
Umsatz und Ergebnis des kommunalen Bremer Klinikverbundes Gesundheit Nord (Geno) lagen auch 2022 deutlich über den Plänen des Managements. Doch nicht das operative Geschäft, sondern Ausgleichszahlungen waren der Grund dafür: unter anderem aufgrund der Corona-Pandemie in Höhe von 94,8 Millionen Euro (2021 waren es 88,3 Millionen Euro).
Aufgrund dieser Kompensationen stieg der Umsatz 2022 gegenüber 2021 um 3,1 Prozent auf 782,5 Millionen Euro – geplant war ein Minus von rund drei Prozent. Der vom Unternehmen geschätzte Umsatzausfall von rund 21 Millionen Euro aufgrund des um 7,3 Prozent reduzierten CM (der CM-Plan wurde um 12,9 Prozent verfehlt) wurde damit deutlich überkompensiert.
Statt der geplanten roten Zahlen auf allen Ebenen der Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) verbesserten sich deshalb die Ertragskennziffern gegenüber 2021 und lagen im grünen Bereich: So stieg das EBITDA (vor dem Ertrag aus der Auflösung des Sonderpostens) um 15,9 Prozent auf 34,3 Millionen Euro, das EBIT um 86,6 Prozent auf 11,3 Millionen Euro und das EBT verbesserte sich von minus 3,6 auf plus 4,3 Millionen Euro.
Trotz der positiven Ertragslage und des von minus 1,8 auf plus 38,6 Millionen Euro verbesserten Cashflows aus operativer Geschäftstätigkeit hat sich die Bilanzqualität kaum verändert: Das Gesamtvermögen 2022 stieg von 995 auf 1037 Millionen – aufgrund der Ausgleiche, die zu einer Erhöhung des kurzfristigen Vermögens führten. Dabei waren 23 Prozent (2021: 24 Prozent) eigen-, 17 Prozent (2021: 19 Prozent) durch Fördermittel und wie im Vorjahr 23 Prozent durch Banken finanziert.
2023 wird es deutlich rot
Für 2023 erwartet das Unternehmen wieder deutliche Verluste: bei anhaltenden Sanierungserfolgen – sie beliefen sich 2021 und 2022 auf 26,5 und 26,2 Millionen und werden 2023 und 2024 in Summe auf 54 Millionen Euro taxiert – und einer leichten Leistungssteigerung von 1,4 Prozent in der Somatik.
Auf der Basis EBITDA ist bei der Muttergesellschaft Gesundheit Nord gGmbH, deren Abschluss vom Konzern nur unwesentlich abweicht, ein Minus von 18 Millionen Euro geplant und das EAT 2023 soll von plus 4,4 Millionen Euro 2022 auf minus 48 Millionen Euro fallen. Nach einem neuen Stand nach drei Quartalen 2023 wird das Defizit „nur“ bei minus elf Millionen liegen.
Für lange Zeit auf Unterstützung angewiesen
Zugleich zeichnet das Unternehmen die finanziellen Risiken auf, die darauf schließen lassen, dass auf unabsehbare Zeit die Hilfe der Gesellschafterin in Anspruch genommen werden muss. Denn der Investitionsstau ist erheblich: im psychiatrischen Bereich des Klinikums Bremen-Ost und vor allem am Standort Links der Weser – die stationäre Versorgung dort soll nach einem Mitte Dezember 2023 vorgestellten neuen Konzept an das Klinikum Bremen-Mitte verlagert und die ambulanten Angebote deutlich ausgebaut werden. Um die notwendigen Investitionen aus eigener Kraft stemmen zu können, ist eine EBITDA-Rendite von (vom Management geschätzten) 2,5 bis 4 Prozent nötig. Hiervon ist das Unternehmen noch meilenweit entfernt.
Gesundheit Nord (Geno):
Mit 100 924 (teil)stationären Fällen (CM 77435; CMI 1,054) ist die Geno mit einem Anteil von ca. 61 Prozent in der Somatik und nahe 100 Prozent in der Psychiatrie die Nummer eins in der stationären Krankenhausversorgung in Bremen.
