auf 76 Millionen Euro bei den sonstigen Erlösen, und hier vor allem in der Sparte Services. Im Bereich Krankenhäuser/MVZ stieg der Umsatz in Folge der Erhöhung des Basisfallwertes und eines deutlichen Plus bei den ambulanten Leistungen um 4,2 Prozent auf 494 Millionen Euro; der Case Mix lag mit 80100 Punkten auf Vorjahreshöhe.

Die Steigerung im Bereich Pflege und Wohnen betrug 1,6 Prozent und in der Kinder-, Jugend- und Behindertenhilfe 2,3 Prozent. Inklusive der sonstigen betrieblichen Erträge betrug die Gesamtleistung 736,6 Millionen Euro. Sie lag um 5,4 Prozent über Vorjahr und 1,7 Prozent über Plan – vor allem aufgrund einer besser als erwarteten Entwicklung im Bereich Krankenhäuser/MVZ.

Differenziertes Bild bei den Ertragskennziffern

Während sich das EBITDA (vor dem Ertrag aus der Auflösung des Sonderpostens) um 2,9 Prozent auf 34,7 Millionen Euro reduzierte, stiegen EBIT, EBT und EAT um 6,9, 6,3 und 25,8 Prozent auf 12,7, 11,6 und 10,7 Millionen Euro. Ursächlich hierfür waren zum einen deutlich reduzierte periodenfremde Erträge – sie fielen um 40,2 Prozent auf 7,2 Millionen Euro. Zum anderen sanken die Abschreibungen und die Steuern aus Einkommen und Ertrag um 2,8 und 68,4 Prozent auf 40,8 und 0,7 Millionen Euro. Letzteres basierte auch auf dem Wegfall eines außerordentlichen Grunderwerbsteuer-Aufwands aus der Unternehmensfusion 2017. Obwohl sich die Ergebnisse in allen Bereichen mit der Ausnahme Services unter Plan entwickelten, lagen die Ertragskennziffern im Konzern über den Planungen.

In Verbindung mit einem um 7,2 Prozent auf 21,7 Millionen Euro erhöhten Cashflow aus operativer Geschäftstätigkeit hat sich die Bilanzqualität des diakonischen Unternehmens weiter verbessert: Die Liquidität stieg auch angesichts der um 6,6 auf 27,3 Millionen Euro reduzierten Investitionen um 10,9 Millionen Euro auf 108,7 Millionen Euro. Das gegenüber 2021 von 869,7 auf 888,3 Millionen Euro erhöhte Gesamtvermögen ist zu 40 Prozent (2021: 39 Prozent) eigen-, zu 27 Prozent (2021: 28 Prozent) fördermittel- und zu sieben Prozent (2021: neun Prozent) bankenfinanziert.

Schwarze Zahlen seit 2006

Für 2023 rechnet das konfessionelle Unternehmen bei einer weiter von 736,6 auf 781,6 Millionen Euro steigenden Gesamtleistung zwar mit einem deutlichen Ertragsrückgang auf der Basis EBITDA und EAT um 25,9 und 90,6 Prozent auf 25,4 Millionen bzw. einer Million Euro. Es ist allerdings davon auszugehen, dass diese Ertragspläne sehr vorsichtig kalkuliert wurden und das „Ist“ deutlich höher ausfallen könnte. Aus heutiger Sicht hat die Johannesstift Diakonie auch in Zukunft positive Perspektiven, mit Blick auf die sehr solide Bilanz und die Tatsache, dass das Unternehmen in den letzten Jahren (seit der erstmaligen Erfassung der Daten 2006) immer schwarze Zahlen schrieb.

