
Die gute Entwicklung der Artemed-Gruppe setzte sich 2022 verstärkt fort. Bei einem Umsatzanstieg um 12 Prozent auf 650 Millionen Euro stieg der Ertrag auf allen Ebenen überdurchschnittlich an: Das EBITDA (vor dem Ertrag aus der Auflösung der Sonderposten) erhöhte sich um 23 Prozent auf 69 Millionen Euro, das EBIT um 31 Prozent auf 51 Millionen Euro und das EBT bzw. EAT um 35 bzw. 62 Prozent auf 46 bzw. 36 Millionen Euro. Der positive Trend resultierte aus einer Erhöhung der Leistung und der Preise sowie abgeschlossenen Bauarbeiten unter anderem beim Heilig-Geist Hospital in Bensheim. Zudem wurde 2021 die St. Josefskrankenhaus Heidelberg gGmbH übernommen. Die fehlenden Umsätze des Bereichs Pflege wurden damit deutlich überkompensiert: Mit dem Ziel, sich auf den Bereich Kliniken zu konzentrieren, wurden im Jahr 2021 die sieben Pflegezentren verkauft. Der im Jahr 2021 ausgegebene Leistungs- und Ergebnis-Plan 2022 wurde übertroffen.
Bilanziell solide aufgestellt
Finanziell und bilanziell haben sich alle Kennziffern mit dem Ertragsanstieg weiter verbessert: Aufgrund der guten Ertragsentwicklung hat sich die Eigenkapitalquote des von 723 auf 777 Millionen Euro erhöhten Vermögens von 27 auf 30 Prozent erhöht. Der Anteil der Fördermittel reduzierte sich von 23 auf 21 Prozent und der Anteil der Banken am Gesamtvermögen belief sich unverändert auf 20 Prozent. Da sich in Folge eines deutlichen Anstiegs des Net Working Capital der Cashflow aus operativer Geschäftstätigkeit um 65 Prozent auf 3,6 Millionen Euro reduzierte – er reichte bei Weitem nicht aus, den um 95 Prozent auf 47 Millionen Euro erhöhten Mittelabfluss aus Investitionstätigkeit zu decken – reduzierte sich die Liquidität im Jahr 2022 trotz eines von 6 auf 25 Millionen Euro erhöhten positiven Cashflow aus Finanzierungstätigkeit von 25 auf 17 Millionen Euro.
Ertragswachstum auch 2023 erwartet
Trotz hoher Unsicherheiten in der Planung aufgrund der bevorstehenden Krankenhausreform sowie geopolitischer Faktoren erwartet das Unternehmen für das Jahr 2023 eine leichte Umsatz- und Ertragssteigerung in seinen Bestandshäusern. Dies ist realistisch, auch angesichts der erreichten Unternehmensgröße. Die hohe Ertragskraft (EBIT-Marge 7,8 Prozent) wird sich damit im Jahr 2023 nicht wesentlich verändern. Da nach der Veröffentlichung des Abschlusses die Krankenhaus Düren gGmbH übernommen wurde, ist dieser Plan zu überarbeiten.
Interessante Randaktivitäten: Myanmar, Tansania, Bolivien und China
(Noch) keinen Einfluss auf das Zahlenwerk haben einige Aktivitäten des Unternehmens im Ausland: So betreute die Artemed Stiftung 2022 drei Projekte im Ausland – namentlich die Irrawaddy River Doctors, Myanmar, eine schwimmende Hausarztpraxis, die die medizinische Versorgung in die entlegenen Dörfer des Irrawaddy Flussdeltas im Süden Myanmars bringt; die St. Walburg's Hospital, Tansania, bei der die Stiftung bei der technischen Ausstattung und Sicherstellung der Energieversorgung unterstützt und die Street Doctors, Bolivien, die sich mit drei zu Arztpraxen umgebauten Bussen um die psychischen und physischen Leiden der Straßenkinder in der Hauptstadt Boliviens La Paz kümmern. Artemed betreibt zudem in China seit 2019 in Lizenz von einem chinesischen Partner das Shanghai Artemed Hospital, hat 2022 ein Lizenzabkommen für einen auf Wissensaustausch in der Herz-Kreislauf-Medizin mit dem Chongquing KangXin Hospital abgeschlossen und 2021 einen Vertrag zum Bau des Weihai Artemed International Hospital unterzeichnet.
Artemed-Gruppe:
Die 1990 gegründete Artemed SE ist eine private Klinikgruppe in Deutschland, die 2022 (zum Zeitpunkt des Konzernabschlusses) 17 Kliniken betrieb. Im Bereich Akut wurden rund 119 Tausend Fälle stationär behandelt, in der Reha wurden 28 800 Behandlungstage abgerechnet. Strategisches Ziel des Unternehmens ist neben internem vor allem externes Wachstum durch Zukauf von Kliniken und Steigerung der Ertragskraft durch Skaleneffekte und Nutzung von Synergiepotenzialen. Wesentliche Assets sind neben der 1990 gegründeten Artemed Fachklinik Prof. Dr. Dr. Salfeld – der Namensgeber sitzt unter anderem in der Geschäftsführung der Klinik – die 2015 erworbene Chirurgische Klinik Dr. Rinecker (heute: Artemed Klinikum München Süd).
