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Kassensturz im AprilBarmherzige Brüder München – krisenfester durch Fusion?

2023 erwarten die Barmherzigen Brüder München erneut rote Zahlen und einen Verlust von sechs Millionen Euro. Entscheidend für die mittel- bis längerfristige Zukunft wird jedoch die geplante Fusion mit den beiden Kliniken Dritter Orden sein.

kma Kassensturz
Thieme Gruppe
Jeden Monat analysiert der Börsenexperte Hartmut Schmidt die finanzielle Lage deutscher Krankenhäuser anhand von Jahresabschlüssen aus Geschäftsberichten und dem elektronischen Bundesanzeiger.

Trotz Umsatzanstiegs gehen die Barmherzigen Brüder München auch für 2023 davon aus, rote Zahlen zu schreiben. Bereits 2022 hatte es hohe Verluste gegeben. Angesichts drastisch gestiegener Aufwendungen, insbesondere für Material, konnte 2022 das geplante Konzern-EAT von -1,7 Millionen Euro bei Weitem nicht erreicht werden. Der Umsatz erhöhte sich jedoch um 2,9 Prozent auf 782 Millionen Euro. Eine Erhöhung des Landesbasisfallwertes konnte den Rückgang der Covid-19-Ausgleichszahlungen auf 33,1 Millionen Euro (nach 40,1 Millionen Euro im Vorjahr) und des Case Mix der Krankenhäuser um 0,4 Prozent auf 84 641 Millionen Euro kompensieren.

Dieser Erlössteigerung stand allerdings ein Anstieg der Material- und Personalaufwendungen von 7 und 4,9 Prozent gegenüber. Infolgedessen sank das EBITDA (vor dem Ertrag aus der Auflösung des Sonderpostens) von plus 17,8 auf -10,3 Millionen Euro, das EBIT bzw. EBT von  +6 auf -22 bzw. +5,2 auf  -22,9 Millionen Euro. Unter dem Strich sank das EAT von +7,2 auf -23,8 Millionen Euro. Hauptsächlich hat der Bereich Krankenhäuser diesen Ergebnisverfall verursacht: Hier fiel das EBITDA von +17 auf -6,9 Millionen Euro. Dies entsprach einer Umsatzmarge von -1 nach +2,6 Prozent. Im Bereich Behindertenhilfe fiel die EBITDA-Marge von 4,5 auf 2,9 Prozent.

Bilanziell solide aufgestellt

Für die Bilanz hatte das EAT-Minus eine deutliche Reduzierung der Eigenkapitalquote von 46,9 Prozent Ende 2021 auf 37,1 Prozent zur Folge. Auf die Solidität wirkte sich dies dennoch wenig aus: Der Cashflow aus laufender Geschäftstätigkeit verbesserte sich deutlich von -15,9 auf +13,2 Millionen Euro, hauptsächlich aufgrund einer Abnahme der Forderungen aus Lieferungen und Leistungen. Und die Liquidität stieg um 11,3 auf 79,2 Millionen Euro, trotz erhöhter Investitionen von 35,2 auf 51,8 Millionen Euro.

16,3 (2021 waren es 15,5) Prozent des von 439,2 auf 485,9 Millionen Euro erhöhten Vermögens bestand damit aus liquiden Mitteln. Der Finanzierungsanteil der Banken stieg nur leicht von 5,9 auf 7,2 Prozent des Vermögens. 20,2 Prozent des Vermögens (nach 19 Prozent im Vorjahr) war dabei durch Fördermittel finanziert.

Zusammenschluss mit den Kliniken Dritter Orden?

Während das Unternehmen für 2023 mit einem auf 6 Millionen Euro reduzierten EAT-Verlust rechnet, laufen die Planungen für einen Zusammenschluss des Krankenhauses Barmherzige Brüder München mit den beiden Kliniken Dritter Orden: dem Klinikum Dritter Orden in München, einem Schwerpunktversorger mit 574 Plan- und 44 teilstationären Plätzen und der Kinderklinik Dritter Orden Passau mit 50 Plan- und fünf teilstationären Plätzen. 2022 erwirtschafteten diese beiden Krankenhäuser einen Umsatz von 191,8 (2021 waren es 187,5) Millionen Euro und ein EAT von -1,3 (2021 warem es +2,3) Millionen Euro.