Das Unternehmen entstand 2004 durch die Zusammenführung der zuvor als Eigenbetriebe geführten und 2014 zwecks Verbesserung der Steuerung zur Gesundheit Nord verschmolzenen Zentralkrankenhäuser Bremen Mitte, Ost und Nord sowie Links der Weser. Nachdem 2019 die Planungen deutlich verfehlt wurden, wurde ein neues Zukunftskonzept 2025 mit den Schwerpunkten Kostenreduzierung und Produktivitätssteigerung vorgelegt. Das Unternehmen hängt dabei finanziell an seiner Gesellschafterin, der Freien Hansestadt Bremen, die nach erheblichen finanziellen Zuschüssen in der Vergangenheit auch in der Zukunft unterstützen muss.
St. Elisabeth Gruppe: Finanzstabil trotz Herausforderungen
Finanziell weiterhin sehr stabil entwickelte sich auch 2022 die St. Elisabeth Gruppe GmbH Katholische Kliniken Rhein-Ruhr, eine Trägerin von vier somatischen Akut- und Fachkrankenhäusern, einer Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik mit einer angegliederten medizinischen Reha und einem verbundenen MVZ.
Der Umsatz der Gruppe stieg um 1,7 Prozent auf 561 Millionen Euro, zurückzuführen auf einen Anstieg der Fallzahlen bzw. des Case Mix um 5,3 bzw. 2,9 Prozent. Damit konnten die von 17,9 auf 7,8 Millionen Euro deutlich reduzierten Corona-Hilfen mehr als kompensiert werden.
Aufgrund überdurchschnittlich gestiegener operativer Kosten gab es auf allen Ebenen der GuV deutliche Ertragseinbußen: So reduzierte sich das EBITDA (vor dem Ertrag aus der Auflösung des Sonderpostens) um 47,6 Prozent auf 29,7 Millionen Euro, das EBIT um 20,6 Prozent auf 8,5 Millionen Euro und das EBT um 6 Prozent auf 7,6 Millionen Euro.
Stabile Vermögens- und Finanzlage
Allerdings bezeichnete das Management die Geschäftsentwicklung als sehr zufriedenstellend, was mit Blick auf die Gesamtbranche nachvollziehbar ist. Sehr stabil ist die Vermögens- und Finanzlage. Aufgrund der reduzierten Ertragslage halbierte sich zwar der Cashflow aus operativer Geschäftstätigkeit von 45 auf 20 Millionen Euro; und wegen hoher Investitionen von 70 Millionen Euro bzw. 12 Prozent vom Umsatz reduzierte sich auch die Liquidität. Sie ist allerdings mit 76 Millionen Euro (2021: 89 Millionen Euro) immer noch sehr ausreichend und überdeckt die von vier auf 29 Millionen Euro erhöhten Bankschulden deutlich.
Da das Vermögen aufgrund der hohen Investitionen deutlich von 509 auf 551 Millionen Euro anstieg, büßte die Bilanzqualität trotz der erwirtschafteten positiven EAT auf hohem Niveau leicht ein: Bei einer von 47 auf 44 Prozent reduzierten Eigenmittelquote erhöhte sich die Fremdkapitalquote leicht von 39 auf 41 Prozent. Für 2023 erwartet das Unternehmen bei einem Anstieg der Krankenhausleistungen um vier Prozent ein EBITDA von 21 Millionen Euro und einen niedrigen zweistelligen Fehlbetrag in Millionenhöhe. Ob dies so eintritt, bleibt abzuwarten. Zumal davon auszugehen ist, dass der Plan ohne Ausgleiche kalkuliert ist, die angesichts der problematischen Rahmenbedingungen im Krankenhauswesen in der ein oder anderen Form fließen werden.
Städtisches Klinikum Karlsruhe: Hohe Verluste in 2023?
Wenig zuversichtlich blickt das Städtische Klinikum Karlsruhe in die Zukunft. Das Unternehmen schreibt seit geraumer Zeit rote Zahlen. Für 2022 erhöhte sich beispielsweise der EAT-Verlust um 51 Prozent auf 29,9 Millionen Euro. Die um 5,7 Prozent auf 412,8 Millionen Euro erhöhten Erlöse reichten nicht aus, den Kostenanstieg auf allen Ebenen zu kompensieren. In der Folge stiegen der EBITDA- (vor dem Ertrag aus der Auflösung des Sonderpostens), EBIT- und EBT-Verlust um 26,4, 52,7 und 51,6 Prozent auf 19,7, 28,9 und 29,9 Millionen Euro. Das Eigenkapital rutschte wegen der Verluste unter die Nulllinie und die drohende Zahlungsunfähigkeit des Klinikums kann nur durch eine Patronatserklärung der Stadt Karlsruhe abgewendet werden, die die uneingeschränkte Zahlungsfähigkeit des Klinikums garantiert.
