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Der kma Entscheider-Blog

kma Entscheider BlogWie Kliniken den Finanzschock vermeiden können

Das Klinikum Stuttgart meldete am 16. Juli 2021 einen regelrechten Finanzschock. Der Jahresfehlbetrag ist von 11,1 Millionen Euro auf 43,4 Millionen Euro gestiegen. Der Verlust pro Planbett liegt damit bei knapp 20.00 Euro. Wie können Kliniken derartige Defizite vermeiden?

Manuel Heurich
BinDoc
Manuel Heurich, Gründer und Geschäftsführer der BinDoc GmbH und Dozent an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg.
Dashboard Leistungscontrolling
bindoc.de
Dashboard Leistungscontrolling

Es war sicherlich keine leichte Aufgabe für den kaufmännischen Vorstand des Klinikum Stuttgarts am Freitag das Ergebnis für das Jahr 2020 zu verkünden. Mit 43,4 Millionen Euro ist das Klinikum raketenartig tiefer in die Verlustzone gerutscht. Zwar befindet sich das Klinikum Stuttgart schon seit geraumer Zeit in der Verlustzone, dennoch ist diese Dimension neu.

Der Pressemitteilung zum Finanzergebnis war zu entnehmen, dass das Jahr 2020 von Sonderausgaben, die im Rahmen der Corona-Pandemie entstanden sind, geprägt war. Darüber hinaus sind – wie in vielen anderen Kliniken – die Patientenzahlen um 10 Prozent eingebrochen. Die Pandemie war und ist sicher eine Ausnahmesituation für die Kliniken. Trotzdem können sich Kliniken durch eine systematische Leistungs- und Finanzreportingstruktur nachhaltig aufstellen!

Zu den zentralen Strukturen eines systematischen Reportings zählen die Medizinstrategie und das Leistungscontrolling sowie eine detaillierte Budgetierung im Finanzbereich. Alle Tools sollten sämtlichen Entscheidungsträgern transparent gemacht werden, und mit konkreten Entscheidungsvorlagen versehen sein.

Medizinstrategie und Leistungscontrolling

Die Medizinstrategie und das Leistungscontrolling bilden eine wichtige Grundlage im Krankenhausmanagement und sollten Hand in Hand gehen, um die strategische Ausrichtung vollständig in ein monatliches Leistungscontrolling integrieren zu können. Die strategische Ausrichtung sollte sowohl die externe als auch interne Perspektiveberücksichtigen.

Während die internen Ressourcen und Kapazitäten in jedem Klinikum vorliegen müssen, können für externe Markt-, Wettbewerbs- und Potenzialanalysen intelligente Analytics Tools verwendet werden. Am Ende des Prozesses müssen die interne und externe Perspektive zusammengebracht werden, um die personelle und infrastrukturelle Ressourcenbasis mit den Potenzialen am Markt in Einklang zu bringen. Eine Anpassung der Ressourcenbasis ist bei der erstmaligen Planung in vielen Fällen notwendig, um das Marktpotenzial erschließen oder eine zu hohe Ressourcenbasis an das Marktvolumen anpassen zu können.

Leistungscontrolling

Zu Beginn steht die Herausforderung aus den strategischen Zielen die richtigen Key Performance Indicators (KPI) zu identifizieren, die in das Leistungscontrolling integriert werden können. Mit neuen intelligenten Analytics Dashboards können unterschiedliche Wertschöpfungsbereiche sehr differenziert berichtet werden. Zu unterscheiden sind strategische Dashboards von operativen Dashboards, da sich sowohl die Adressaten als auch die Ziele, die damit verfolgt werden, stark unterscheiden. Eine Auswahl möglicher Reporting Dashboards ist in Tabelle 1 dargestellt. Wichtig ist es, die richtigen KPIs für die eigene Klinik festzulegen und die Controlling Dashboards mit den richtigen Adressaten zu teilen und zu committen.