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Es gibt bereits Pläne für die Erarbeitung eines gemeinsamen medizinischen Konzepts, einer gemeinsamen IT-Organisation und einer Personalorganisation mit zwei Leitungen für alle drei Standorte. Außerdem wird die vertikale Integration der beiden Kliniken Dritter Orden in die Verbundstruktur vorbereitet.

Die zukünftige „Ordenskliniken gGmbH“ würde zusammen 1059 Planbetten haben, 55 000 Patienten ambulant und 114 000 stationär behandeln und einen Umsatz von rund 300 Millionen Euro erwirtschaften. Unter der Voraussetzung, dass das neue Unternehmen in der Barmherzigen Brüder gemeinnützige Träger GmbH konsolidiert wird, entstünde damit ein neuer Umsatzmilliardär.

Barmherzige Brüder gemeinnützige Träger GmbH, München:

Die Barmherzige Brüder gemeinnützige Träger GmbH mit Sitz in München hatte nach der Neuordnung der Betätigungen der Barmherzige Brüder Bayerische Ordensprovinz KdöR, München, im Bereich des Gesundheitswesens 2008 erstmals einen Konzernabschluss erstellt. Sie ist seitdem stark gewachsen durch die Einbringung von Einrichtungen des Gesundheitswesens (Krankenhäuser, Einrichtungen der Behindertenhilfe, MVZ) und erwirtschaftet heute mit ihren Einrichtungen unter anderem in München, Regensburg, Straubing und Schwandorf rdund 76 Prozent des Umsatzes im Bereich Krankenhäuser (2132 Planbetten, CM 86641, CMI 0,871) und 16 Prozent in der Behindertenhilfe.

Strategie ist es, den Verbund wirtschaftlich widerstandsfähig zu machen: durch die Nutzung der Synergien im Verbund, ein umfassendes Investitionsprogramm zur Verbesserung des Leistungsangebotes und Wachstum – unter anderem durch den geplanten Zusammenschluss mit den beiden Kliniken Dritter Orden an den Standorten München und Passau.

Deutlich unter Plan entwickelte sich 2023 die Marienhaus-Gruppe, ein Unternehmen in den Bereichen Krankenhäuser (13 Krankenhäuser, Umsatzanteil 80 Prozent), Pflege (18 Alten- und Pflegeheime, Umsatzanteil zehn Prozent) und Jugendhilfe/Sonstiges (10 Prozent). 

Der Umsatz konnte zwar um 5 Prozent auf 916,6 Millionen Euro gesteigert werden; einem Anstieg des Case Mix um 1,7 Prozent auf 98 000 stand ein Rückgang der Corona-Ausgleiche um 29 Prozent auf 67 Millionen Euro gegenüber. Aufgrund überdurchschnittlich gestiegener Aufwendungen sanken allerdings EBITDA, EBIT und EBT um 44,2, 75 und 79,3 Prozent auf 23,6, 6,6 und 5 Millionen Euro. Dem für 2023 geplanten EAT von 13,5 Millionen Euro stand daher ein Ist von nur 3,9 Millionen Euro gegenüber. Der Aufwandsanstieg betraf in erster Linie die Bereiche Material (Anstieg um 10,1 Prozent) und Sonstiges (Anstieg 23,3 Prozent) – letzterer auch, weil Rückstellungen gebildet wurden für die wegen Personalmangel im März 2023 geschlossene Klinik in Aldenau.

Bilanziell zeigte sich eine nach wie vor zufriedenstellende Entwicklung. Angesichts eines deutlicheren Anstiegs des Gesamtvermögens auf 637 (2021 waren es 590) Millionen Euro reduzierte sich zwar der Anteil der Liquidität von 20 auf 14 Prozent. Das Vermögen ist allerdings mit 38 (2021 waren es 40) Prozent hoch eigen- und mit 16 (2021: 17) Prozent gering bankenfinanziert. Zu beachten ist bei der Bilanzanalyse allerdings, dass die erhaltenen Fördermittel mit dem geförderten Anlagevermögen verrechnet sind. Das Sachanlagevermögen ist daher zu niedrig ausgewiesen und auf der Finanzierungsseite gibt es keine Sonderposten.

