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Kassensturz im AugustRKH Gesundheit – Landkreise müssen zahlen

Die Krankenhausholding RKH trägt weder das wirtschaftliche Risiko ihrer Häuser, noch ist sie für deren Finanzierung zuständig. Stattdessen werden die Landkreise weiter kräftig zur Kasse gebeten. Größere Strukturveränderungen sind unwahrscheinlich.

kma Kassensturz
Thieme Gruppe
Jeden Monat analysiert der Börsenexperte Hartmut Schmidt die finanzielle Lage deutscher Krankenhäuser anhand von Jahresabschlüssen aus Geschäftsberichten und dem elektronischen Bundesanzeiger.

2022 setzte die RKH Regionale Kliniken Holding und Services GmbH den negativen Trend der Vergangenheit fort: Bei einem Umsatzanstieg um 6,6 Prozent auf 673 Millionen Euro verschlechterten sich auf allen Ebenen die Ertragskennziffern deutlich: Das EBITDA (vor dem Ertrag aus der Auflösung der Sonderposten) reduzierte sich um 37,1 Prozent auf 7,2 Millionen Euro, das EBIT von plus 1,9 auf minus 3,1 Millionen Euro und das EBT bzw. EAT von plus 1,3 bzw. plus 0,9 auf minus 4,3 bzw. minus 5,2 Millionen Euro. Nach den Gewinn-/Verlustanteilen der Landkreise, die weiterhin minderheitlich an ihren eingebrachten Krankenhäusern beteiligt sind, verblieben minus 2,6 Millionen Euro beim Konzern. Im Vorjahr waren es plus 0,5 Millionen Euro. Wie in den Jahren zuvor schwankte damit das Ergebnis um die Nulllinie. 

Größere Verluste werden aufgrund von Unterstützungen durch die Landkreise vermieden. Die sonstigen betrieblichen Erträge von 21,6 Millionen Euro (2021 waren es 12,1 Millionen Euro) enthielten gemäß den Erläuterungen zur Bilanz hauptsächlich die Erträge aus sonstigen Erstattungen von den Landkreisen. Und in den Zinserträgen waren die Zinserstattungen der Landkreise in Höhe von unverändert gegenüber dem Vorjahr 2,1 Millionen Euro verbucht. 

Finanzierung über Kassenkredite

Aufgrund der negativen Ertragslage und einem Aufbau von Forderungen verschlechterte sich der Cashflow aus operativer Geschäftstätigkeit von plus 15,4 auf minus 34,2 Millionen Euro. Das Unternehmen musste damit auch zur Deckung des Mittelabflusses aus der Investitionstätigkeit (34,4 nach 31,6 Millionen Euro im Jahre 2021) auf externe Finanzierungsquellen zurückgreifen. Es nahm 12,1 Millionen Euro neue Bankkredite auf (2021 waren es sieben Millionen Euro), 23 Millionen Euro Darlehen/Kassenkredite bei den Gesellschaftern – im Vorjahr wurden 48 Millionen Euro getilgt - und 19,9 Millionen Euro Betriebsmittelkredite bei Kreditinstituten. Die Finanzmittel (flüssige Mittel abzüglich Betriebsmittelkredite) haben sich dadurch von 33,6 Millionen Euro im Jahre 2021 auf 1,8 Millionen Euro Ende 2022 verringert. 

Dass diese Gemengelage eine weitere Verschlechterung der Bilanzqualität nach sich zog war offensichtlich: Das von 918 auf 1003 Millionen Euro erhöhte Gesamtvermögen war trotz einer Zuführung zur Kapitalrücklage durch den Enzkreis als Gesellschafter zum Ausgleich des Fehlbetrages der Enzkreiskliniken unverändert nur zu vier Prozent eigenfinanziert, zu 37 Prozent durch Fördermittel (2021 waren es 41 Prozent), zu 32 Prozent durch Banken (2021 waren es 31 Prozent) und fünf (2021 drei) Prozent durch Verbindlichkeiten gegenüber Gesellschaftern finanziert. Zu beachten ist, dass die Bankschulden von insgesamt 318 Millionen Euro (2021 waren es 286 Millionen Euro) vollumfänglich durch Landesbürgschaften gesichert sind: Da die Landkreise vertraglich für die Zins- und Tilgungsleistungen einstehen, könnten   diese Schulden mit den auf der Aktivseite bilanzierten 225 Millionen Euro Forderungen gegenüber Gesellschaftern (2021 waren es 207 Millionen Euro) saldiert werden.