Johannesstift Diakonie gAG

Die Johannesstift Diakonie ist aktiv in den Bereichen Krankenhäuser/MVZ (Umsatzanteil 2022 rund 67 Prozent), Pflege und Wohnen (15 Prozent), Kinder-, Jugend- und Behindertenhilfe (acht Prozent) und Sonstiges (zehn Prozent). Seine Wurzeln hat der diakonische Gesundheitskonzern in der Paul Gerhardt Diakonie. Sie entstand 2008 nach dem Zusammenschluss des Vereins zur Errichtung evangelischer Krankenhäuser in Berlin und der Einrichtungen der Paul-Gerhardt-Stiftung in Wittenberg. Nach der Ende 2017 erfolgten Fusion mit dem Ev. Johannesstift mit dem Schwerpunkt auf der Pflege firmiert das Unternehmen seit Mitte 2019 unter dem Namen „Johannesstift Diakonie gAG“. Die Strategie zielt unter anderem auf eine zunehmende Nutzung der Synergien in allen Bereichen und im Bereich Krankenhäuser auf eine zunehmende Schwerpunktsetzung sowie Vernetzung.

Weiterhin sehr positiv entwickelte sich das Geschäft von Fresenius Helios im zweiten Quartal 2023: Während der Umsatz sich um sieben (intern sieben) Prozent auf 3.113 Millionen Euro erhöhte, stiegen EBITDA und EBIT um 2,8 und 2,6 auf 4.441 und 311 Millionen Euro. Das EBT reduzierte sich um 4,7 Prozent auf 246 Millionen Euro. Träger des Umsatz- und Ergebnisanstiegs war wie bereits in der Vergangenheit das Spanien-Geschäft, in dem bei einem Umsatzplus von 11,1 Prozent auf 1223 Millionen Euro ein EBIT-Plus von 4,1 Prozent auf 154 Millionen Euro erzielt werden konnte. Im Deutschland-Geschäft (Umsatz plus 3,7 Prozent auf 1.823 Millionen Euro) stagnierte das EBIT bei 154 Millionen Euro. Das Spaniengeschäft ist mit einer EBIT-Marge von 12,6 Prozent damit weiterhin deutlich renditestärker als Helios-Deutschland (8,4 Prozent).

Für das Geschäftsjahr 2023 wurde der Umsatz- und Ergebnisplan der privaten Klinikgruppe nicht verändert: Während der Umsatz im mittleren einstelligen Bereich wachsen soll, liegt beim EBIT die Rendite bei zwischen neun und elf Prozent. 2022 und im ersten Halbjahr 2023 lag die EBIT-Marge bei jeweils 10,1 Prozent. Das Geschäft bei Helios entwickelte sich deutlich besser als beim Gesamtkonzern. Letzterer strukturiert derzeit weiter um: Unter anderem soll Fresenius Medical Care durch einen Rechtsformwechsel aus dem Konsolidierungskreis ausscheiden und bei Vamed wurde nach einem Ertragseinbruch Q1 und Q2 ein Restrukturierungsprogramm eingeläutet.

Die Zahlen der Rhön-Klinikum AG im zweiten Quartal 2023 standen ganz im Einfluss der hohen Inflation und des mehrwöchigen Streiks am Universitätsklinikum Gießen/Marburg. Aufgrund eines deutlichen Rückgangs der stationären Fallzahlen um 5,8 Prozent auf 45000 erhöhte sich der Umsatz nur leicht um 0,8 Prozent auf 366,7 Millionen Euro. Im Bereich Reha und im ambulanten Bereich wurden 4,7 und 4,6 Prozent mehr Fälle behandelt als im Vorjahresquartal. Da die Aufwendungen stärker als die Leistungserlöse anstiegen, ging der Ertrag auf allen Ebenen deutlich zurück: Das EBITDA reduzierte sich um 31,3 Prozent auf 22,6 Millionen Euro, das EBIT um 60,9 Prozent auf 6,1 Millionen Euro und das EBT um 49,3 Prozent auf 7,1 Millionen Euro.