Für 2023 erwartet das Unternehmen eine stabile Entwicklung und bei einer anhaltend hohen Inflation einen Rückgang des EAT auf -17,3 Millionen Euro. Zudem wurde die geplante Fusion mit der St. Franziskus-Stiftung (vorerst) abgeblasen aufgrund der (Zitat Konzernabschluss 2022) „… deutlich veränderten und sehr dynamischen Rahmenbedingungen für Krankenhäuser auf Bundes- und Landesebene …“. Hintergrund dürfte sein, dass die Krankenhäuser der Marienhaus-Gruppe in erster Linie Grund- und Regelversorger in ländlichen Gebieten sind, für die ein Überleben (auch aufgrund des Fachkräftemangels) in der Zukunft immer schwerer werden wird. Insofern macht der neue Pakt zur Einkaufskooperation zwischen der Marienhaus-Gruppe und St. Franziskus-Stiftung Sinn, ebenso wie der getroffene Beschluss zum Ausbau des Bereichs Reha, mit der Etablierung einer stationären geriatrischen Reha in Mainz und der Beschluss einer Beteiligung an einem ambulanten Rehazentrum im Saarland.

Deutlich über Vorjahr und auch über Plan entwickelte sich 2022 die BG Kliniken – Klinikverbund der gesetzlichen Unfallversicherung gGmbH mit Sitz in Berlin. Während der Umsatz um 5,9 Prozent auf 1604 Millionen Euro stieg – geplant waren zwischen 1500 und 1600 Millionen Euro – explodierte der Ertrag auf allen Ebenen der Gewinn- und Verlustrechnung (GuV): Das EBITDA (vor dem Ertrag aus der Auflösung des Sonderpostens) stieg um 160 Prozent auf 75,2 Millionen Euro, das EBIT von -34,6 auf +11,6 Millionen Euro und das EBT von -37,2 auf +38,6 Millionen Euro. Der Ergebnisplan belief sich auf -40 Millionen Euro. 

Zurückzuführen war das Umsatzplus auf eine leichte Steigerung der Belegung, abgeschlossene Budgetverhandlungen an fast allen Standorten und einen Anstieg der periodenfremden Erlöse von 19,6 auf 25,7 Millionen Euro. Das Ergebnis profitierte neben positiven Effekten von Maßnahmen zur Sicherung der Ertragslage – die Aufwandsquoten der GuV verbesserten sich auf allen Ebenen – vor allem von einer Zinserstattung der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) in Höhe von 28,4 Millionen Euro.

Die positive Ertragslage, die den Cashflow aus operativer Geschäftstätigkeit um 27,8 Prozent auf 20,7 Millionen Euro stiegen ließ, eine gegenüber 2021 reduzierte Investitionstätigkeit und eine Kapitalerhöhung von 75 Millionen Euro hatten positive Auswirkungen auf die Bilanz: Das von 2724 auf 2932 Millionen Euro erhöhte Vermögen bestand zu 20 (2021 waren es 19) Prozent aus liquiden Mitteln und war zu (unverändert gegenüber 2021) 54 Prozent eigen-, zu 29 (2021 waren es 31) Prozent fördermittel- und ohne Bankschulden finanziert.

Vor dem Hintergrund der erreichten Größe, der sehr soliden Bilanz und des hohen Spezialisierungsgrads der Kliniken ist davon auszugehen, dass sich die BG Kliniken auch in der Zukunft positiv entwickeln werden. Für 2023 erwartet das Unternehmen eine weiterhin leichte Steigerung der Belegung und ein Ergebnis leicht unter dem Niveau von 2022.

Die Zahlen der Rhön-Klinikum AG im vierten Quartal 2023 standen weiter im Einfluss der hohen Inflation und fehlender Covid-19-Kompensationszahlungen. 

