
Transformationsfonds, Inflationsausgleich, Leistungsgruppen, Versorgungssicherheit … Die Liste der Themen rund um die bundesweite Krankenhausreform ist lang und wurde bereits intensiv diskutiert. Dirk Köcher, Präsident des Verbandes der Krankenhausdirektoren Deutschlands (VKD), stellte daher jetzt so kurz vor der finalen Abstimmung die Frage in den Raum, ob das Reformgesetz nun unterstützt werden sollte, oder nicht. Die Antwort lieferte er jedoch direkt mit: „Man sollte kein schlechtes Gesetz auf den Weg bringen.“
Zwar würden die Krankenhäuser eine Reform wollen, denn der Personalmangel sei Fakt und schmalere Strukturen sinnvoll, jedoch würde die Reform nichts an der finanziellen Situation der Häuser ändern und auch die Bürokratie nicht abnehmen. „Die von Herrn Lauterbach geforderte Entökonomisierung der Krankenhäuser kann zudem nicht das Ziel sein“, so Köcher. „Je knapper die Mittel sind, desto mehr muss man doch darauf achten, wie man mit ihnen wirtschaftet.“ Er warf den Politikern in Berlin vor, zu weit weg von dem zu sein, was in der Praxis passiert.
Berlin ist weit weg von dem, was in der Praxis passiert.
Forderung nach Inflationsausgleich bleibt
Köcher betonte, dass der VKD seine Forderung nach einem Inflationsausgleich aufrechterhalten werde. „Die Zahlungen müssen nun sehr schnell fließen, da es sonst vermehrt zu Krankenhaus-Schließungen kommen wird, insbesondere im ländlichen Raum.“ Seine Kollegen und er sehen dem geplanten Transformationsfonds entgegen. Allerdings sei noch nicht geklärt, ob das Geld überhaupt für Investitionen genutzt werden dürfe. Marin Atelj, Fachbereichsleiter Krankenhaus und Reha der Barmer, betonte, dass es wichtig sei, dass alle – auch die privaten Krankenversicherungen – in den Fonds einzahlen. Zudem stellte er die Frage, ob der Betrag von 2,5 Milliarden Euro überhaupt reichen würde angesichts der niedrigen Länderinvestitionen aus der Vergangenheit.
Rückwirkend nachbessern
Atelj sprach darüber hinaus eine Wahrheit aus, die die Podiumsteilnehmer in ihrer Direktheit überraschte: „In den Jahren 2022 und 2023 sind erhebliche Mittel nicht in den Krankenhäusern angekommen. Zwar hat der Bund durch Systemanpassung Liquidität in die Kassen der Krankenhäuser gespült, gleichwohl bemühen sich derzeit alle Protagonisten am Verhandlungstisch fehlende Budgets nachzuholen. Dieses Geld fehlt aktuell den Krankenhäusern.“
Dr. Axel Paeger, Gründer und Gesellschafter der Ameos Gruppe, machte an einem Beispiel deutlich, was die Reform konkret für einzelne Fachgebiete bedeuten würde: „Bereiche wie die Geburtshilfe werden vielerorts schon seit längerem bezuschusst und von stärkeren Abteilungen mitgetragen. Das ist bei der heutigen Unterfinanzierung nicht mehr möglich.“ Als Konsequenz werden, darüber herrschte auf dem Podium Konsens, diese Fachbereiche schließen müssen.
NRW-Modell für ganz Deutschland?
Wolfgang Müller, Vorsitzender der Geschäftsführung der Vestischen-Caritas Kliniken in Datteln und 1. Vizepräsident des VKD, widmete sich der Frage, ob die Umsetzung der NRW-Krankenhausplanung in der Praxis ein Vorbild für die gesamte Bundesrepublik sei, und bejahte die Frage direkt. „Das Konzept führt zu dringend notwendigen Strukturveränderungen, und rückt dabei den Patienten und seine Behandlung in den Mittelpunkt. Es stellt zudem die Grundversorgung sicher und lässt sich schnell auf andere Bundesländer übertragen.“ Er betonte, dass die Stellungnahmen der Krankenhäuser ernst genommen und deshalb Korrekturen durchgeführt wurden. „Hier wurde politisch verantwortungsvoll gehandelt.“ Anders auf Bundesebene, wie Marin Atelj noch einmal deutlich machte: „Die Reform hätte funktionieren können, wenn von Anfang an die Protagonisten mit ins Boot geholt worden wären.“
Lauterbach lehnt Diskussionen über Qualität ab
Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach lobte in seinem Statement zwar die NRW-Reform, merkte aber auch an, dass der ökonomische Druck ohne die Bundes-Reform nicht genommen werden würde. Auf die Frage, ob er denn bereit wäre, Veränderungen an der Reform vorzunehmen, sollte er in einer neuen Koalition ebenfalls Gesundheitsminister werden, antwortete er zurückhaltend: „Man kann mit mir über alles reden, aber nicht über Qualitätskriterien. Hier bin ich zu keiner weiteren Diskussion bereit.“ Er stellte die These auf, dass ohne die Reform die Versorgung insbesondere von Krebspatienten schlechter werden würde. „Es gibt Krankenhäuser, in denen Krebsbehandlungen stattfinden, in denen sich ein Arzt jedoch niemals selbst behandeln lassen würde. Hier müssen wir eingreifen.“
Am Ende waren sich alle einig, dass die Frage nicht sei, ob die Reform kommt, sondern wie sie kommt. Dazu Laumann: „Die Reform des Bundes sollte in der jetzigen Regierungssituation zwar nicht scheitern, darf aber in der aktuellen Form nicht verabschiedet werden“. Es ginge nicht um ein „Kaputtmachen“, sondern um eine Veränderung. Einigkeit herrschte zudem darüber, dass nicht alle Pläne schlecht seien, sie müssten nur zu den Gegebenheiten im Land passen, um die Versorgungssicherheit zu ermöglichen. „Das ist mit diesem Gesetz nicht möglich“, so Laumann.
Wir werden alles daransetzen, einen Vermittlungsausschuss zu vermeiden.
Die Teilnehmer der Podiumsdiskussion beim Deutschen Krankenhaustag setzen ihre Hoffnungen aktuell in eine neue Regierung, die ihren Schwerpunkt auf die Gesundheitsversorgung legt. Mit Blick auf die anstehenden Neuwahlen machte Atelj noch auf ein ganz anderes Problem aufmerksam: „Wenn das Gesetz in dieser Form kommt und der Bevölkerungsbezug bei der Vorhaltefinanzierung keine Berücksichtigung findet, dann könnten Bundesländer mit einer rückläufigen demographischen Struktur in die Gefahr einer Unterfinanzierung laufen, was Krankenhausschließungen zur Folge haben könnte. Dies würde insbesondere rechten Parteien in die Hände spielen, denn schon jetzt findet dieses Thema Einzug in den Wahlkampf.““
Noch ist nicht entschieden, ob der Bundesrat am 22. November den Vermittlungsausschuss anruft und die Reform damit erst einmal blockiert. Lauterbach äußerte sich dazu jedoch sehr deutlich: „Wir werden alles daransetzen, einen Vermittlungsausschuss zu vermeiden.“









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