Hohe Verluste auch 2023 erwartet

Für das Jahr 2023 rechnete das Unternehmen, als es den Jahresbericht 2022 Mitte 2024 veröffentlichte, mit einem Jahresergebnis von minus 24 Millionen Euro. Ob sich diese Erwartung realisiert hat, wird sich erst Mitte 2025 bei der Veröffentlichung der Zahlen im Bundesanzeiger zeigen. Zudem ist davon auszugehen, dass das Unternehmen auch vor dem Hintergrund der sehr geringen Liquidität 2023 wieder auf Finanzierungszuschüsse durch die Gesellschafter angewiesen war. Aus heutiger Sicht ist davon auszugehen, dass dies auch lange so bleiben wird. 

Aufsichtsrat mit 45 Mitgliedern

Problematisch ist das Konstrukt der RKH, weil größere Strukturveränderungen innerhalb des Konzerns unwahrscheinlich sind. Denn kein Landkreis wird mit größeren Veränderungen in seinen Krankenhäusern einverstanden sein, die ihn – zum Vorteil anderer – Geld kosten. Gegen weitreichende Veränderungen im Verbund spricht auch die Tatsache, dass der Aufsichtsrat im Jahre 2022 aus 45! Mitgliedern, vor allem Landräte und Bürgermeister der Gesellschafter, bestand. Zufriedenstellende Entscheidungen werden bei dieser hohen Anzahl von Personen in dem Gremium schwer möglich sein.

Der Vertrag des bisherigen Geschäftsführers Prof. Jörg Martin wird zum 30. September 2024 vorzeitig aufgehoben. Bisher leitete Jörg Martin die RKH in Personalunion. Nun wird er durch eine neue Doppelspitze abgelöst: Axel Hechenberger wurde zum 1. August kaufmännischer Geschäftsführer. Als medizinischer Geschäftsführer wird am 1. Oktober Dr.  Marc Nickel starten.

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RKH Regionale Kliniken Holding und Services GmbH

Die Anfang 2005 gegründete RKH Regionale Kliniken Holding und Services GmbH ist ein Verbund von Krankenhäusern und Gesundheitseinrichtungen im Südwesten Deutschlands. Von den 83077 Case-Mix-Punkten 2022 wurden 38 Prozent in Klinikum Ludwigsburg erbracht, 16 Prozent in der Orthopädischen Klinik Markgröningen, 15 Prozent im Krankenhaus Bruchsal, 14 Prozent im Krankenhaus Bietigheim-Vaihingen und die übrigen 17 Prozent in den Krankenhäusern Marbach, Mühlacker, Neuenburg und Bretten.

In den Krankenhäusern werden dabei überwiegend leichte Fälle behandelt. Der Case-Mix-Index (CMI) beträgt unter eins. Die Ausnahme bildet die Orthopädische Klinik Markgröningen, einem Kompetenzzentrum für Orthopädie und Rückenmarkverletzte und einem CMI von 1,40. Ziel der Holding ist es, den Konzern zu einem ganzheitlichen Anbieter von Krankenhausleistungen weiterzuentwickeln mit einem abgestimmten medizinischen Leistungsportfolio für alle Standorte („RKH als virtueller Maximalversorger“). Außerdem soll die Zukunft aller Standorte durch geeignete Spezialisierungen gesichert werden.

Das Eigentum an den Verbundkrankenhäusern liegt dabei zu 51 Prozent bei der RKH und zu 49 Prozent bei den Kommunen, die ihre Kliniken eingebracht haben. Dies sind die Landkreise Ludwigsburg und Karlsruhe, Stadt Bietigheim-Bissingen und Enzkreis, die auch Gesellschafter der RKH sind. Es ist dabei vertraglich geregelt, dass sie weiterhin das wirtschaftliche Risiko ihrer Häuser tragen und sie auch zukünftig finanziell (beispielsweise durch die Übernahme von Kapitaldiensten) unterstützen und das Eigenkapital sichern.

