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Bayerischer Krankenhaustrend„Diese Krankenhäuser werden das nicht überleben“

Betroffen sind mittlerweile alle – vom Maximalversorger bis zur Fachklinik. 85 Prozent der bayerischen Krankenhäuser erwarten 2025 ein Defizit. Und ein Ende ist laut Krankenhausgesellschaft nicht in Sicht.

Ärzte und Pfleger gehen über einen Krankenhausflur
Monkey Business/stock.adobe.com
Symbolfoto

Die bayerische Krankenhausgesellschaft (BKG) warnt eindringlich vor einem Kliniksterben im Freistaat. Acht von zehn Häusern hätten im vergangenen Jahr rote Zahlen geschrieben, für 2025 erwarteten gar 85 Prozent ein Defizit, sagte BKG-Geschäftsführer Roland Engehausen in München.

„94 Prozent der kleinen Regel- und Grundversorger machen Defizite, 100 Prozent der größeren Schwerpunktversorger machen Defizite, alle Maximalversorger, alle Unikliniken machen Defizite, und jetzt neu auch 60 Prozent der Fachkliniken“, zählte Engehausen unter Verweis auf eine Umfrage unter 123 Krankenhausträgern auf, die zwei Drittel der Betten in Bayern betreiben.

16. Bayerischer Krankenhaustrend

Mit dem Bayerischen Krankenhaustrend befragt die BKG einmal jährlich die Verantwortlichen der Krankenhäuser und Kliniken des Freistaats.

Die ausführlichen Ergebnisse gibt es auf der Webseite der BKG.

„Da passiert gerade etwas, das ist nicht mehr schleichend, das ist dramatisch“, sagt er. Selbst die lange Zeit besser aufgestellten gemeinnützigen Kliniken hätten inzwischen zu 82 Prozent massive Schwierigkeiten, besser schaue es nur bei den privaten Betreibern aus.

Engehausens Fazit: „Diese Krankenhäuser werden das nicht überleben, sie können es nicht überleben.“ In der Folge der wirtschaftlichen Schwierigkeiten würden Kliniken flächendeckend in die Insolvenz gehen oder deren Träger den Geschäftsbereich aufgeben.

Diese Krankenhäuser werden das nicht überleben, sie können es nicht überleben.

Grund für die Lage seien die Defizite, die pro Behandlungsfall anfielen. Einzige Alternative zu einer Erhöhung der Behandlungserlöse um vier Prozent ist aus Sicht der BKG eine radikale Entbürokratisierung und eine Reduzierung der Behandlungen auf die wirklich notwendigen.

Strategieanpassung, Kooperationen, bauliche Veränderungen

„Die Kliniken müssen derzeit mit hoher Unsicherheit Leistungsgruppen beantragen, obwohl noch wichtige Rahmenbedingungen fehlen wie Mindestvorhaltezahlen oder das Portfolio für sektorenübergreifende Versorgungseinrichtungen“, erläutert Engehausen. Sonst seien insbesondere die Notfallversorgung sowie die Kinder- und Jugendmedizin, aber auch die Geburtsstationen und perinatalen Schwerpunkte gefährdet.

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Trotz der bestehenden Ungewissheiten haben sich die bayerischen Kliniken bereits auf den Weg gemacht. Mehr als drei Viertel prüfen eine Anpassung ihrer Medizinstrategie, 70 Prozent intensivieren ihre Kooperationen mit umliegenden Kliniken. Jedes dritte Krankenhaus prüft bauliche Veränderungen.

In den kommenden Jahren keine Verbesserung

Auch das Personal darf sich auf Veränderungen einstellen, etwa bezüglich erforderlicher Zusatzqualifikationen und inhaltlicher Aufgabenbereiche. 37 Prozent der befragten Kliniken erwarten durch die Reform zudem größere räumliche Veränderungen beim Personal.

An der Situation ändere auch die Krankenhausreform nichts, betonte Engehausen. Im Gegenteil: 57 Prozent der Häuser schätzten ihre wirtschaftliche Entwicklung in den kommenden zwei bis drei Jahren als eher bis erheblich schlechter ein, nur gut zwölf Prozent erwarteten eine Verbesserung.

Länder brauchen Ausnahmeregelungen

„Die großen Defizite, von denen die BKG berichtet, haben in erster Linie mit den Betriebskosten zu tun. Damit tritt das ein, wovor wir seit langem warnen: Ein kalter Strukturwandel könnte die Krankenhauslandschaft massiv umgestalten, bevor die Reform überhaupt Wirkung entfalten kann“, kommentierte Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) gegenüber der Deutschen Presse-Agentur die Ergebnisse der Umfrage. Die Länder bräuchten deshalb die Möglichkeit, Ausnahmen von den starren Leistungsgruppen-Voraussetzungen zuzulassen, um auf den Einzelfall reagieren zu können. 

Engehausen machte auch noch auf eine weitere Folge der Reform aufmerksam, bei der eine Reduzierung des Leistungsspektrums im Fokus stehe. „Damit gehen Reservekapazitäten verloren“ – etwa bei Krisen, Terroranschlägen oder auch etwaigen Kriegsszenarien.

Innovationen als Chance zur Verbesserung

Unabhängig von der Reform sehen Krankenhäuser jedoch eine große Chance in Innovationen. Das größte Potenzial für eine Versorgungsverbesserung und für die Weiterentwicklung stationärer Teams würden etwa Künstliche Intelligenz, die elektronische Patientenakte, Telemedizin und interprofessionelle Teams bieten.

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