
Die Evangelische Klinikum Niederrhein gGmbH befindet sich seit 2019 in finanziellen Problemen. Diese haben sich 2022 verstärkt und werden sich 2023 nach den veröffentlichten Plänen weiter verschärfen: 2022 stieg der Umsatz gegenüber 2021 zwar um 5,2 Prozent auf 358 Millionen Euro.
Aufgrund überdurchschnittlich gestiegener Aufwendungen und dem Fehlen von aperiodischen Erträgen – die das EAT 2021 in den schwarzen Bereich brachten – verschlechterten sich allerdings die Ertragskennziffern auf allen Ebenen deutlich: Das EBITDA (vor dem Ertrag aus der Auflösung der Sonderposten) reduzierte sich von plus 7,6 auf minus 2,7 Millionen Euro, das EBIT von plus 1 auf minus 10,4 Millionen Euro und das EBT bzw. EAT von plus 0,9 bzw. plus 0,4 auf minus 10,8 bzw. minus 10,9 Millionen Euro. Die EAT-Erwartungen von plus 0,8 Millionen Euro wurden damit deutlich verfehlt. Da sich auch der Cashflow aus laufender Geschäftstätigkeit von minus 8,4 auf minus 20 Millionen Euro verschlechterte, schrumpfte die Liquidität von 45 auf 30,4 Millionen Euro. Die Bankverbindlichkeiten stiegen von 37,4 auf 54,1 Millionen Euro.
Sehr hohe Verluste 2023 erwartet
Das Unternehmen rechnet für 2023 mit Verlusten von rund 22,9 Millionen Euro und sieht sich deshalb in seiner Existenz gefährdet. Umfangreiche Sofortmaßnahmen sollen die Zahlungsfähigkeit sichern: Sie zielen auf höhere Erlöse, vor allem durch Leistungssteigerungen in der Neurologie, Unfallchirurgie, Thoraxchirurgie, Elektrophysiologie, Kinderkardiologie und Pneumologie, sowie Kostenreduktion. Letztere soll unter anderem durch eine drastische Überarbeitung des Leistungsangebotes und Aufgabe von Doppel- und Dreifachvorhaltungen sowie eine Zentralisierung der Somatik erreicht werden. Da zudem Kooperationen mit anderen Partnern geprüft werden, ist nicht auszuschließen, dass das Unternehmen über kurz oder lang in einem größeren kirchlichen Verbund aufgehen wird.
Vergleich mit Vivantes
In diesem Zusammenhang bietet sich der Vergleich mit dem in kommunaler Hand befindlichen Vivantes-Konzern an: Vivantes erwirtschaftete (aufgrund periodenfremder Effekte) 2023 statt einem geplanten Verlust von 150 Millionen Euro nur ein Minus von 131 Millionen Euro. Dies war bereits 2022 der Fall – mit minus 72,3 Millionen Euro lag das EAT 37 Millionen Euro über Plan – so dass sich die Geschäftsführung für 2022 eine Erfolgsprämie von 159 Tausend Euro gönnte.
Da auch der Cashflow aus laufendem Geschäft deutlich im negativen Bereich lag, pumpte das Land Berlin zur Erhaltung der Liquidität 225 Millionen Euro Steuergelder in das Unternehmen.
Beim Evangelischen Klinikum Niederrhein wurde aus dem für 2022 geplanten Gewinn von 0,8 Millionen Euro ein Minus von 10,8 Millionen Euro. Zur Erhaltung der kurzfristigen Liquidität musste das Unternehmen Kredite aufnehmen und zum Überleben wurden umfangreiche Maßnahmen in allen Bereichen des Unternehmens eingeleitet. Die von der Johannesstift Diakonie initiierte Klage gegen die Wettbewerbsverzerrungen durch die einseitige Subventionierung vieler öffentlicher Krankenhäuser aus Steuermitteln, der sich bereits andere Krankenhausträger angeschlossen haben, könnte damit ein neues Mitglied gewinnen.
Evangelische Klinikum Niederrhein gGmbH
Der Klinikverbund, bestehend aus Evangelischem Klinikum Niederrhein und Bethesda Krankenhaus Duisburg, ist in den Geschäftsfeldern Krankenhaus und Pflege tätig. Im Bereich Krankenhaus besitzt er zwei Krankenhausgesellschaften in Duisburg, die an fünf Standorten Krankenhäuser mit zusammen 1740 Betten betreiben und im Bereich Pflege zwei Häuser mit insgesamt 204 stationären Plätzen. Nach eigenen Angaben ist der Maximalversorger mit mehr als 30 Fachabteilungen Akademisches Lehrkrankenhaus der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Zum Verbund gehört auch das Herzzentrum Duisburg.