Aufgrund eines weiteren Rückgangs der stationären Fallzahlen um 1,1 Prozent auf 47 000 reduzierte sich der Umsatz nur leicht um ein Prozent auf 375 Millionen Euro; im Bereich Reha und im ambulanten Bereich wurden 3,2 und 2,3 Prozent mehr Fälle behandelt als im Vorjahresquartal. 
Ein weiterer Rückgang der stationären Fallzahlen um 1,1 Prozent auf 47 000 reduzierte den Umsatz nur leicht um ein Prozent auf 375 Millionen Euro; in den Bereichen Reha und ambulant konnten 3,2 und 2,3 Prozent mehr Fälle behandelt werden als im Vorjahresquartal. 

Weil die Aufwendungen geringer als die Leistungserlöse anstiegen, erhöhte sich der Ertrag auf allen Ebenen: Das EBITDA stieg um 11,7 Prozent auf 32,5 Millionen Euro, das EBIT um 37,2 Prozent auf 16,1 Millionen Euro und das EBT um 65,4 Prozent auf 19,9 Millionen Euro. 

Diese Zahlen lagen im Rahmen der Planungen, sodass für das Gesamtjahr 2023 ein Umsatz und EBITDA von 1464 und 105,9 Millionen Euro (+1,2 und 0,3 Prozent gegenüber 2022) erreicht wurden: Aufgrund reduzierter Abschreibungen und eines deutlich verbesserten Finanzergebnisses stiegen EBIT und EBT 2023 um 11,9 und 42 Prozent auf 40,4 und 47,7 Millionen Euro. 

Da sich auch der Cashflow sehr positiv entwickelte – der Cashflow aus laufender Geschäftstätigkeit erhöhte sich um 80,8 Prozent auf 109 Millionen Euro und die liquiden Mittel 2023 stiegen um 128,7 Millionen Euro gegenüber 2022 – verbesserte sich die Bilanzqualität weiter: Das von 1705 auf 1771 Millionen Euro erhöhte Vermögen war zu 72 (2022: 73) Prozent eigenfinanziert, der Anteil der Liquidität am Vermögen erhöhte sich von 17,4 auf 19,4 Prozent und die Finanzschulden reduzierten sich von 8,8 auf 8,1 Prozent. 

Vor dem Hintergrund der Solidität des Geschäfts ist trotz der nach wie vor problematischen Rahmenbedingungen davon auszugehen, dass auch 2024 die Umsatz- und EBITDA-Ziele von zwischen 1520 und 1680 und 110 bis 120 Millionen Euro erreicht werden.

Was EAT, EBT & Co. bedeuten

EAT steht für „Earnings After Taxes" und bezeichnet den Gewinn oder Verlust eines Unternehmens nach Abzug von Steuern.

EBT steht für "Earnings Before Taxes" und beschreibt den Gewinn oder Verlust eines Unternehmens vor Steuern.

EBIT steht für "Earnings Before Interest and Taxes" und zeigt den Gewinn oder Verlust eines Unternehmens vor Abzug von Zinsen und Steuern.

EBITA steht für "Earnings Before Interest, Taxes, Depreciation and Amortization" und gibt den Gewinn oder Verlust eines Unternehmens vor der Abschreibung auf Sachanlagen und immaterielle Vermögenswerte an.

EBITDAR steht für "Earnings Before Interest, Taxes, Depreciation, Amortization and Rent" und bezeichnet den Gewinn oder Verlust eines Unternehmens vor der Berücksichtigung von Miete oder Leasingkosten.

Cashflow bezeichnet den Geldfluss, der durch die Geschäftstätigkeit eines Unternehmens generiert wird und ist eine wichtige Kennzahl der finanziellen Leistungsfähigkeit.

Casemix ist eine Methode zur Bestimmung von Fallpauschalen, welche die Behandlungskosten eines Patienten im Krankenhaus abdecken. Der Casemix wird durch die Kombination von Diagnose- und Behandlungsparametern, wie Alter, Geschlecht, Verweildauer und Schweregrad der Erkrankung, berechnet.

Periodenfremde Erträge sind Erträge, die nicht dem Berichtszeitraum zuzuordnen sind.

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