München Klinik: EAT Minus von 89 Millionen Euro 2023 prognostiziert
Weiterhin tief in den roten Zahlen befindet sich die München Klinik auch 2022. Das Unternehmen ist mit fünf Krankenhäusern (Klinikum Bogenhausen, Neuperlach, Harlaching, Schwabing und Thalkirchner Straße), in denen zusammen 3011 vollstationäre und 232 tagesklinische Plätze vorgehalten werden, und einem Marktanteil von rund 30 Prozent der führende Krankenhausbetreiber in München. Während der Umsatz 2022 gegenüber 2021 leicht um 1,3 Prozent auf 724 Millionen sank, reduzierte sich das EBITDA um 52 Prozent auf 16 Millionen Euro und der EBIT- und EBT-Verlust stiegen um 237 und 230 Prozent auf 29 und 32 Millionen Euro. Ursächlich für diese wenig erfreuliche Entwicklung und deutliche Planunterschreitung war dabei der Fallzahlrückgang von 3,8 Prozent (minus 20,3 gegenüber Plan) – im DRG-Bereich sank der Casemix um 5,4 Prozent (minus 19,9 Prozent gegenüber Plan). Die Erlöse aus stationärer Krankenhausleistung lagen damit um 4,4 Prozent unter dem Planansatz und aus dem geplanten EBITDA von minus 8,3 Millionen Euro wurden minus 16 Millionen Euro. 2021 betrug diese Zahl minus 2,4 Millionen Euro.
Zur Sicherung der Liquidität – der Cashflow aus laufender Geschäftstätigkeit betrug minus 74,9 nach minus 53,3 Millionen Euro 2021 – zahlte die Stadt München als Alleingesellschafterin weitere 47,4 Millionen Euro in das Eigenkapital des Unternehmens. Dies hatte zur Folge, dass das Eigenkapital 2022 trotz der erlittenen Verluste von 199 auf 214 Millionen Euro stieg. Unverändert 19 Prozent gegenüber 2021 des von 1055 auf 1097 Millionen gestiegenen Vermögens waren damit eigenfinanziert, und der Anteil der Fördermittel an der Bilanzsumme stieg von 27 auf 31 Prozent. Das unveränderte Ziel des Unternehmens, nachhaltig eine EBITDA-Marge zu erreichen, die es ermöglicht, die nicht geförderten Investitionen aus dem wirtschaftlichen Ergebnis zu finanzieren, wird sich allerdings noch lange nicht realisieren lassen. Das heißt, das Unternehmen wird weiterhin auf finanzielle Zuschüsse der Stadt München angewiesen sein. Eine entsprechende Finanzierungsvereinbarung wurde im Herbst 2021 bis 2030 verlängert. Für 2023 erwartet das Unternehmen ein EBITDA von minus 75 Millionen Euro, und ein EAT von minus 89 Millionen Euro.
Josefs-Gesellschaft: Chancen im Bereich Gesundheit
Zufrieden über den Verlauf des Geschäftsjahres 2022 zeigte sich das Management der Josefs-Gesellschaft: ein Unternehmen in den Bereichen Rehabilitation (Angebote zur beruflichen Bildung, fünf Werkstätten, Angebote der verschiedenen Wohnformen ambulant und stationär; Umsatzanteil 50 Prozent), Gesundheitswesen (acht Krankenhäuser der Grund- und Regelversorgung bzw. der Reha und fünf MVZ; Umsatzanteil 46 Prozent) und Altenhilfe (fünf Seniorenheime; Umsatzanteil vier Prozent). Bei einem Umsatzanstieg von 3,3 Prozent auf 678 Millionen Euro reduzierte sich zwar das EBITDA (vor dem Ertrag aus der Auflösung der Sonderposten) um 97 Prozent auf 0,7 Millionen Euro. Das EBIT war auf der Nulllinie (nach 6,1 Millionen Euro 2021) und das EBT rutschte von 9 Millionen Euro 2021 auf minus 22,8 Millionen Euro deutlich in den roten Bereich. Ursächlich für diese Entwicklung war allerdings im Wesentlichen die Insolvenz der Katholische Nordkreis-Klinik Linnich und Jülich GmbH. Die hiermit verbundene Belastung von 24,9 Millionen Euro konnte nicht durch einen Ertrag aus der Auflösung des passiven Unterschiedsbetrags aus der Kapitalkonsolidierung und einer Zuschreibung der Beteiligung gegenüber assoziierten Unternehmen von 9,5 und 2,3 Millionen Euro kompensiert werden. Da diese drei genannten Ergebnisfaktoren den Cashflow nicht tangierten – der Cashflow aus laufender Geschäftstätigkeit stieg von 15 auf 33 Millionen Euro an – litt die Bilanzqualität nur unwesentlich: Das von 766 auf 782 Millionen Euro gestiegene Vermögen bestand zu 24 (2021 waren es 22) Prozent aus liquiden Mitteln, und war (inklusive Fördermittel) zu 58 (2021 65) Prozent eigen- und zu unverändert acht Prozent bankenfinanziert. Da die Katholischen Nordkreis-Kliniken Linnich und Jülich GmbH seit 2023 entkonsolidiert ist, erwartet das Unternehmen 2023 ein gegenüber 2022 erhöhtes und positives Jahresergebnis. Es geht darüber hinaus von einer insgesamt positiven Entwicklung aus, auch vor dem Hintergrund nach der 2019 in die Gruppe integrierten Caritas Trägergesellschaft West gGmbH (ctw). Chancen sieht das Unternehmen insbesondere in der Weiterentwicklung des Geschäftsbereichs Gesundheitswesen. Vor diesem Hintergrund ist die erfolgte Umwandlung der Rechtsform von einer gGmbH in eine gAG zu sehen.