Im einem Monats- oder Quartalturnus können die KPIs dann besprochen werden, um den qualitativen und ökonomischen Zielerreichungsgrad zu messen. Gemeinsam und transparent verabschiedete Dashboards schaffen Vertrauen, so dass entsprechende Anpassungen in der Ressourcenbasis (sowohl nach oben als auch nach unten), einfacher umgesetzt werden können.

Integration von Benchmarking-Konzepten in das Leistungscontrolling als Orientierungshilfe

Gerade für Kliniken in schwierigen Situationen können Benchmarks als wichtige Orientierungshilfe dienen. Beim Benchmarking geht es nicht nur um die Gegenüberstellung der internen Kennzahlen zu externen Benchmarks. Vielmehr kann der Begriff Benchmarking als ein fortlaufender Prozess verstanden werden, um Produkte und Dienstleistungen mit den stärksten Mitbewerbern zu messen und zu steuern. Die Orientierung an den Besten in einem spezifischen Gebiet ermöglicht die eigene Zielsetzung zu hinterfragen und von den besten Prozessen und Strukturen lernen zu können. Dies kann sowohl für klinische als auch ökonomische Prozesse und Kennzahlen relevant sein.

Budgetierung

Die Budgetierung wird im Krankenhausmanagement vielerorts immer noch stiefmütterlich behandelt. Dabei zeichnen sich erfolgreiche Unternehmen häufig durch eine detaillierte Budgetierung aus. Gerade das DRG-System eignet sich durch die bereits vorhandenen Kostenmatrizen der einzelnen DRGs perfekt für eine detaillierte Budgetierung.

Auch bei der Budgetierung ist es wichtig die Schnittstellen zum Leistungscontrolling engmaschig zu messen und zu steuern. Und auch die Budgetierung kann bestenfalls in unterschiedliche Reporting Dashboards differenziert werden, in welchen klare Ziele mit Commitments definiert werden und die Ergebnisse zeitnah und transparent mit den Entscheidungsträgern kommuniziert werden.

Ein häufiges Problem einer unzureichenden Budgetierung sind eine fehlende Stringenz im Reporting sowie die Gewährung von Ausnahmen. Die budgetierten Ressourcen, die mit qualitativen und quantitativen Outcomes verknüpft werden, müssen nachhaltig sein. Eine nicht Erreichung von Zielvorgaben bzw. eine Überschreitung von Budgets darf nicht zur Gewohnheit werden, sondern sollte die Aufmerksamkeit wecken, um die Prozessqualität so weit zu verbessern, dass eine Budgeteinhaltung garantiert wird. Aus diesem Grund kann man zu Beginn der Budgetierung „goldene Regeln“ definieren, die im operativen Turnusprozess nicht mehr angetastet werden. Beispielhaft könnten 6 goldene Regeln wie folgt aussehen:

  1. Budgets werden transparent gebildet und gemeinsam mit den Entscheidungsträgern verabschiedet.
  2. Budgets werden jährlich im Rahmen der strategischen Leistungsplanung in Abstimmung mit der Medizinstrategie und den Unternehmenszielen angepasst und werden nicht übertragen.
  3. Im Rahmen einer flexiblen Budgetierung führt die nicht Erreichung qualitativer oder quantitativer Outcomes zu einer Reduzierung von Budgets, deren Höhe zuvor festgelegt wird (z.B. anhand eines definierten Ergebnisses).
  4. Ausnahmen werden ausgeschlossen.
  5. Der Entscheidungsträger ist Budgetverantwortlicher.
  6. Budgetdashboards werden monatlich den Entscheidungsträgern bereitgestellt (bestenfalls in einem automatisierten Reporting).

Fazit

Das Unternehmen Krankenhaus ist eine hochkomplexe Organisation, die intelligent gesteuert werden muss. Unternehmenserfolge sind im Krankenhaus sowie in anderen Branchen kein Zufall. Eine stringente Planung und Messung der Erfolge sowohl qualitativer als auch ökonomischer Natur haben aus diesem Grund für den Unternehmenserfolg eine sehr hohe Bedeutung, um Finanzschocks am Ende des Jahres zu vermeiden.

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