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Der kma Entscheider-Blog

kma Entscheider BlogErhaltet das Homeoffice!

Die Diskussion um das Homeoffice ist in den letzten Monaten eine grauenhafte Schwarz-Weiß-Malerei geworden. Entweder es wird gehypt oder schlechtgeredet. Dabei ist wie bei allen komplexen Themen eine vernünftige und differenzierte Betrachtung wichtig. Arbeiten von zuhause, geht das auch im Krankenhaus? Aber natürlich – mit den richtigen Spielregeln.

Martin Camphausen
Falco Peters/JP|KOM
Martin Camphausen, ehemaliger Leiter Marketing und Employer Branding bei der Klinikverbund Südwest GmbH.

Krankenhäuser haben die Tendenz, alles in die Steinzeit zurückzudrehen, wenn der Druck von außen nachlässt. In Sachen moderner Arbeitsplatz sind in den Krisenmonaten an nur wenigen Stellen Best Cases entstanden. Nur wer einen klaren Fahrplan und eine ernsthafte Digitalisierungsstrategie hatte oder gar mitten in der Digitalisierung war, hat den Handlungsdruck als Booster verstanden und genutzt. Alle anderen hatten einen kurzen, blitzlichtartigen Einblick in die moderne Arbeitswelt, bevor jetzt wieder alles so gemacht wird wie zuvor.

Zukunft statt Zustand

Fast täglich gibt es Meldungen zu Unternehmen, die sich Spielregeln für das Gelingen von Homeoffice einfallen lassen. Der Eindruck über Krankenhäuser lässt sich dagegen im Wesentlichen so zusammenfassen: „Wie gut, dass sich dieses Internet nicht dauerhaft bis nach Hause durchgesetzt hat. Was wäre da für ein Berg Arbeit außerhalb der Komfortzone auf uns zugekommen.“ Wenn Krankenhäuser allerdings auch im Verwaltungsbereich attraktiv bleiben wollen, kommen sie um kollaborative Strukturen und Arbeitsweisen nicht herum. Wobei wir hier beim Kern des Problems wären: Es geht nicht um die Zukunft, es geht um Verwaltung. Mit einem To-Do-Listen-Abhak-Mindset und Ist-Zustands-Beschreibungen statt Zukunftsszenarien wird eine dauerhafte Umstellung nicht gelingen. Und ja, das ist der wahre Change: Der in den Köpfen. Alles andere ist nur Technik.

Digital statt analog

Doch statt Aufbruchstimmung begegnet einem eher die Haltung: „Homeoffice? Das ist doch der Zustand, bei dem Mitarbeiter einen bezahlten Urlaubstag nehmen und die Füße lange machen“. Dabei hat Corona gezeigt, dass Homeoffice funktionieren kann – und sollte, wo es geht. Allerdings müssen ein paar Updates in die Setups der Organisationen. Was heißt das? Digitale Identität für alle Mitarbeiter wie ein persönliches E-Mail-Postfach oder mit allen Services verknüpfte Mitarbeiterausweise, Zugang zu Mehrwertdiensten wie einem Social Intranet/Mitarbeiter-App oder digitaler Dienstplangestaltung sowie eine moderne Arbeitsplatzumgebung mit Zugang zu E-Learning, Urlaubskonten und Gehaltsabrechnungen.

Und ja, das Einrichten und die Lizenzen kosten Geld. Es kostet aber viel mehr, wenn über die berühmten „Eh schon da-Kosten“ schlechte Infrastrukturen ausgeglichen werden müssen: Überquillende und unübersichtliche Serverablagen, kaum zu überblickende Rechtestrukturen, keine parallele Bearbeitung von Dokumenten, Präsenzformate jeglicher Art, um nur einige zu nennen. Da spürt man direkt die Wärme der Feuerstelle in der Höhle – und offenbar hat man sich nach ihr gesehnt.

Kollaboration statt Koexistenz

Jegliches kollaborative Arbeiten wird ausbremst. Manchmal mit dem Verweis darauf, dass niemand damit umgehen könne, sowieso nur Verwaltungsmitarbeiter solche Strukturen nutzen würden und dergleichen mehr. Wenn man alles auf der Welt gelassen hätte, was Menschen zu Beginn noch nicht konnten, würden wir weiter mit einem Bärenfellumhang und Speer umherjagen. All diese Feststellungen sind umso mehr ein Grund, sich dem Thema intensiver anzunehmen. Und nein, Homeoffice im Krankenhaus ist weder automatisch gut noch ohne Weiteres umzusetzen. Man sollte aber nicht abwarten, bis ein gesetzliches Recht auf Homeoffice eingeführt wird, sondern im eigenen Interesse handeln und zur eigenen Organisation passende Spielregeln festlegen – samt Schulungen für digitales Führen. Nestwärme kann auch außerhalb von Höhlen erzeugt werden. Beispielsweise im heimischen Arbeitszimmer – oder von ihm aus.

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