Digitalisierungsdesaster an allen Ecken und Enden
Wenn sich Deutschland irgendwo in der Welt blamieren will, dann muss nur von der Digitalisierung des öffentlichen Sektors berichtet werden. Auf Twitter werden im Wochentakt Witze über das Faxen oder die umständliche analoge Papierarbeit verbreitet. Digitalexperten wundern sich seit vergangenem Herbst, dass die Corona-Warn-App nicht weiterentwickelt wurde, wo sie doch gleichermaßen nutzlos wie überteuert zu sein scheint.
Zudem wurde seit neun Monaten der Pandemie keine einheitliche, vernetzte und digital-gestützte Ausstattung der Gesundheitsämter vorgenommen. Beides liegt im Aufgabenbereich der Politik und ist 2021 dringend nachzubessern! Auch die Nine-to-Five Mentalität mit der scheinbar während einer Pandemie bei den Ämtern gearbeitet wird, während Menschen in Gesundheitsberufen teilweise zehn und mehr Tage durcharbeiten, in Schichten und Schutzausrüstung, ist unverständlich.
Warum der Staat keine größeren Anstrengungen unternimmt, ist äußert fraglich. Der nächste Punkt ist nun die Terminierung der Impfungen. Es darf im 21. Jahrhundert keine große Hürde mehr sein, einen Termin über verschiedene Kanäle bereitzustellen. Immerhin kann ich seit schon seit mindestens zehn Jahren einen Flug über das Internet, das Telefon oder am Schalter am Flughafen buchen. Wir müssen endlich anfangen die verfügbaren Technologien auch im öffentlichen Sektor einzusetzen! Möglicherweise muss der Markt für privatwirtschaftliche Unternehmen geöffnet werden, wenn Ämter und Bürokratie an dieser Stelle nicht vorwärtskommen.
Finanzierungslücken schnell thematisieren und schließen
Die noch bestehende umfangreiche Kurzarbeiterregelung täuscht darüber hinweg, dass nach der Pandemie möglicherweise hunderttausende Menschen keinen Arbeitsplatz mehr haben werden. Zudem führen die Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung voraussichtlich zu einem Massensterben von Kleinunternehmen im Handel und der Gastronomie, möglicherweise auch bei freien Berufen.
Die bevorstehende Wende des Einzahlerrückgangs in den sozialen Sicherungssystemen könnte durch die Pandemie noch deutlich früher eintreten. Szenarien in denen die gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherungen mit deutlichen Einbußen auf der Einnahmenseite bei etwa gleichbleibender oder steigender Ausgabenbelastung konfrontiert werden, müssen 2021 ebenfalls eine maßgebliche Rolle spielen.
Was würde das für die Beitragssätze bedeuten und damit auch für die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen? Oder wie könnten die Ausfälle vorübergehend mit Steuermitteln ausgeglichen werden, damit die Beitragssätze nicht nach oben schießen? Kann der Corona-Hilfsfond der EU dafür angezapft werden? Sollten diese Szenarien letztendlich nicht eintreten, können sie dennoch als Blaupause für die 2030er Jahre genutzt werden.
Das Aufgabenfeld für 2021 ist umfassend. Im Hinblick auf die Bundestagswahl besteht die Hoffnung, dass sich die Politik tiefergehend mit den Fragen befasst und Lösungsstrategien für ein nachhaltiges und zukunftsfähiges Gesundheitssystem entwickelt. Scheinbare Vorzüge gegenüber der ausländischen Gesundheitsversorgung dürfen nicht über bestehende Schwachstellen hinwegtäuschen. Bei der Entwicklung von Lösungen und der Formulierung von Zielen sind auch alle Akteure der Selbstverwaltung sowie die Zivilgesellschaft einzubeziehen. Und zwar schnell!


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