Vivantes: 1312 Millionen Euro Steuergelder bis 2025
Wiederum als desaströs waren die Zahlen 2023 von Vivantes zu bezeichnen, dem mit rund 25 Prozent Marktanteil führenden Klinikbetreiber in Berlin: Die voll- und teilstationären Fallzahlen konnten zwar um 6 sowie 12 Prozent gesteigert werden. Auch erhöhte sich der Landesbasisfallwert und es konnten periodenfremde Erträge aus dem Abschluss von Budgetvereinbarungen 2021 in Höhe von 67,9 Millionen Euro (2022 waren es 32 Millionen Euro) verbucht werden. Dies reichte jedoch nicht aus, um die erhaltenen Coronaausgleichszahlungen im Vorjahr zu kompensieren – mit der Folge, dass sich der Umsatz um 2 Prozent auf 1502 Millionen Euro reduzierte und sich der Verlust in allen Bereichen erhöhte: Das EBITDA-Minus vor dem Ertrag aus der Auflösung des Sonderpostens erhöhte sich um 133 Prozent auf 91 Millionen Euro, der EBIT-Verlust um 90 Prozent auf 140 Millionen Euro, das EAT-Minus um 81 Prozent auf 131 Millionen Euro und der Cashflow-Verlust um 64 Prozent auf 135 Millionen Euro.
Mit dem EAT-Minus zeigte sich das Management zwar zufrieden, da es geringer als das ursprünglich geplante Minus von 150 Millionen Euro ausfiel. Dies war bereits 2022 der Fall – mit minus 72,3 Millionen Euro lag das EAT 37 Millionen Euro über Plan – so dass der Geschäftsführung auch die Gesamtbezüge erhöht wurden: Der CEO Dr. Johannes Danckert bekam 429 Tausend Euro, nach 400 Tausend Euro im Vorjahr. Bei der Personalvorständin Dorothea Schmidt stiegen die Bezüge von 347 auf 362 Millionen Euro. Beim dritten Vorstand, Dr. Alexander Hewer, der erst seit 1. Mai 2023 im Amt ist, betrugen sie für seine acht Monate Geschäftsführertätigkeit 254 Tausend Euro.
Ursprünglich für diese Planüberschreitung 2023 waren allerdings periodenfremde Erträge aus abgeschlossenen Budgetvereinbarungen (67,9 Millionen Euro) und aus dem Verkauf von Grundstücken (28,9 Millionen Euro), denen eine außerplanmäßige Abschreibung auf Anlagen im Bau (19,3 Millionen Euro) gegenüberstand. Diese Abschreibung musste vorgenommen werden, da mehrere Großprojekte aufgrund von fehlenden Finanzierungszusagen bzw. fehlender oder abgelaufener Bauanträge nicht mehr wie geplant ausgeführt werden konnten.
Um den Geschäftsbetrieb aufrecht zu erhalten, musste das Land Berlin als Alleingesellschafterin 225 Millionen Euro ins Eigenkapital einzahlen. Es wird angesichts geplanter Verluste 2024 von 175 Millionen Euro mit 284 Millionen Euro wieder zur Kasse gebeten werden. 2025 will das Land Berlin mit 288 Millionen Euro nochmals mehr einzahlen. Von 2019 bis 2025 hat es dann 1312 Millionen Euro an Steuergeldern gewährt, was natürlich die Konkurrenz auf die Barrikaden treibt. Der Plan, bis zum Jahr 2029 durch ein Neuausrichtungs- und Sanierungskonzept das jährliche Defizit um 110 Millionen Euro zu senken, ist vor diesem Hintergrund allenfalls als ein Tropfen auf dem heißen Stein zu sehen.
S K Holding und Management: 2023 schwarze Zahlen erwartet
Wesentliches Asset der S K Holding und Management GmbH-Gruppe sind die Segeberger Kliniken, mit Sitz in Bad Segeberg. Sie sind nach eigenen Angaben das größte private Klinikunternehmen in Schleswig-Holstein.
Ziel der Klinikgruppe ist eine weitere Spezialisierung und Ausweitung des Unternehmensschwerpunkts Akut (Umsatzanteil: 70 Prozent). Der Reha-Bereich steuert 19 Prozent zum Umsatz bei; andere Angebote wie Hotel, Restaurant, Café, Wellness etc. 11 Prozent. Wie in den Vorjahren entwickelte sich das Unternehmen 2022 gut. Es konnte trotz Belastungen durch die Corona-Pandemie erneut schwarze Zahlen schreiben.
