
Die effiziente Nutzung stationärer Kapazitäten ist für Krankenhäuser und das Gesundheitssystem von zentraler Bedeutung. Ein Krankenhausbett verursacht Kosten von rund 100.000 Euro pro Jahr. Kürzere Aufenthalte senken Kosten, entlasten Personal und Infrastruktur und verringern das Risiko nosokomialer Infektionen. Vor diesem Hintergrund gewinnt die Frage an Gewicht, welchen Beitrag roboterassistierte Verfahren leisten können.
Eine aktuelle Analyse von knapp 190.000 stationären Fällen aus den Jahren 2022 und 2023 belegt: Roboter-assistierte Chirurgie verkürzt in den meisten Indikationen die Verweildauer von Patientinnen und Patienten. Besonders deutlich zeigt sich dies bei Prostata-, Darm- und Lungenoperationen. Im Mittel ergibt sich daraus ein Entlastungspotenzial von vier Betten pro Klinik. Hochgerechnet bedeutet das: mehrere Hundert Krankenhausbetten könnten bei den betrachteten elf Indikationen jedes Jahr eingespart werden.
Datenbasis und Untersuchungsrahmen
Die Ergebnisse basieren auf einer retrospektiven Beobachtungsstudie, die auf anonymisierten Abrechnungsdaten aus der BinDoc-Datenbank durchgeführt und von Intuituve Surgical finanziert wurde. Für die Jahre 2022 und 2023 umfasst diese Datenbasis rund 20 Prozent aller stationären Fälle in Deutschland. In die Analyse flossen insgesamt 189.920 Fälle ein, die in 258 Kliniken im Jahr 2022 und 219 Kliniken im Jahr 2023 behandelt wurden.
Berücksichtigt wurden elf Indikationen, darunter Prostatektomien, partielle und totale Nephrektomien, gutartige und maligne Hysterektomien, pulmonale Resektionen sowie Rektum- und Kolonoperationen. Die Patienten wurden jeweils entweder offen, laparoskopisch oder roboterassistiert operiert. Von den knapp 190.000 Fällen wurden 34,9 Prozent laparoskopisch, 46,4 Prozent offen und 18,7 Prozent roboterassistiert durchgeführt.
Analyse in Zahlen
- Datenbasis: 189.920 stationäre Fälle, 2022–2023 (ca. 20 % aller Fälle in Deutschland)
- Kliniken: 258 (2022) und 219 (2023), davon 85 bzw. 90 mit roboterassistierter Chirurgie
- Indikationen: 11, darunter Prostatektomie, Darm- und Lungenoperationen
- Einsparpotenzial: 98.003 Verweildauertage (ungewichtet), 81.273 nach Adjustierung
- Entlastung pro Klinik: Ø 4 Betten, Ø 1 Intensivbett
- Hochgerechnet: rund 750 Betten jährlich im deutschen Krankenhauswesen entlang der elf untersuchten Indikationen
Unterschiede bei der Verweildauer
Die Ergebnisse zeigen ein klares Bild: In fast allen Indikationen lag die Verweildauer bei roboterassistierten Verfahren niedriger als bei den Vergleichsgruppen. Besonders ausgeprägt ist der Effekt bei Prostatektomien, wo Patienten im Median zwei bis zweieinhalb Tage früher entlassen werden konnten als laparoskopisch und offen operierte Patienten.
Noch größer sind die Unterschiede bei Darmoperationen und Hysterektomien: Hier verkürzte sich der Aufenthalt bei robotisch-assistierten Verfahren im Durchschnitt nach Risikoadjustierung um gut vier bis sechs Tage gegenüber offenen Verfahren – eine Differenz, die faktisch bis zu einer zusätzlichen Belegungswoche pro Patient entspricht. In der Thoraxchirurgie zeigten Lungenlappen- und Segmentresektionen ebenfalls vier bis fünf Tage kürzere Aufenthalte im Vergleich zur offenen Chirurgie.
Die Differenzen zwischen roboterassistierter und laparoskopischer Technik bewegten sich sonst bei den meisten Verfahren im Bereich von bis zu einem Tag. Diese Unterschiede erscheinen klein, gewinnen aber durch die hohe Fallzahl klinische Bedeutung. Lediglich bei Hysterektomien und ventralen Hernien war kein Effekt messbar.
Betten- und Tage-Effekte
Auf dieser Grundlage lässt sich das Einsparpotenzial präzise beziffern. In der ungewichteten Berechnung summierten sich die eingesparten Verweildauertage auf 98.003, nach Risikoadjustierung der Patientengruppen mittels Inverse Probability of Treatment Weighting auf 81.273. Das entspricht im Schnitt 4,39 eingesparten Betten pro Klinik, konservativ gerechnet 3,66 Betten. Hinzu kam knapp ein Intensivbett pro Klinik.
Hochgerechnet auf den gesamten deutschen Krankenhausmarkt ergibt sich ein Potenzial von rund 750 Betten jährlich für die untersuchten elf Indikationen.
Hochgerechnet auf den gesamten deutschen Krankenhausmarkt ergibt sich daraus ein Potenzial von rund 750 Betten jährlich für die untersuchten elf Indikationen. Damit wird sichtbar, dass die Effekte nicht im Detail der Statistik verharren, sondern eine Dimension erreichen, die für die Versorgung insgesamt relevant ist.
Deutschland im internationalen Vergleich
Ein Vergleich mit Frankreich verdeutlicht die Größenordnung zusätzlich. Dort wurden für acht Kliniken und acht Indikationen im Zeitraum 2021–2022 durchschnittlich 700 eingesparte Tage pro Klinik ermittelt. In Deutschland liegt der Mittelwert bei 1.441 Tagen, nach Adjustierung immer noch bei 1.200 Tagen. Die Differenz spiegelt die größere Indikationsbreite und die gestiegene Erfahrung deutscher Kliniken im Einsatz roboterassistierter Verfahren wider.
Jeder eingesparte Tag bedeutet weniger Belastung für Personal und Infrastruktur, geringere Kosten und eine bessere Planbarkeit der Belegung.
Die Analyse zeigt, dass roboterassistierte Verfahren nicht nur im OP Wirkung entfalten. Jeder eingesparte Tag bedeutet weniger Belastung für Personal und Infrastruktur, geringere Kosten und eine bessere Planbarkeit der Belegung.
Besonders in einem System, das mit knappen Ressourcen arbeitet, sind Unterschiede von mehreren Tagen pro Patient von erheblichem Gewicht. Für Häuser ergibt sich damit ein messbares Entlastungspotenzial, das sich in allen Bereichen bemerkbar macht – von der Normalstation über die Intensivmedizin bis hin zum Gesamtbetrieb.
Fazit
Die vorliegenden Ergebnisse fokussieren auf Verweildauer und Kapazitätseffekte. Sie zeigen, dass Roboter-assistierte Chirurgie die Verweildauer in den meisten Indikationen signifikant reduziert. Die Technologie verändert nicht nur Operationsverfahren, sondern unterstützt auch die effiziente Nutzung stationärer Ressourcen unterstützt.
Weitere positive Effekt könnten sich etwa bei Rehospitalisierungen oder Komplikationsraten zeigen. Auch patientenspezifische Prognosen mithilfe maschinellen Lernens sind denkbar, um das Potenzial roboterassistierter Verfahren noch gezielter abzubilden.








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