Weiterhin sehr stark entwickelte sich das Geschäft von Fresenius Helios auch im zweiten Quartal 2024: Während der Umsatz sich um sieben (intern sechs) Prozent auf 3230 Millionen Euro erhöhte, stiegen EBITDA und EBIT um 14 und 19 Prozent auf 485 und 357 Millionen Euro. Träger des Umsatz- und Ertragswachstums war vor allem das Spaniengeschäft mit Umsatz- und EBIT-Steigerungen von 13 und 33 Prozent auf 1348 und 201 Millionen Euro. 

In Deutschland stiegen Umsatz und EBIT „nur“ um drei und zwei Prozent auf 1882 und 157 Millionen. Damit erzielte Helios-Deutschland mit 8,3 Prozent (im Vorjahresquartal waren es 8,4 Prozent) eine deutlich geringere EBIT-Marge als die Spanien-Tochter (14,9 nach 12,6 Prozent). Für das Geschäftsjahr 2024 wurde das Umsatz- und EBIT-Ziel nicht verändert: Bei einem organischen Umsatzwachstum im niedrigen bis mittleren einstelligen Prozentbereich soll sich die EBIT-Marge zwischen neun und elf Prozent einpendeln. Damit liegt das Krankenhausgeschäft von Fresenius deutlich über dem Marktdurchschnitt, bei weiterhin (größenbedingt) guten Perspektiven. Für die Entwicklung des gesamten Konzerns zeigte sich das Management sehr zufrieden, und bezeichnete das Geschäftsjahr 2024 nach der schlechten Performance in der Vergangenheit und den ergriffenen Maßnahmen als einen Wendepunkt für Fresenius.

Operativ weiterhin gut zeigte sich das Geschäft von MediClin, einem führenden Anbieter im Bereich Reha (Umsatzanteil 66 Prozent) in Deutschland. Im Bereich Akut erwirtschaftet das Unternehmen 30 Prozent der Erlöse und im Bereich Pflege vier Prozent. Bei einer steigenden Nachfrage – die Auslastung der Kapazitäten stieg von 83,6 auf 85,2 Prozent – erhöhten sich Umsatz und Ergebnis im ersten Halbjahr 2024 um 0,9 Prozent auf 368 Millionen Euro (bereinigt um Schutzschirmleistungen und Desinvestitionen betrug das Plus 6,8 Prozent) und 5,9 Prozent auf 11,9 Millionen Euro.

Getragen wurde das Umsatzplus wie bereits in der Vergangenheit vom Sektor Reha, der auch aufgrund der erstmaligen Erfassung der Reha-Klinik am Sendesaal in Bremen (174 stationäre Betten, 100 Plätze ambulante Reha) zum 1. Mai 2024 den Umsatz um 4,9 Prozent auf 233,3 Millionen Euro steigern konnte. Im Sektor Akut reduzierten sich dagegen die Umsatzerlöse aufgrund der Abgabe des Herzzentrums Coswig zum 1. Januar 2024 um 7,9 Prozent auf 120,3 Millionen Euro.

Wesentlicher Grund der Ergebnissteigerung waren die von 5,3 auf 3,9 Millionen Euro reduzierten Verluste des Segments Akut. Die Sparte Reha musste aufgrund eines deutlichen Anstiegs der Materialkosten um 10,5 Prozent einen EBIT-Rückgang von 18 auf 17,5 Millionen Euro hinnehmen. Aufgrund dessen erwartet das Management für 2024 auch nur einen EBIT zwischen 33 und 39 Millionen Euro. Bei der Veröffentlichung des Quartalsberichts waren es noch zwischen 37 und 40 Millionen Euro. Die Umsatzprognose (Null bis minus zwei Prozent aufgrund von Konsolidierungseffekten) wurde dagegen nicht verändert.

