
Die verlustreiche Phase der Vergangenheit setzte sich für das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH) 2022 fort. Die finanziellen Löcher konnten nur durch das Land gestopft werden. Bei einem Umsatzanstieg um 5 Prozent auf 1189 Millionen Euro verschlechterten sich auf allen Ebenen die Ertragskennziffern deutlich: Das EBITDA (vor dem Ertrag aus der Auflösung der Sonderposten) reduzierte sich von plus 22,7 auf minus 2,4 Millionen Euro, das EBIT von plus 1,1 auf minus 20,4 Millionen Euro und der EBT- bzw. EAT-Verlust stieg von 23,7 auf 50,2 bzw. 27,2 auf 54 Millionen Euro.
Die Ertragszahlen waren zwar besser als geplant. Allerdings basierte diese Planüberschreitung ausschließlich auf dem Ausgleich der Corona-Verluste durch das Land Schleswig-Holstein. Vor Berücksichtigung des Ausgleichs betrug der Verlust 101,3 Millionen Euro, und lag um 8,9 Millionen Euro höher als geplant. Wesentliche Gründe hierfür waren neben den allgemeinen schwierigen Rahmenbedingungen im Krankenhausmarkt die Aufwendungen für das Öffentlich-Private-Partnerschaft (ÖPP)-Immobilienprojekt von 79,8 Millionen Euro (2021 beliefen sie sich auf 76,6 Millionen Euro).
Negatives Eigenkapital
Infolge dieser Verluste stieg der nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbetrag in der Bilanz von 458 Millionen Euro Ende 2021 auf 512 Millionen Euro in der Bilanz 2022. In der Eröffnungsbilanz zum 1. Januar 2005 betrug die Unterdeckung 13 Millionen Euro! Die bilanzielle Problematik, in der der Konzern steckt, verdeutlicht zudem der Anstieg der Bankschulden von 1188 Millionen Euro im Jahre 2021 auf 1243 Millionen Euro! Zum 1. Januar 2005 betrugen sie 35 Millionen Euro!
Die gesamten Bankschulden – von den 1243 Millionen Euro waren nur 70 Millionen kurzfristiger Natur – überdeckten dabei das (um die erhaltenen Fördermittel gekürzte) Anlagevermögen von 788 Millionen Euro (2021 waren es 783 Millionen Euro) deutlich. Die unter den Sonstigen Verbindlichkeiten verbuchten Schuldscheindarlehen beim Land von 100 Millionen Euro und gegenüber Drittmittelgebern von 93 Millionen Euro (2021: 84 Millionen Euro) kommen noch erschwerend hinzu. Aufgrund der Gewährträgerhaftung des Landes Schleswig-Holstein ist dieses bilanzielle Desaster allerdings kein Problem; der Fortbestand des USKH ist damit gesichert.
Hohe Verluste auch 2023 erwartet
Der vom Management formulierte Plan, aus eigener Kraft die Refinanzierung der Investitionskosten zu erreichen und die laufenden Kosten des Vertragswerkes bis 2044 aus den Expansions- und Finanzierungspotenzialen zu bestreiten, wird in der Zukunft schwer zu bewerkstelligen sein. Denn die ÖPP-Belastungen betragen in Summe immerhin 1100 Millionen Euro: 53 Millionen Euro hierfür fallen 2023 an und die Zinsaufwendungen – 2022 knapp 30 Millionen Euro – werden angesichts der Steigerung der Marktzinsen deutlich steigen. 2023 wird ein Jahresergebnis von minus 97 Millionen Euro erwartet, was gegenüber der letztjährigen mittelfristigen Finanzplanung 2022-2026 eine Verschlechterung um rund 51 Millionen Euro darstellt. Um die Liquidität auch in der Zukunft zu gewährleisten, wird das Land daher in der Zukunft weiter viel Geld in das Unternehmens pumpen müssen.
UKSH:
Die UKSH Universitätsklinikum Schleswig-Holstein AöR ist mit 2250 stationären und 177 Tagesklinik-Betten, 318 Tausend ambulanten und ca. 102 Tausend stationären und teilstationären Patienten das zweitgrößte Universitätsklinikum in Deutschland. Sie ist das einzige Krankenhaus der Maximalversorgung in Schleswig-Holstein und kooperiert zur Optimierung der Patientenversorgung mit niedergelassenen Ärzten, Krankenhäusern der Grund- und Regelversorgung sowie der Schwerpunktversorgung. Strategie ist es zu wachsen und die Kostenstrukturen zu verbessern und Margen zu steigern. Ein wesentlicher Baustein hierzu waren erhebliche Investitionen an den beiden Standorten in Kiel, die durch das Konsortium BAM/VAMED 2019 abgeschlossen wurden. Die Refinanzierung der Investitionskosten sowie die laufenden Kosten des Vertragswerkes werden das UKSH für eine lange Zeit belasten – in Summe beliefen sich die Verpflichtungen aus dem ÖPP-Modell Ende 2022 auf rund 1100 Millionen Euro bis 2044.
