
Unter Bundesgesundheitsminister Jens Spahn nahm die Digitalisierung des Gesundheitswesens nach Jahrzehnten des Stillstands endlich ihren Lauf: Vom Digitale-Versorgung-Gesetz (DVG) bis zum Krankenhauszukunftsgesetz (KHZG) wurde eine Reihe regulatorischer Maßnahmen eingeführt, um der Gesundheitsversorgung hierzulande ein umfangreiches Update zu verpassen.
Allerdings wurden die Anstrengungen von vielen Teilnehmenden im Gesundheitswesen selbst lange Zeit nur zaghaft aufgenommen. Wie amerikanische Technologieunternehmen in einer Umfrage in Kooperation mit YouGov jüngst herausfand, greift rund ein Viertel der deutschen Klinikärzte bei der Dokumentation noch zu Stift und Papier (24 Prozent). Eine Mehrheit von 68 Prozent der Ärztinnen und Ärzte setzt zur Dokumentation den PC oder Laptop ein (68 Prozent), fünf Prozent benutzen ein Tablet oder Smartphone.
Auch die Kommunikation der Klinikangestellten untereinander wurde bei der Umfrage unter die Lupe genommen. Das Ergebnis: Klinikangestellte tauschen sich mehrheitlich persönlich (75 Prozent) oder über stationäre Telefone aus (65 Prozent). Ein Mobiltelefon benutzt jeder zweite (47 Prozent), Videotelefonie per App wird selten verwendet (3 Prozent).
Digitalisierung der Pflege drängt
Während die Kommunikation in Kliniken also weiterhin nur bedingt digital abläuft, fordert das Bündnis „Digitalisierung in der Pflege“ von der kommenden Bundesregierung, die Digitalisierung der Pflege voranzutreiben. Das Bündnis äußert dabei vier Kernanliegen:
- die Einrichtung eines Kompetenzzentrums Digitale Pflege
- das Erstellen eines Nationalen Strategieplans „Digitalisierung in der Pflege“
- eine digitale Mindestausstattung für Pflegeeinrichtungen
- die Erstattung der Digitalisierungsausgaben.
Das Bündnis wurde vom Bundesverband Gesundheits-IT und dem Verband der diakonischen Dienstgeber in Deutschland initiiert. Ebenfalls zum Bündnis zählen der Deutsche Pflegerat, der Deutsche Evangelische Verband für Altenarbeit und Pflege, der Fachverband Informationstechnologie in Sozialwirtschaft und Sozialverwaltung, der Verband für Digitalisierung der Sozialwirtschaft und der Verband katholischer Altenhilfe in Deutschland e.V.
Es braucht Mut und Best-Practice-Beispiele
Das Dilemma wird deutlich: Während Vertreter aus Industrie und Versorgung Lösungen entwickeln und mehr strategische Überlegungen von der Politik einfordern, sind Ärzte und Angestellte – also diejenigen, die tagtäglich mit der Digitalisierung arbeiten müssen – sehr zaghaft im Gebrauch mit den modernen technologischen Möglichkeiten. Das Problem wird dauerhaft nur gelöst werden können, wenn der Wille zur Innovation aus dem System heraus immer größer wird, was mit Best-Practice-Beispielen der Digitalisierung in Gesundheit und Pflege einhergeht. Davon gibt es noch zu wenige bzw. zu wenige Beispiele, die sichtbar sind.
Politik, Verbände und Versorger wären hier also gut beraten, noch stärker zusammenzuarbeiten und die Innovation nicht nur regulatorisch voranzutreiben, sondern Kliniken, Arztpraxen und Unternehmen, die die Digitalisierung des Gesundheitswesens nicht nur propagieren, sondern diese erfolgreich verkörpern, stärker in den Dialog mit den Skeptikern miteinzubeziehen.


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