Die Entwicklung des Geschäftsjahres 2023 stellte das Management der Johannesstift Diakonie gAG zufrieden: Bei einem Umsatzanstieg um sechs Prozent auf 782 Millionen Euro schrumpften EBITDA (vor dem Ertrag aus der Auflösung des Sonderpostens), EBIT und EBT zwar leicht um sieben, 12,7 und zwei Prozent auf 32,3, 11,1 und 11,4 Millionen Euro. Ursächlich hierfür waren vor allem die widrigen Marktumstände. Gleichwohl lagen die Ertragskennziffern über den im letzten Abschluss veröffentlichten Planzahlen: Das EBITDA lag um rund 25 Prozent über dem Plan, und das EAT um 900 Prozent! Da der um 22,3 Prozent auf 26,6 Millionen Euro gestiegene Cashflow aus der laufender Geschäftstätigkeit und der Mittelzufluss aus Finanzierungstätigkeit von 25,9 Millionen Euro (2022 waren es 15,8 Millionen Euro) ausreichte, den um 30 Prozent auf 34,7 Millionen Euro erhöhten Mittelabfluss aus Investitionstätigkeit zu decken, verbesserte sich die Bilanzqualität weiter: Das von 888 auf 923 Millionen Euro erhöhte Gesamtvermögen bestand zu 14 (2022: 12) Prozent aus liquiden Mitteln, war zu 39 (2022: 40) Prozent eigen-, zu 26 (2022: 27) fördermittel- und nur zu sechs (2022 sieben) Prozent bankenfinanziert. 

Für das laufende Geschäftsjahr erwartet das Unternehmen bei einer deutlichen Steigerung der Leistung um 7,4 Prozent auf 838 Millionen Euro einen Rückgang des EBITDA und EAT um sieben bzw. 36 Prozent auf 29,5 und 6,4 Millionen Euro. Die Planung berücksichtigt hierbei sowohl die Akquisition des Herzzentrums Coswig von der MediClin AG zum 1. April 2024 als auch den weiter steigenden Kostendruck. Da auch in der Vergangenheit die Pläne regelmäßig übertroffen wurden, ist zu erwarten, dass die Ist-Zahlen besser als geplant ausfallen werden. 

Obwohl sich das Unternehmen mit der Entwicklung der Geschäfte zufrieden zeigt, prangert es die Wettbewerbsverzerrungen durch die einseitige Subventionierung vieler öffentlicher Krankenhäuser aus Steuermitteln an. Diesen Zustand, der auf Dauer die Existenz der freigemeinnützigen Häuser gefährdet, will das Unternehmen nicht länger hinnehmen. Es beschreitet nach eigenen Aussagen daher gemeinsam mit anderen Krankenhausträgern den Rechtsweg, um faire Finanzierungsbedingungen durchzusetzen.

Was EAT, EBT & Co. bedeuten

EAT steht für „Earnings After Taxes" und bezeichnet den Gewinn oder Verlust eines Unternehmens nach Abzug von Steuern.

EBT steht für "Earnings Before Taxes" und beschreibt den Gewinn oder Verlust eines Unternehmens vor Steuern.

EBIT steht für "Earnings Before Interest and Taxes" und zeigt den Gewinn oder Verlust eines Unternehmens vor Abzug von Zinsen und Steuern.

EBITA steht für "Earnings Before Interest, Taxes, Depreciation and Amortization" und gibt den Gewinn oder Verlust eines Unternehmens vor der Abschreibung auf Sachanlagen und immaterielle Vermögenswerte an.

EBITDAR steht für "Earnings Before Interest, Taxes, Depreciation, Amortization and Rent" und bezeichnet den Gewinn oder Verlust eines Unternehmens vor der Berücksichtigung von Miete oder Leasingkosten.

Cashflow bezeichnet den Geldfluss, der durch die Geschäftstätigkeit eines Unternehmens generiert wird und ist eine wichtige Kennzahl der finanziellen Leistungsfähigkeit.

Casemix ist eine Methode zur Bestimmung von Fallpauschalen, welche die Behandlungskosten eines Patienten im Krankenhaus abdecken. Der Casemix wird durch die Kombination von Diagnose- und Behandlungsparametern, wie Alter, Geschlecht, Verweildauer und Schweregrad der Erkrankung, berechnet.

Periodenfremde Erträge sind Erträge, die nicht dem Berichtszeitraum zuzuordnen sind.

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