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Hessische MinisterinWie steht es um Ihren Pakt für Gesundheit, Frau Stolz?

In 15 Monaten als Gesundheitsministerin hat Diana Stolz in Hessen einiges bewegt. Sie will die Versorgungsebenen vernetzen und sucht partnerschaftliche Lösungen. Im Interview erklärt sie ihr „Gesundheitsnetz“, und was sie von der Regierung erwartet.

Diana Stolz
HMFG
Diana Stolz (CDU) ist Hessische Ministerin für Familie, Senioren, Sport, Gesundheit und Pflege.

Frau Ministerin Stolz, Sie sind seit etwas mehr als einem Jahr im Amt. Wie fällt Ihre bisherige Bilanz für die Gesundheits- und Pflegepolitik aus?

Diana Stolz: Für Hessen haben wir in kurzer Zeit schon sehr viel erreicht. Nehmen Sie die Pflege: Wir haben für Menschen, die Pflege benötigen, und für pflegende Angehörige in Hessen erste gezielte Maßnahmen ergriffen, die im Alltag helfen. Beispielsweise fördern wir innovative Ansätze in der Kurzzeit- und Tagespflege, damit pflegende Angehörige entlastet werden. Außerdem erleichtern wir Hebammen in Hessen die Niederlassung.

Als Teil der Verhandlungsgruppe Gesundheit bei den Koalitionsverhandlungen in Berlin konnte ich Hessen eine starke Stimme verleihen und habe mich für die hessischen Anliegen eingesetzt. Es ist wichtig und richtig, dass die Krankenhausreform von der neuen Bundesregierung insgesamt nochmals angefasst und bei wichtigen Punkten nachgesteuert wird, insbesondere im Interesse unserer Planungshoheit und -sicherheit. Diesen Prozess werden wir auch weiterhin eng begleiten. Für Hessen konnten wir passgenaue Förderprogramme entwickeln, um Kliniken bei der Tilgung ihrer Darlehen zu entlasten, und ein Sonderinvestitionsprogramm auflegen, das Verbundbildungen und Konzentrationen unterstützt.

Wie motivieren Sie sich für Ihre Arbeit?

Es ist ein ganz großer Antrieb für mich, dass ich in der Funktion als Hessische Gesundheitsministerin Themen bewegen kann, die die Menschen unmittelbar betreffen. Die Gesundheits- und Pflegepolitik ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die nur gemeinsam erfolgreich gestaltet werden kann – und genau so bin ich das seit Januar 2024 in Hessen angegangen: im Schulterschluss mit vielen Partnerinnen und Partnern, sei es im Pakt für Gesundheit oder in der Denkfabrik Pflege. Ich möchte, dass wir die Menschen in ihren unterschiedlichen Lebenswirklichkeiten unterstützen.

Lösungen sind am besten partnerschaftlich zu erreichen.

Welche Visionen haben Sie für die zukünftige Gesundheitsversorgung in Hessen?

Wir haben die Zeit seit meinem Amtsantritt genutzt und gemeinsam mit der Hessischen Krankenhausgesellschaft, der KV Hessen und vielen weiteren Partnern das „Hessische Gesundheitsnetz“ entwickelt, damit wir auf die Umsetzung der Krankenhausreform bestmöglich vorbereitet sind. Weitere große Herausforderungen sind sicherlich der in den allermeisten Branchen anstehende Fachkräftebedarf, die Demografie und der nötige Abbau von Bürokratie. Mein Ziel ist es, partnerschaftlich praxistaugliche und zukunftsfeste Lösungen für die Gesundheitsversorgung in Hessen zu erarbeiten.

Wie gehen Sie das an?

Lösungen sind am besten partnerschaftlich zu erreichen. Die Aufgaben, die vor uns liegen, sind riesig, das geht nur in einem Miteinander. Das ist das Arbeitsverständnis, das mich leitet und welches Sie in allen Themenfeldern, die ich verantworte, wiederfinden werden. Um eine solide und zukunftsfeste Gesundheitsversorgung sicherzustellen, muss man sektorenübergreifend denken. Da geht es nicht nur um Kliniken und Niedergelassene. Hier muss der Rettungsdienst, aber auch beispielsweise die Apotheke vor Ort – gerade im ländlichen Raum – mitgedacht werden.