Mednation: Gewinne 2023, aber …
Mednation AG ist seit 2022 der neue Name der Eifelhöhen-Klinik AG. Sie besitzt im Wesentlichen drei stationäre Reha-Kliniken, die in den letzten Jahren, auch bedingt durch die Errichtung einer neuen Klinik in Mönchengladbach, Verluste schreibt. Zwar setzte sich diese Verlustserie 2023 nicht fort: Bei einem Umsatzanstieg von 16,2 Prozent auf 42,6 Millionen Euro, bedingt durch eine steigende Auslastung der drei Kliniken, konnte der Ertrag auf allen Ebenen der GuV und auch auf Basis Cashflow deutlich gesteigert werden. Das EBITDA, EBIT und der Cashflow aus laufender Geschäftstätigkeit stiegen um 88, 331 und 55 Prozent auf neun, 5,6 und 5,7 Millionen Euro. EBT und EAT verbesserten sich von minus 1,7 und minus 1,8 auf plus 2,5 und 2,2 Millionen Euro. Ursächlich für das Ertragsplus war jedoch neben dem Umsatzplus vor allem ein Ertrag in Höhe von 2,8 Millionen Euro aus einer Neubewertung des neuen Leasingvertrages für den Standort Bonn. Ohne diesen hätte sich die Verlustphase 2023 fortgesetzt, zum Leidwesen der Aktionäre, die seit langer Zeit auf einen Anstieg des Aktienkurses hoffen. Dieser ist auch 2024 nicht zu erwarten, vor dem Hintergrund der veröffentlichten Prognose des Unternehmens, bei einer Umsatzsteigerung 2024 auf zwischen 45 und 52 Millionen Euro ein EBITDA in der Range zwischen 3,6 und vier Millionen Euro zu erzielen. Wenn sich dieser Plan realisiert, bleibt nach Abzug von Abschreibung und Zins wieder nichts für die Aktionäre übrig. Das heißt, die Börse kann sich nur auf die Hoffnung stützen, dass es dem Unternehmen gelingt, die letzte „Großbaustelle“ im Herzpark Mönchengladbach zu schließen. Gelingt es dort, ein stabil positives operativen Geschäft zu etablieren, will das Management laut Geschäftsbericht 2023„verstärkt über die Nutzung der Börsennotierung zur Gestaltung von Wachstum nachdenken“.
Was EAT, EBT & Co. bedeuten
EAT steht für „Earnings After Taxes" und bezeichnet den Gewinn oder Verlust eines Unternehmens nach Abzug von Steuern.
EBT steht für "Earnings Before Taxes" und beschreibt den Gewinn oder Verlust eines Unternehmens vor Steuern.
EBIT steht für "Earnings Before Interest and Taxes" und zeigt den Gewinn oder Verlust eines Unternehmens vor Abzug von Zinsen und Steuern.
EBITA steht für "Earnings Before Interest, Taxes, Depreciation and Amortization" und gibt den Gewinn oder Verlust eines Unternehmens vor der Abschreibung auf Sachanlagen und immaterielle Vermögenswerte an.
EBITDAR steht für "Earnings Before Interest, Taxes, Depreciation, Amortization and Rent" und bezeichnet den Gewinn oder Verlust eines Unternehmens vor der Berücksichtigung von Miete oder Leasingkosten.
Cashflow bezeichnet den Geldfluss, der durch die Geschäftstätigkeit eines Unternehmens generiert wird und ist eine wichtige Kennzahl der finanziellen Leistungsfähigkeit.
Casemix ist eine Methode zur Bestimmung von Fallpauschalen, welche die Behandlungskosten eines Patienten im Krankenhaus abdecken. Der Casemix wird durch die Kombination von Diagnose- und Behandlungsparametern, wie Alter, Geschlecht, Verweildauer und Schweregrad der Erkrankung, berechnet.
Periodenfremde Erträge sind Erträge, die nicht dem Berichtszeitraum zuzuordnen sind.
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