Charité: 2023 soll es etwas schlechter werden
2022 wurde wie in den Vorjahren der Plan übertroffen: Der Umsatz stieg um 2,8 Prozent auf 1626 Millionen Euro. Ein Anstieg des Casemix und des Landesbasisfallwertes um 1,4 und 2,3 Prozent konnte den Rückgang von Erlösen außerhalb des Budgets (vor allem Corona-Ausgleichzahlungen) überkompensieren. EBITDA (vor dem Ertrag aus der Auflösung des Sonderpostens), EBIT und EBT reduzierten sich zwar aufgrund der gestiegenen Inflation und Coronabelastungen um 74,4, 68,2 und 66,1 Prozent auf 139, 15 und sechs Millionen Euro. Mit plus 1,3 Millionen Euro wurde der EAT-Plan allerdings um 6,1 Millionen Euro übertroffen. Aufgrund eines von minus 142 auf plus 54 Millionen Euro verbesserten Cashflows aus laufender Geschäftstätigkeit in Verbindung mit einem leicht negativen Saldo zwischen Cashflow aus Investitions- (minus 158 nach 151 Millionen Euro) und Finanzierungstätigkeit (plus 41 nach minus 84 Millionen Euro) erhöhte sich die Liquidität wieder von 139 auf 180 Millionen Euro. Die Bilanzqualität blieb damit auf einem weiterhin guten Niveau.
Das Gesamtvermögen erhöhte sich gegenüber 2021 von 2279 auf 2482 Millionen Euro. Dieses war zu unverändert vier Prozent kaum eigen-, zu 50 (2021: 54) Prozent hoch fördermittel- und ohne Banken finanziert. Nachdem der Plan 2022 überschritten wurde, ist aus heutiger Sicht davon auszugehen, dass auch der EAT-Plan 2023 von minus vier Millionen Euro wiederum übertroffen wurde.
Charité:
Die Charité Universitätsmedizin Berlin wurde 2003 durch die Fusion des Universitätsklinikums Charité der Humboldt-Universität zu Berlin und des Universitätsklinikums Benjamin Franklin der Freien Universität Berlin gegründet. Mit 3099 Betten, 17592 Mitarbeitern (Vollkräfte) und 9879 Studierenden gehört sie nach eigenen Aussagen zu den größten Universitätskliniken in Europa und erstreckt sich auf die vier bettenführenden Standorte Campus Benjamin Franklin, Campus Mitte, Campus Virchow-Klinikum und Campus Berlin Buch.
UKGM: Leichte Ertragsteigerung 2023 erwartet
Beim Universitätsklinikum Gießen Marburg (UKGM) ist im Gegensatz zu den anderen Universitätskliniken die Forschung und Lehre, bezahlt vom Land Hessen, vom Krankenhausbetrieb getrennt. Das Unternehmen wurde 2006 privatisiert und entwickelt sich nach erheblichen eigenfinanzierten Investitionen (755 Millionen Euro seit der Privatisierung) gut. 2022 konnte der Umsatz um 0,4 Prozent auf 961 Millionen Euro gesteigert werden: Ein Rückgang des Casemix um 4,6 Prozent und der Corona-Ausgleichszahlungen von 36,4 auf 31,4 Millionen Euro konnte durch einen Anstieg des Landesbasisfallwertes, erhöhte Vergütungen für die Leistungen der Hochschulambulanzen und gestiegene Apothekenverkäufe überkompensiert werden. Während sich das EBITDA (vor Erträgen aus der Auflösung des Sonderpostens) und das EBIT um 2,8 und 1,3 Prozent auf 47,9 und 22,2 Millionen Euro reduzierten, stiegen EBT und EAT aufgrund eines Beteiligungsertrages von zwei Millionen um 15,6 und 15,8 Prozent auf 16,4 und 14,1 Millionen Euro. Damit entwickelten sich EBITDA bzw. EAT unter bzw. über dem bei der Veröffentlichung der Zahlen 2021 veröffentlichten Plan des Unternehmens, diese beiden Ertragskennziffern jeweils leicht gegenüber dem Vorjahr zu steigern.
