
Manuel Heurich, Gründer und Geschäftsführer der BinDoc GmbH und Dozent an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg.
In der ersten Session diskutierten die Vertreter aus Politik, Krankenkassen und Krankenhäuser den aktuellen Wandel der Gesundheitsversorgung im Spiegel der gesellschaftlichen und politischen Veränderungen. Thomas Lemke, Vorsitzender des Vorstandes der Sana Kliniken AG, führte an, dass der Wandel zu immer stärkerer Regulierung gefährlich für freiheitliches Denken und Handeln sei. Diesem Credo folgten auch die anderen Kollegen der privaten Klinikträger in der anschließenden Diskussionsrunde. Sowohl Marco Walker, COO der Asklepios Kliniken, als auch Enrico Jensch, Geschäftsführer Helios Privatkliniken GmbH, bemängelten politische Klarheit, insbesondere, wenn es um die Schließung von Kliniken geht.
Aus vielen Statements der privaten Klinikbetreiber aber auch Geschäftsführer von freigemeinnützigen und öffentlichen Häusern war zu erkennen, dass sie ihre Investitionsentscheidungen nicht mehr von landespolitischen Einflüssen und Förderquoten abhängig machen. „Wir haben es uns abgeschminkt, Dinge zu tun, nur weil es Fördermittel dafür gibt“, betonte der Helios COO Enrico Jensch und setz damit ein Zeichen in Richtung Politik. Diese Einstellung könnte ein wichtiger Schritt sein, den Druck auf die Einführung der längst überfälligen monistischen Finanzierung zu erhöhen.
Ambulantisierung und Krankenhausplanung bleiben TOP-Themen
Dass die Ambulantisierung und das neue IGES-Gutachten die Sektoren durcheinanderwirbeln können, darüber waren sich fast alle Redner einig. Bei der Umsetzungsstrategie aus Krankenhaussicht war allerdings noch kein einheitlicher Trend zu erkennen. Sicher ist nur, dass alle Kliniken an der Status Quo Analyse ihrer eigener Häuser arbeiten müssen, um schnell agieren zu können, wenn die finale Ausgestaltung des zukünftigen AOP-Katalogs verabschiedet wird. Diese Erkenntnis wird sehr wichtig sein, betrachtet man die Auswirkungen des aktuellen Gutachtens.
Bei mittelgroßen Kliniken (300 Betten) liegt der relative Anteil an ambulant-sensitiven Fällen nach Kontextprüfung II bei durchschnittlich knapp 20 Prozent. Dieser Anteil der stationären Fälle ist gefährdet. Je nach finaler Ausgestaltung und der individuellen Patientencharakteristika, wird sich der Anteil vermutlich nochmals deutlich reduzieren. Nichtsdestotrotz ist schon jetzt absehbar, dass dies zu Verwerfungen in den Kliniken führen könnte und neue Prozess- und Infrastrukturkonzepte benötigt werden.
Zum Thema Krankenhausplanung gab Michael Steinger, Leiter Projekt Gemeinsame Gesundheitsregion GGR, Kanton Basel-Landschaft, einen sehr interessanten Einblick zum schweizerischen Vorgehen. Dieses gleicht in vielen Teilen dem neuen Krankenhausplanungskonzept des Bundeslandes NRW, das seine Krankenhausplanung zukünftig auf Leistungsgruppen aufbaut. Trotz einiger regulatorischer Eingriffsmöglichkeiten, basiert dieses Konzept zunächst auf objektiven Daten und zwingt die Kliniken, wenn sie als planungsrelevant eingestuft werden wollen, zu einer stärkeren Fokussierung auf Kernleistungsspektren. Wenn individuelle politische Einflüsse auf die Krankenhausplanung auf ein Minimum reduziert werden, kann dieser Ansatz sehr positive Wirkungen auf die Qualität entfalten.
Pflegebudget
Die Diskussionen um das Pflegebudget, deren Höhe und Vereinbarung mit den Krankenkassen brechen auch 3 Jahre nach der Einführung nicht ab. Viele sehen darin den Beginn der Entökonomisierung des DRG-Systems in Richtung Kostenerstattung. Dass diese Abkehr alles andere als sinnvoll ist, könnten die aktuellen Diskussionen nicht besser belegen. Reine Kostenerstattungsansätze führen zu massiven Ineffizienzen in der Patientenversorgung und zu hohen Verwaltungskosten in der Kontrolle und Umsetzung. Das Pflexit Beispiel zeigt dies anschaulich und sollte der Politik eine Warnung sein, das Gesundheitssystem noch stärker zu regulieren und den Leistungserbringern noch weniger Freiheit für innovative Versorgungs- und Organisationsmodelle zu geben.
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