Verlustspanne von 22 bis 48 Millionen Euro im Plan 2023
Hinzu kommt: Obwohl der Neubau 2021 neue Klinikstrukturen für mehr Leistung ermöglichte, bleiben diese derzeit aus. Der Wirtschaftsplan 2023 signalisiert eine mögliche Verlustspanne von 22 bis 48 Millionen Euro ohne Kompensationszahlungen, was auf skeptische Aussichten deutet.
KMG Kliniken: Positives Ergebnis auch 2023 geplant
Aufgrund deutlich gestiegener Aufwendungen, unter anderem für externe Mitarbeiter, entwickelte sich 2022 der Ertrag der privaten KMG Kliniken nicht wie erwartet. Das Unternehmen arbeitet im Bereich Akut (Umsatzanteil 88 Prozent), Reha (fünf Prozent) und Pflege (fünf Prozent).
Umsatz steigt – aber Ertragsenttäuschung und unsichere Aussichten für 2023
Der Umsatz konnte zwar um 4,4 Prozent gesteigert werden, aufgrund einer Steigerung der Fallzahlen und Preise. Der Ertrag reduzierte sich allerdings auf allen Ebenen der GuV deutlich: Das EBITDA (vor dem Ertrag aus der Auflösung des Sonderpostens) reduzierte sich um 33,9 Prozent auf 14,7 Millionen Euro, das EBIT um 60 Prozent auf 4,6 Millionen Euro und das EBT um 75,9 Prozent auf 2,1 Millionen Euro. Erwartet hatte das Unternehmen ein Ergebnis auf Vorjahrshöhe! Da sich die Gesellschafter wie im Vorjahr eine Dividende von 4,9 Millionen Euro gönnten, verschlechterte sich die Bilanzqualität leicht: Das von 389 auf 377 Millionen Euro reduzierte Vermögen war nur gering zu 11 (2021 waren es 12) Prozent eigen-, zu unverändert 38 bzw. 20 Prozent über Fördermittel bzw. Banken finanziert. Für 2023 plant das Unternehmen einen leichten preis- und mengenbedingten Anstieg der Umsätze und ein positives Ergebnis. Letzteres wird ohne Ausgleichszahlungen von außen nicht einfach zu erreichen sein. Denn die Kosten werden 2022 sicherlich nicht nur leicht steigen und 2022 wurde unter dem Strich (nach Steuern) ein leichter Verlust von 0,5 Millionen Euro erzielt.
Was EAT, EBT & Co. bedeuten
EAT steht für „Earnings After Taxes" und bezeichnet den Gewinn oder Verlust eines Unternehmens nach Abzug von Steuern.
EBT steht für "Earnings Before Taxes" und beschreibt den Gewinn oder Verlust eines Unternehmens vor Steuern.
EBIT steht für "Earnings Before Interest and Taxes" und zeigt den Gewinn oder Verlust eines Unternehmens vor Abzug von Zinsen und Steuern.
EBITA steht für "Earnings Before Interest, Taxes, Depreciation and Amortization" und gibt den Gewinn oder Verlust eines Unternehmens vor der Abschreibung auf Sachanlagen und immaterielle Vermögenswerte an.
EBITDAR steht für "Earnings Before Interest, Taxes, Depreciation, Amortization and Rent" und bezeichnet den Gewinn oder Verlust eines Unternehmens vor der Berücksichtigung von Miete oder Leasingkosten.
Cashflow bezeichnet den Geldfluss, der durch die Geschäftstätigkeit eines Unternehmens generiert wird und ist eine wichtige Kennzahl der finanziellen Leistungsfähigkeit.
Casemix ist eine Methode zur Bestimmung von Fallpauschalen, welche die Behandlungskosten eines Patienten im Krankenhaus abdecken. Der Casemix wird durch die Kombination von Diagnose- und Behandlungsparametern, wie Alter, Geschlecht, Verweildauer und Schweregrad der Erkrankung, berechnet.
Periodenfremde Erträge sind Erträge, die nicht dem Berichtszeitraum zuzuordnen sind.
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