Bei einem Umsatzrückgang von 4,8 Prozent auf 142 Millionen Euro reduzierte sich zwar der Ertrag auf allen Ebenen deutlich. So schrumpften EBITDA, EBIT, EBT und EAT um 43,2, 71, 70,6 und 71,2 Prozent auf 16,5, 5,1, 5,1, und 4,5 Millionen Euro. Ohne Corona-Ausgleiche von 8,9 Millionen Euro (2021 waren es 13 Millionen Euro) wäre der Ertrag wie 2021 unter die Nulllinie gerutscht. Dies ist angesichts der außergewöhnlichen Umstände 2022 irrelevant: Die Bilanzqualität ist nämlich nach wie vor gut – die Eigenkapitalquote betrug unverändert zum Vorjahr 71 Prozent – und die Finanzkraft ist hoch: Der Mittelzufluss aus laufender Geschäftstätigkeit war trotz eines Rückgangs gegenüber 2021 von 30,7 Prozent mit 13,1 Millionen Euro deutlich positiv – und reichte aus, um die gegenüber 2021 von 6,9 auf 12,6 Millionen Euro erhöhten Ausgaben für Investitionen zu decken. Insofern sind die Perspektiven bei sich normalisierenden Rahmenbedingungen gut.
Für 2023 erwartete das Unternehmen bei der Vorlage des Abschlusses 2022 nach wie vor schwarze Zahlen. Es geht angesichts der steigenden Inflation nicht davon aus, das EAT 2022 zu übertreffen.
Rhön-Klinikum: EAT steigt um 62 Prozent
Die Zahlen der Rhön-Klinikum AG im 2. Quartal 2024 standen zwar weiter im Einfluss von Kostensteigerungen für den Bezug von medizinischen Gütern und Energie. Diese Belastungen wurden dank Kompensationen für die erhöhten Energieaufwendungen hervorragend gemeistert.
Aufgrund einer Steigerung der Fallzahlen um 5,1 Prozent auf 228 960 – im akutstationären Bereich stiegen die Bewertungsrelationen um 6,3 Prozent – sowie eines Anstiegs des Basisfallwertes konnte der Umsatz um 7,1 Prozent auf 392,7 Millionen Euro gesteigert werden. Dieses Plus sowie die Zinssteigerung – das Unternehmen verfügt über eine hohe Nettoliquidität und die Finanzerträge stiegen im 2. Quartal von 1 Million auf 2,8 Millionen Euro – waren die wesentlichen Gründe des gezeigten Ertragssprungs gegenüber dem 2. Quartal 2023: Das EBITDA erhöhte sich um 5,8 Prozent auf 23,9 Millionen Euro, das EBIT um 41 Prozent auf 8,6 Millionen Euro und das EBT bzw. EAT um 60,6 bzw. 62,1 Prozent auf 11,4 bzw. 9,4 Millionen Euro. Diese Entwicklung verlief im Rahmen der Planungen. Daher wurden die Umsatz- und EBITDA-Prognose 2024 von zwischen 1520 und 1680 Millionen Euro (plus 3,8 bis plus 14,8 Prozent gegenüber 2023) bzw. 110 bis 120 Millionen Euro (plus 3,9 bis plus 13,3 Prozent gegenüber 2023) nicht verändert. Diese Ziele sind realistisch angesichts der erreichten Umsatz- und EBITDA-Steigerungen von 6,5 und 8,6 Prozent im 1. Halbjahr, und der Tatsache, dass das 2. Halbjahr generell stärker als das erste verläuft.
Was EAT, EBT & Co. bedeuten
EAT steht für „Earnings After Taxes" und bezeichnet den Gewinn oder Verlust eines Unternehmens nach Abzug von Steuern.
EBT steht für "Earnings Before Taxes" und beschreibt den Gewinn oder Verlust eines Unternehmens vor Steuern.
EBIT steht für "Earnings Before Interest and Taxes" und zeigt den Gewinn oder Verlust eines Unternehmens vor Abzug von Zinsen und Steuern.
EBITA steht für "Earnings Before Interest, Taxes, Depreciation and Amortization" und gibt den Gewinn oder Verlust eines Unternehmens vor der Abschreibung auf Sachanlagen und immaterielle Vermögenswerte an.
EBITDAR steht für "Earnings Before Interest, Taxes, Depreciation, Amortization and Rent" und bezeichnet den Gewinn oder Verlust eines Unternehmens vor der Berücksichtigung von Miete oder Leasingkosten.
Cashflow bezeichnet den Geldfluss, der durch die Geschäftstätigkeit eines Unternehmens generiert wird und ist eine wichtige Kennzahl der finanziellen Leistungsfähigkeit.
Casemix ist eine Methode zur Bestimmung von Fallpauschalen, welche die Behandlungskosten eines Patienten im Krankenhaus abdecken. Der Casemix wird durch die Kombination von Diagnose- und Behandlungsparametern, wie Alter, Geschlecht, Verweildauer und Schweregrad der Erkrankung, berechnet.
Periodenfremde Erträge sind Erträge, die nicht dem Berichtszeitraum zuzuordnen sind.
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