Diana Stolz ist seit dem 18. Januar 2024 Hessische Ministerin für Familie, Senioren, Sport, Gesundheit und Pflege. Vor dem Wechsel in die Landespolitik war die diplomierte Rechtspflegerin und studierte Justizmanagerin ab 2016 als Erste Kreisbeigeordnete des Landkreises Bergstraße tätig, zuständig unter anderem für die Dezernate Jugend und Arbeit, Gesundheit sowie Pflege und Verbraucherschutz. Davor war die 49-jährige sechs Jahre lang Abteilungsleiterin in dem Landkreis.

Erfahrungen in der Landespolitik sammelte Stolz zwischen 1999 und 2010, unter anderem im Ministerium der Justiz, im Sozialministerium und im Ministerium für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Von 2000 bis 2002 war sie Vorsitzende der Hauptjugend- und Auszubildendenvertretung für den Bereich der hessischen Justiz.

Sie wollten einen Pakt für Gesundheit schließen und einen Versorgungsgipfel als Startschuss für den Dialogprozess anstoßen. Wie steht es um diese Vorhaben?

Der Pakt wurde bereits im Juli 2024 geschlossen, also im ersten halben Jahr meiner Amtszeit, was sicherlich auch zeigt, wie wichtig mir diese Art der Zusammenarbeit ist. Dort haben sich eine große Anzahl der Akteure im Gesundheitswesen in Hessen verbindlich mit dem Pakt darauf verständigt, eine Austausch- und Dialogplattform zu etablieren, um gemeinsam und sektorenübergreifend die zahlreichen wichtigen und komplexen Gesundheitsthemen anzugehen. So haben wir in der ersten Sitzung dieses Jahres die Fachkräftesicherung auf der Agenda gehabt, wo wir mit der neuen Kooperation zwischen dem Pflegequalifizierungszentrum Hessen (PQZ) und dem Landesamt für Gesundheit und Pflege (HLfGP) neue und schlankere Wege gehen. In der nächsten Sitzung steht die Kinder- und Jugendmedizin auf der Tagesordnung.

Die Krankenhausreform ist und bleibt ein zentrales Thema. Die Versorgungskonferenzen haben stattgefunden. Was sind die Ergebnisse?

Anfang des Jahres haben wir in allen sechs Versorgungsregionen Hessens Konferenzen durchgeführt, wo vielfach erheblicher Änderungsbedarf an der Bundesreform eingefordert wurde. Es ist eine Frage der Demokratie, dass alle Bürgerinnen und Bürger im Not- oder Krankheitsfall Zugang zu einer hochwertigen medizinischen Versorgung haben. Das ist die Richtschnur der Hessischen Landesregierung.

An den Konferenzen haben die Kliniken, die kommunale Seite und viele andere wesentliche regionale Akteure teilgenommen. Dadurch haben wir ein sehr gutes Bild davon, was die Herausforderungen vor Ort jeweils sind. Die Impulse und Schwerpunkte waren dabei so unterschiedlich wie die Regionen. Die hohe Teilnehmerzahl und die durchgängig hohe Beteiligung an und die positiven Rückmeldungen zu den Konferenzen sind ein Beleg dafür, wie wichtig diese Veranstaltungen waren. Uns alle eint, dass wir eine hochwertige medizinische Versorgung sicherstellen möchten. Zum Beispiel geben wir, wie bereits erwähnt unter anderem durch spezielle Förderprogramme, auf den ländlichen Raum und seine Herausforderungen gesonderte Antworten. Möglichst immer gemeinsam mit der Region.

Wir müssen Gesundheitsversorgung als Ganzes sehen und die Versorgungsebenen miteinander vernetzen.

Können Sie schon einschätzen, welche Folgen die Krankenhausreform für die Kliniklandschaft in Hessen haben wird?

Klar ist, dass jetzt bundesweit nochmals Bewegung in die Reform kommen wird. Krankenhäuser sind Teil der tragenden Infrastruktur unseres Landes. Derzeit erarbeiten wir den neuen Hessischen Krankenhausplan. Das schließt Einzelgespräche mit allen Krankenhäusern ein, um die lokalen und regionalen Besonderheiten möglichst gut zu erfassen. Anschließend werden die Krankenhäuser die Möglichkeit zur Antragstellung für die Leistungsgruppen erhalten.

Wie wollen Sie ambulant und stationär in Hessen besser verzahnen?