Für 2023 plant das Unternehmen sowohl beim Umsatz als auch beim EBITDA und beim EBT ein leichtes Plus. Dies ist realistisch. Angesichts der Größenvorteile und der Möglichkeit der zunehmenden Zusammenarbeit mit den Kliniken vom Rhön-Klinikum und der Asklepios-Gruppe sind dem Unternehmen positive Perspektiven zu bescheinigen.
UK Mannheim: Hohe Verluste 2023/2024 erwartet
Die für das Geschäftsjahr 2022 vorgelegten Zahlen für das Universitätsklinikum Mannheim waren ebenso wenig erfreulich wie der Ausblick für 2023 und auch 2024. Land und Stadt werden daher hoffen, dass sich das Bundeskartellamt schnell und positiv über den angestrebten Verbund mit der Universitätsklinikum Heidelberg entscheidet.
Im Einzelnen zeigte sich für das Berichtsjahr 2022 ein Umsatzrückgang von 5,4 Prozent auf 396 Millionen Euro. Dieses Minus war auf die Entkonsolidierung des Bereichs Altenpflege zurückzuführen, der 2021 noch 23,6 Millionen Euro zu den Erlösen beitrug. Der Casemix stieg um 3,8 Prozent auf 42 867 Punkte. Ertragsmäßig zeigten sich auf allen Ebenen der Gewinn- und Verlustrechnung wie im Vorjahr rote Zahlen, das Minus fiel jedoch geringer als 2021 aus: Beim EBITDA (vor dem Ertrag aus der Auflösung des Sonderpostens) reduzierte sich das Minus von 45,1 auf 36,7 Millionen Euro, beim EBIT von 53,7 auf 43,8 Millionen Euro und beim EBT von 55,5 auf 45,1 Millionen Euro. Da auch der Cashflow aus operativer Geschäftstätigkeit mit 49,7 Millionen Euro (2021 waren es minus 53,2 Millionen Euro) deutlich negativ war, musste der Gesellschafter – die Stadt Mannheim – wiederum deutliche Zuzahlungen von 70,1 Millionen Euro (2021 waren es 30,4 Millionen Euro) leisten, um den laufenden Betrieb und die Investitionen zu finanzieren.
Das Geschäftsjahr wird 2023/24 nicht viel besser ausgesehen haben bzw. aussehen: Bei der Erstellung des Abschlusses 2022 erwartete das Management für 2023 ein EBITDA von minus 65 Millionen Euro, das 2024 nicht deutlich geringer ausfallen wird. Der Liquiditätsbedarf wurde daher auf 67 Millionen Euro in 2023 und 60 Millionen Euro in 2024 beziffert. Um die Zahlungsfähigkeit weiter zu garantieren, werden Stadt und Land 2023 und auch 2024 weiter deutlich zur Kasse gebeten werden. Zugleich werden beide hoffen, dass die Fusion mit dem Universitätsklinikum Heidelberg rasch über die Bühne gehen kann, um die gemeinsame Leistung zu erhöhen und die Effizienz zu steigern.
Was EAT, EBT & Co. bedeuten
EAT steht für „Earnings After Taxes" und bezeichnet den Gewinn oder Verlust eines Unternehmens nach Abzug von Steuern.
EBT steht für "Earnings Before Taxes" und beschreibt den Gewinn oder Verlust eines Unternehmens vor Steuern.
EBIT steht für "Earnings Before Interest and Taxes" und zeigt den Gewinn oder Verlust eines Unternehmens vor Abzug von Zinsen und Steuern.
EBITA steht für "Earnings Before Interest, Taxes, Depreciation and Amortization" und gibt den Gewinn oder Verlust eines Unternehmens vor der Abschreibung auf Sachanlagen und immaterielle Vermögenswerte an.
EBITDAR steht für "Earnings Before Interest, Taxes, Depreciation, Amortization and Rent" und bezeichnet den Gewinn oder Verlust eines Unternehmens vor der Berücksichtigung von Miete oder Leasingkosten.
Cashflow bezeichnet den Geldfluss, der durch die Geschäftstätigkeit eines Unternehmens generiert wird und ist eine wichtige Kennzahl der finanziellen Leistungsfähigkeit.
Casemix ist eine Methode zur Bestimmung von Fallpauschalen, welche die Behandlungskosten eines Patienten im Krankenhaus abdecken. Der Casemix wird durch die Kombination von Diagnose- und Behandlungsparametern, wie Alter, Geschlecht, Verweildauer und Schweregrad der Erkrankung, berechnet.
Periodenfremde Erträge sind Erträge, die nicht dem Berichtszeitraum zuzuordnen sind.
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