
Es ist schon ein Vorzeigeprojekt, was da im Neubau des Universitären Notfallzentrums (UNZ) der Universitätsmedizin Rostock entstanden ist: Auf etwa 1900 Quadratmetern Laborfläche arbeiten rund 70 Labormitarbeiter, mehr als 20 Fachärzte und klinisch tätige Forscher. Kurze Wege und der gemeinsam genutzte Gerätepark ermöglichen eine interdisziplinäre Zusammenarbeit und bessere Vernetzung.
In dem neuen Gebäude sind die Labore des Instituts für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin, des Instituts für Transfusionsmedizin, des Instituts für Medizinische Mikrobiologie, Virologie und Hygiene, des Instituts für Pharmakologie und Toxikologie sowie der Allergologie und das hämatologische Speziallabor untergebracht. Während die nächsten Universitätslabore und Häuser erst nach einiger Strecke in Hamburg, Berlin und Greifswald zu finden sind, ist die Rostocker Laborstraße seit Mai dieses Jahres eine der modernsten und leistungsstärksten im Nordosten.
Laborstraßen verbinden Qualität auf höchstem Niveau mit wirtschaftlichen Einsparungen.
„Wir hatten vorher Einzelgeräte von vier bis fünf verschiedenen Firmen. Sie waren in die Jahre gekommen und wir hatten zuletzt mehr Techniker da, als uns lieb war“, beschreibt Prof. Michael Walter, Leiter des Instituts für klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin, die Situation. Am Ende war eine Erneuerung überfällig. Der Trend gehe schon seit 15 Jahren zu Laborstraßen. Und, so Walter, „Das Beste ist: Sie verbinden Qualität auf höchstem Niveau mit wirtschaftlichen Einsparungen.“
Personal entlastet, Ressourcen gespart
Die alten Geräte waren ineffizient und die Massenanalytik musste unbedingt automatisiert werden. Dazu kamen alte Verträge mit den Firmen zur Wartung. Jede Verlängerung wurde wieder ein Stück teurer. Die Massenanalytik, wie zum Beispiel Blutbilder, Entzündungswerte, Elektrolyte oder die klassische Herzinfarkt-Diagnostik mache 70 Prozent der Laborleistungen aus. Um auch die anderen 30 Prozent personell abbilden zu können, braucht man solche automatisierte Straßen.
Aufgrund des Personalmangels wurde es auch zunehmend schwerer manuell aufwendige Tests für Spezialanalytik anzubieten. Durch die Automatisierung steht dafür jetzt mehr Personal zur Verfügung steht. Außerdem können Routineproben noch effizienter und schneller rund-um-die Uhr abgearbeitet werden. Die Medizinisch-technischen Assistenten (MTA) arbeiten im geregelten Schichtdienst je acht Stunden. Nachts haben zwei MTAs Dienst. Sie sitzen in einer Kanzel mit geschlossener Tür zum Labor. Von der Leitzentrale aus können sie alle Vorgänge bequem überwachen und „dabei wenn Zeit ist, noch einen Kaffee trinken“, wie es Walter ausdrückt. Das Personal wird zusammen mit der Universitätsmedizin Greifswald ausgebildet, damit beide Standorte bei Engpässen auf einen Pool zurückgreifen können.
Wenn Zeit ist, können die MTAs während des Vorgangs noch einen Kaffee trinken.
Dennoch sind junge Menschen schwer für den Schichtdienst im Labor zu gewinnen, trotz 40 Tage Urlaub und finanziellen Zulagen. Deshalb konkurrieren die Häuser ungewollt mit den Privatlaboren um das wertvolle Personal.
60 Stationen vernetzt
Die Laborstraße arbeitet dort, wo auch die Notfallmedizin stattfindet – von der Neurologie mit Schlaganfall-Unit bis zur Radiologie, vom Hubschrauber-Landeplatz auf dem Dach bis zur zentralen Notaufnahme. Notfallbefunde können in unter einer Stunde geliefert werden, Routineproben, die kein Notfall sind, brauchen auch nicht viel länger. Per Rohrpost gehen die Proben von 60 angeschlossenen Stationen (die weiteste liegt 600 Meter entfernt) ins Labor und werden dort vollautomatisch analysiert. Der elektronische Befund landet direkt im Krankenhaussystem und auf dem Bildschirm der betreuenden Ärzte. Nur die Außenbereiche in anderen Stadtteilen müssen beim Bringen der Probe noch von einem Boten bedient werden.
Nach der Bestimmung werden die Proben zwischengelagert: „on board“ 24 Stunden, dann eine Woche im Kühlschrank. So kann bei Bedarf eine weitere Analytik erfolgen, ohne dass jemand die Probe erneut anfassen muss. Walter erklärt: „Unsere Erfahrung ist, dass 70 Prozent aller Nachforderungen in den ersten 24 Stunden kommen.“ Erstmals können von der Station aus per Mausklick Parameter wie zum Beispiel Herzenzyme oder andere nachgefordert werden. Der Roboter greift dann selbstständig auf die Probe zu, führt die Analyse durch und übermittelt automatisch die Ergebnisse.
Redundante Systeme sichern den Betrieb
Das entstandene Hochdurchsatzlabor ist mit Geräten der Firma Roche bestückt. Sie sorgen für exzellente Qualität bei hoher Quantität, schnelle Ergebnisse und präzise Auswertungen. Auch das Energiemanagement wird besser. Die neuen Geräte verbrauchen weniger Strom, benötigen weniger Reagenzien und die Verpackungen sind kleiner. Gleichzeitig kann eine Rundum-Diagnostik durch die Speziallabore auf derselben Laboretage im Notfallzentrum gewährleistet werden. So können zum Beispiel für eine neurologische Sofortdiagnostik Liquor, Gehirn- oder Rückenmarksflüssigkeit mikroskopisch untersucht werden. Auch eine moderne Sepsisdiagnostik oder die Analyse der Empfindlichkeit sowie Widerstandsfähigkeit von Bakterien gegenüber Antibiotika kann erfolgen.
Alle benötigten Geräte sind redundant angelegt und mehrfach vorhanden. Es gibt drei unterschiedliche Typen: die Ionenselektiven Elektroden, das klinische Chemie-Modul und das E-Modul zur Antikörpermessung. Auch aus Kapazitätsgründen sind je vier davon in einer Reihe geschaltet. Fällt eine Einheit aus oder ist überlastet, übernimmt sofort die nächste Einheit. Michael Walter ist sich sicher, dass allein die Massenspektronomie deutlich zunehmen wird. Damit können Medikamente gezielter untersucht und toxische Abbauprodukte besser gemessen werden. Gerade auch die Endokrinologen würden hier mit ihren Wünschen ein weites Feld füllen.
Für die Ausstattung der neuen klinischen Labore hat das Land Mecklenburg-Vorpommern mehr als 4,4 Millionen Euro investiert.







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