Der Ertragseinbruch im zweiten Quartal 2023 veranlasste das Unternehmen jedoch nicht, den Plan für 2023 zu reduzieren. Unverändert ist für 2023 sowohl beim Umsatz als auch beim EBITDA ein leichtes Plus geplant. Der Umsatz soll bei einer Bandbreite von plus/minus fünf Prozent auf 1500 Millionen Euro steigen und das EBITDA sich bei zwischen 103 und 109 Millionen Euro einpendeln.

Weiterhin deutlich erholt von der Corona-Pandemie zeigte sich das Geschäft des Reha-Betreibers Mediclin. Nach einem deutlichen Anstieg um 1,4 Prozent auf 177 bzw. von minus 2,7 auf minus 1,7 Millionen Euro in Q1/23 gegenüber Q1/22 stiegen Umsatz und EBIT in Q2/23 weiter um 3,8 bzw. 39,4 Prozent auf 188 bzw. 12,9 Millionen Euro. Dieses Plus ist umso beachtlicher, da Anfang des Jahres die Dr. Hoefer-Janker-Klinik in Bonn verkauft wurde und die Corona-Ausgleichszahlungen sich deutlich reduzierten. Getragen wurde die Entwicklung wie bereits in der Vergangenheit vom Sektor Reha: mit einem Umsatz- und EBIT-Plus von 4,3 und 67,8 Prozent auf 116,4 und 15,1 Millionen Euro. Der Sektor Akut kämpft dagegen nach wie vor mit Problemen: Hier verdoppelte sich das EBIT-Minus auf 0,6 Millionen Euro, bei einem Umsatzanstieg um 2,2 Prozent auf 65,5 Millionen Euro. 

Für 2023 ist unverändert ein Umsatzwachstum zwischen drei und vier Prozent geplant, und ein EBIT zwischen 36 und 44 Millionen Euro (2022: 20 Millionen Euro). Allerdings will das Unternehmen aufgrund der sich verschlechternden konjunkturellen Rahmenbedingungen und der geplanten Gesetzesänderungen im Gesundheitswesen die Planungen bei der Veröffentlichung der Zahlen des dritten Quartals überarbeiten und konkretisieren. Zu beachten ist zudem, dass der EBIT-Steigerung deutlich erhöhte Zinsaufwendungen für neu bewertete Nutzungsrechte der geleasten Reha-Einrichtungen gegenüberstehen.

Was EAT, EBT & Co. bedeuten

EAT steht für „Earnings After Taxes" und bezeichnet den Gewinn oder Verlust eines Unternehmens nach Abzug von Steuern.

EBT steht für "Earnings Before Taxes" und beschreibt den Gewinn oder Verlust eines Unternehmens vor Steuern.

EBIT steht für "Earnings Before Interest and Taxes" und zeigt den Gewinn oder Verlust eines Unternehmens vor Abzug von Zinsen und Steuern.

EBITA steht für "Earnings Before Interest, Taxes, Depreciation and Amortization" und gibt den Gewinn oder Verlust eines Unternehmens vor der Abschreibung auf Sachanlagen und immaterielle Vermögenswerte an.

EBITDAR steht für "Earnings Before Interest, Taxes, Depreciation, Amortization and Rent" und bezeichnet den Gewinn oder Verlust eines Unternehmens vor der Berücksichtigung von Miete oder Leasingkosten.

Cashflow bezeichnet den Geldfluss, der durch die Geschäftstätigkeit eines Unternehmens generiert wird und ist eine wichtige Kennzahl der finanziellen Leistungsfähigkeit.

Casemix ist eine Methode zur Bestimmung von Fallpauschalen, welche die Behandlungskosten eines Patienten im Krankenhaus abdecken. Der Casemix wird durch die Kombination von Diagnose- und Behandlungsparametern, wie Alter, Geschlecht, Verweildauer und Schweregrad der Erkrankung, berechnet.

Periodenfremde Erträge sind Erträge, die nicht dem Berichtszeitraum zuzuordnen sind.

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