

Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-SV), die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) und die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) wurden vom Gesetzgeber beauftragt, ein gemeinsames Gutachten zur Reform des Katalogs zum ambulanten Operieren zu erarbeiten. Jetzt hat das unabhängige IGES-Institut den Entwurf vorgelegt. Die Auswirkungen könnten für die Kliniken massiv sein!
Ausgangsbasis und Aufgabenstellung
Das vom IGES Institut angefertigte Gutachten sollte folgende drei grundlegende Themen untersuchen:
- Ermittlung des Standes (unter Berücksichtigung internationaler Vergleiche) der medizinischen Erkenntnisse über ambulant durchführbare Operationen und stationsersetzende Behandlungen
- Benennung konkreter Operationen und stationsersetzender Behandlungen
- Analyse unterschiedlicher Maßnahmen zur Falldifferenzierung nach Schweregrad
Als Vergleichsländer wurden Österreich, die Schweiz, Großbritannien, Dänemark und die USA ausgewählt.
Infrastruktur wird zum Key-Success Faktor
Grundsätzlich werden in dem Gutachten zwei Strukturen unterschieden:
Nutzung der stationären Strukturen: Hierbei werden lediglich prä- und postoperative Prozesse im Vergleich zum stationären Prozess verändert. Die eigentliche Operation findet im Zentral-OP eines Klinikums statt.
- Nachteil: Notfalleingriffe der Klinik können die straffen Prozesse des ambulanten Operierens stören und ineffizient machen.
- Vorteil: Es entstehen keine neuen infrastrukturellen Fixkosten.
AOP-Zentren: AOP-Zentren können räumlich getrennt in der Obhut von Krankenhäusern oder gänzlich unabhängig von einer Klinik betrieben werden.
- Vorteil: Der Prozess kann optimiert werden und wird nicht durch das Tagesgeschäft einer Klinik gestört
- Nachteil: Es sind infrastrukturelle Investitionen notwendig.
In den meisten Ländern wird das zweite Modell als „Model of Best Practice“ beschrieben.
Qualitätssicherung und Patientenorientierung
Eine weitreichende Ambulantisierung wurde in Vergleichsländern von umfassenden Maßnahmen zur Schaffung von Qualitätstransparenz, Qualitätssicherung und Patientenorientierung begleitet. So ist beispielsweise in den USA eine Datenübermittlung für Qualitätsprogramme verpflichtend, die bei nicht Einhaltung über Vergütungsabschläge sanktioniert wird. In England und Dänemark sind weitreichende Strukturen für die Patientenpfade inklusive Aufnahme- und Entlassungsprozedere sowie die Patientenaufklärung eingeführt.
Es ist davon auszugehen, dass auch in Deutschland deutlich mehr Transparenz im Bereich des ambulanten Operierens durch die Übermittlung standardisierter Daten, ähnlich wie der Abrechnungsdatensatz nach §21 KHEntG, kommen wird.
Ambulante Operationen – Analysekriterien
Für die Status Quo Analyse hat das IGES-Institut vorwiegend Leistungsbereiche, auf welche folgende Kriterien zutreffen, untersucht. Die erbrachten bislang stationären Leistungen werden aktuell
- teil- oder vorstationär erbracht
- die Behandlungsfälle haben einen sehr kurzen stationären Aufenthalt (Kurzlieger)
- die Behandlungsfälle weisen ambulant-sensitive Diagnosen auf
- die Behandlungsfälle betreffen den Gegenstand der primären Fehlbelegungsprüfung durch die KrankenkassenLeistungen des AOP-Katalogs
- Ambulante selektivvertragliche Leistungen
- Ergebnisse und Interpretation der Analyse
Die Ergebnisse des Gutachtens haben Sprengkraft. Das IGES-Institut geht davon aus, dass 2 476 OPS-Kodes in einen neuen AOP-Katalog integrierbar wären. Das entspricht einen Zuwachs im Vergleich zum Status Quo von 86 Prozent. Allerdings hat das Institut bislang keine Kategorisierung (Kategorie 1 und 2) zu den Erweiterungen vorgenommen.
Auswirkungen für Kliniken
Für die Krankenhäuser könnten je nach Ausgestaltung die Auswirkungen drastisch ausfallen. Erste Analysen haben wir hierzu im BinDoc Cube durchgeführt. Diese sind zweifelsfrei noch mit großer Vorsicht zu genießen, da bislang weder die Kategorien noch die Vergütung abschließend geklärt sind. Die potenziellen Auswirkungen auf die Kliniken werden insbesondere von der Kategorisierung abhängen. Werden die empfohlenen OPS-Kodes der Kategorie 1 zugeschlagen, wird sich das in vielen Kliniken sehr stark auf die stationären Erlöse auswirken.
| Anteil AOP-Leistungen an aDRG-Erlösen | |
| Klinik Status Quo (AOP-Katalog Kategorie 1 alt) | 5,6% der DRG-Erlöse |
| Klinik Zukunft (AOP-Katalog neu nicht kategorisiert) | 35,5% der DRG-Erlöse |
Fazit
Nach dem Vorstoß im Bereich der Krankenhausplanung durch das Bundesland NRW wird nun der zweite wichtige strategische Indikator für die Krankenhäuser in Deutschland eingezogen. Für die Kliniken bedeutet dies eine intensive Auseinandersetzung mit der strategischen Ausrichtung. Auch hier gilt: Wer sich früh mit der Analyse des Status Quo und den strukturellen Veränderungen, die für die Zukunft notwendig sein werden, auseinandersetzt, kann zu den Gewinnern der Reform zählen.

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