
Gestern startete eine Reihe von weiteren Krankenhausreform-Gesprächsrunden. Der Minister empfing Vertreter der kommunalen Spitzenverbände. Auf der anschließenden Pressekonferenz betonte er die Einigkeit der Runde bezüglich des Referentenentwurfes zur Krankenhausstrukturreform. Er stellte einmal mehr klar, dass „der Bund nicht wackeln wird“, d.h. dass er seinen Plan weiterverfolgen werde. Die Zustimmung der Kommunen sei ihm sicher, betonte er. Denn diese kennen die Probleme, hatten bislang jedoch keine Möglichkeit, die Struktur zu verändern. Dies werde jetzt anders.
Die Länder ordnen die Leistungsgruppen zu und steuern damit, wer eine Vorhaltepauschale bekommt. Mit den Leistungsgruppen und den damit verbundenen Vorhaltepauschalen sieht Lauterbach einen Krankenhausstandort als „relativ“ gesichert an und verteidigt damit den Referentenentwurf aus seinem Haus gegen Vorwürfe u.a. seitens von Krankenhäusern und der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG).
Er wies zudem auf die Einigkeit auch mit den Ländern hin. Bis auf eines seien diese nicht gegen die Reform, was Lauterbach zuversichtlich stimmt, „dass wir die Reform mit den Ländern gemeinsam beschließen können“. Denn schließlich sei überall klar, dass es eine Strukturverbesserung braucht. Am Nachmittag standen Gespräche mit den Spitzen der Verbände an. Heute werden Praktiker aus zahlreichen Krankenhäusern gehört.
Lauterbach hält an Zeitplan fest
2025 wird der Landesbasisfallwert so weitergegeben, dass der komplette Orientierungswert genutzt wird.
Da es grundsätzlich keine Bedenken in der Koalition gegen die Reform gebe, werde diese kommen und der Zeitplan eingehalten. Das heißt: 2025/26 werden die Leistungsgruppen zugeordnet, 2027/28 ist die Konvergenzphase und ab 2029 tritt die Reform komplett in Kraft. Bis dahin wird es zwei große Finanzverbesserungen für die Krankenhäuser geben: „2024 werden rückwirkend alle Tariferhöhungen berücksichtigt, 2025 wird der Landesbasisfallwert so weitergegeben, dass der komplette Orientierungswert genutzt wird“ und so die Inflation abgefedert werde, führte der Bundesgesundheitsminister bei der gestrigen Pressekonferenz nach den Gesprächen mit den kommunalen Vertretern in seinem Haus aus. Daher ist er sich sicher, dass es weder in diesem noch im nächsten Jahr zu einem unkontrollierten Krankenhaussterben kommen werde. Das sehen die Kliniken und deren Spitzenverbände allerdings anders.
Ob die Reform wie angekündigt am 24. April ins Kabinett gehen wird, hängt nun von den Ressortabstimmungen ab. Bis dato ist sie nicht auf der Tagesordnung. Lauterbach zeigt sich jedoch zuversichtlich, dass auch dieses Datum gehalten werden kann.
Mehr Transparenz soll für Dynamik sorgen
Der Start des geplanten Online-Klinik-Atlas könne sich noch um zwei Wochen verschieben. Die Plattform, die das Bundesgesundheitsministerium (BMG) selbst betreibt, werde aber spätestens Mitte Mai in einer Beta-Version an den Start gehen. Dann soll dort ersichtlich sein, welcher Eingriff in welcher Region wie häufig vorgenommen wird und welche Klinik über entsprechende Zertifikate verfügt. Diese Informationen seien derzeit bereits beispielsweise über den AOK-Gesundheitsnavigator oder die Liste der Bertelsmann Stiftung verfügbar, erklärte Dr. Doris Pfeiffer vom GKV-Spitzenverband am Vortag auf der DMEA. Sie kritisierte, dass das Transparenzportal des Ministers zusätzliche Bürokratie verursache und zweifelte daran, dass die Bürgerinnen und Bürger das Portal mehr nutzen als die bereits vorhandenen Informationsmöglichkeiten.
Der Minister hingegen ist sich sicher, wenn erst das gesamte Spektrum der Leistungen der Krankenhäuser sortiert nach den Leistungsgruppen auf seinem Portal erhältlich ist, „wird es plötzlich eine Riesentransparenz geben“. Denn: Ab Herbst rechnet er damit, dass der Klinik-Atlas auch die anderen Informationen wie Komplikationsraten etc. bereitstellt. Spätestens dann wird es zu einer „Dynamik aus dem System heraus“ kommen, die die Kliniklandschaft verändern werde, weil Häuser aus sich heraus Kooperationen starten werden.