Das Gesundheitssystem der Zukunft ist sektorenübergreifend. Wir müssen Gesundheitsversorgung als Ganzes sehen, noch enger zusammenarbeiten und die unterschiedlichen Versorgungsebenen miteinander vernetzen – gerade in Zeiten, in denen es an Fachkräften mangelt. Etwa bei der Patientensteuerung. Hier können wir die stationäre und ambulante Notfallversorgung stärker miteinander verzahnen. Das trägt dazu bei, dass die Menschen in Hessen genau die Versorgung bekommen, die sie benötigen. Und es entlastet unsere Notfallaufnahmen. Wir machen mit sogenannten „Gemeinsamen Tresen“ an einigen Kliniken in Hessen, wie zunächst in Frankfurt Höchst und inzwischen auch in Darmstadt und Offenbach, bereits sehr gute Erfahrungen.

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Der Koalitionsvertrag der schwarz-roten Koalition steht. Es finden sich viele kostspieligen Themen auf der Agenda – jedoch unter Finanzierungsvorbehalt. Sind diese realistisch?

Die Koalitionspartner im Bund haben sich der drängenden Fragestellungen angenommen. Mit dem Sondervermögen Infrastruktur besteht hoffentlich eine Möglichkeit, der erheblichen Sanierungslast, die wir etwa bei den Krankenhäusern verzeichnen, nachzukommen. Ich denke, allen ist die Bedeutung klar, die die Krankenhäuser für die Infrastruktur unseres Landes haben. Ein starkes Zeichen ist auch die beabsichtigte Beteiligung des Bundes an den Kosten des Transformationsfonds, der von wesentlicher Bedeutung für das Gelingen der Krankenhausreform ist. Und wir werden sicherlich auch auf Möglichkeiten schauen, die vielfach geforderte Überbrückungsfinanzierung zu realisieren.

Gerade Lösungsansätze für die finanziellen Probleme der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung fehlen jedoch. Welche Ideen haben Sie?

Aus meiner Sicht braucht es im Sinne einer langfristigen Zukunftsfähigkeit jetzt einen offenen Dialog über eine nachhaltige Finanzierung unter Einbeziehung der Länderexpertise sowie der Expertise der Pflegeprofession. Damit die Pflegeversicherung zukunftssicher wird, bedarf es einer klaren Aufgabenteilung zwischen den Sozialsystemen, gezielter Entlastung pflegender Angehöriger und einer fairen Kostenverteilung zwischen Versicherten, Pflegekassen und staatlicher Verantwortung.

Welche konkreten Strategien verfolgen Sie für Hessen, um mehr junge Menschen für die Berufe in der Pflege und Medizin zu gewinnen?

Die Maßnahmen, die im Bereich der Gesundheitsberufe zur Fachkräftesicherung in Hessen ergriffen werden, sind mannigfaltig: Sie reichen von der Landarztquote über Niederlassungsförderungen, die Begleitung durch das Pflegequalifizierungszentrum, den Abbau von bürokratischen Hemmnissen bis hin zur Übernahme des Schulgeldes, um einige Beispiele zu nennen.

Telemedizin kann Brücken bauen und zu einer Qualitätssteigerung beitragen.

Des Weiteren wollten Sie die „Denkfabrik Pflege“ anstoßen. Wie geht es da voran?

Wir bringen Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Praxis zusammen, um Lösungen für die Zukunft zu entwickeln. Die Sicherstellung der pflegerischen Versorgung wird in den nächsten Jahren angesichts des demografischen Wandels weiter eines der wichtigsten Themen der Hessischen Landesregierung bleiben. Gemeinsam erarbeiten wir hier ein umfassendes Landespflegekonzept. Hierzu hatten wir im März den Auftaktworkshop.

Sie hatten zu Beginn Ihrer Amtszeit avisiert, die Telemedizin im Rettungsdienst voranzutreiben. Wie steht es da?

Das ist ein kontinuierlicher Prozess. Natürlich wird die Krankenhausreform auch auf den Rettungsdienst in Hessen ausstrahlen. Die allgemeine Bedeutung der Telemedizin ist im Transformationsfonds durch entsprechende Fördermöglichkeiten sichtbar. Klar ist, dass Telemedizin Brücken bauen und zu einer Qualitätssteigerung beitragen kann: zwischen Rettungswagen und Klinik, zwischen Ärzten und Patient. Entscheidend ist hier, dass es keine Insellösungen geben wird, sondern wir die Akteure sektorenübergreifend klug vernetzen.

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