News: Instrument zur Folgeabschätzung und neue Arztart
Dafür sorgen soll auch das Instrument zur Folgenabschätzung, das der Minister heute den Vertretern der Kommunen vorgestellt hat. Dieses Modell wurde von der Regierungskommission entwickelt und soll Ländern, Kommunen und Trägern ab Herbst 2024 zur Verfügung stehen. Deutschland wurde hierfür in 84 000 Zellen à 1 000 Einwohnerinnen eingeteilt. Dem Instrument liegen 16 Millionen Abrechnungsdaten zugrunde, die zeigen, welcher Krankenhausstandort welche Leistungen in welchem Umfang erbringt. „Damit wird zellgenau ersichtlich, wie wichtig ein Krankenhaus für die Sicherstellung der Versorgung in der Region ist“, erklärt Lauterbach und betont, dass damit erstmals eine „richtige und wirksame Krankenhausplanung“ möglich sein werde. Diese sei bisher „im Blindflug“ geschehen, weil diese Daten bislang nicht zur Verfügung standen. Durch diese Transparenz könne das Geld der Planung folgen und damit werde ein „drastischer Umbau“ der Krankenhauslandschaft eingeläutet.
Bezüglich der Ambulantisierung und damit einhergehend der Hybrid-DRG kündigt Lauterbach heute an: „Wir überlegen, eine neue Arztart einzuführen.“ Diese soll sowohl vertragsärztlich tätig sein und abrechnen können, zugleich jedoch auch angestellt sein können. Er betonte einmal mehr die Stellung der Level Ii-Krankenhäuser in diesem System, denen er ebenfalls „kleine Eingriffe“ erlauben will.
Damit wird zellgenau ersichtlich, wie wichtig ein Krankenhaus für die Sicherstellung der Versorgung in der Region ist.
Gesundheitsorganisationen kritisieren Lauterbach
Während Lauterbach die Einigkeit zwischen allen Playern im Gesundheitswesen hervorhob, die bezüglich der Reform herrscht, trafen sich die Selbstverwaltung und die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) keine zwei Kilometer weiter in der Bundespressekonferenz – und kritisierten die Gesundheitspolitik der Ampel-Regierung. In der Glinkastraße proklamiert Lauterbach die konstruktive Zusammenarbeit auf Arbeitsebene in den mehr als 90 Treffen mit Kommunen, Ländern, Experten und der Selbstverwaltung. Am Schiffbauerdamm kritisieren DKG, Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) und der ABDA, Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände, erneut „die Art und Weise, wie Karl Lauterbach Politik betreibt und diese kommuniziert“.
Für die Krankenhäuser erklärt Dr. Gerald Gaß, Vorstandsvorsitzender der DKG: „Die große Krankenhausstrukturreform wurde von Seiten des Ministeriums so schlecht gemanagt, dass man praktisch von einem Scheitern sprechen muss.“ Er kritisiert einmal mehr die Vorhaltefinanzierung, „die nachweislich ihre Wirkung verfehlt“ und, dass sich die Leistungsgruppen mittlerweile vom NRW-Modell weit entfernt hätten.
Die große Krankenhausstrukturreform wurde von Seiten des Ministeriums so schlecht gemanagt, dass man praktisch von einem Scheitern sprechen muss.
Beides dementiert Lauterbach, zu letzterem Vorwurf erklärt er ausführlich: „Wir haben nicht nur die Grouper, sondern auch alle Ausnahmemöglichkeiten, die es in NRW gibt, eins zu eins für den Bund übernommen.“ Lediglich an zwei Stellen hätte man sich vom NRW-Modell entfernt: Jeder Facharzt kann nur maximal dreimal gezählt werden, nicht beliebig oft. Und es gibt eine Verschärfung in der Onko-Chirurgie im Vergleich zum NRW-Modell.
Lauterbach ist sich sicher, dass mit seinen finanziellen Sofortmaßnahmen ein Krankenhaussterben abgewendet wird und es keine Zwischenfinanzierung – wie von der DKG gefordert – braucht. Dieser hatte er bereits mehrfach in der Vergangenheit eine Absage erteilt. Er lässt aber auch keinen Zweifel daran, dass es grundsätzlich einen geordneten Um- und Rückbau in der Krankenhauslandschaft braucht und sieht hier Einigkeit aller Verantwortlichen im Gesundheitssystem.









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