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Der kma Entscheider-Blog

kma Entscheider BlogKünstliche Intelligenz trifft sprechende Medizin

Um das Klinikpersonal künftig so wenig wie möglich zu belasten, gibt es viele Ansätze wie die sprechende Medizintechnik im Zusammenspiel mit künstlicher Intelligenz einen Mehrwert darstellen kann. Doch wer spricht mit wem? Wer hört zu? Und wie fühlt sich dabei der Patient?

ID-Native GmbH
Tanja Heiß ist Geschäftsführerin der ID-NATIVE GmbH in Goldbach und Co-Gründerin von Hashtag Gesundheit e.V.

Durch die Anpassung der DRGs im kommenden Jahr wird der Druck auf den Sekundär- und Tertiärbereich weiter zunehmen. Gleichermaßen wächst auch die Belastung des Personals frei nach dem Motto: höher, schneller, weiter. Es geht also darum, Entlastung zu schaffen. Die Digitalisierung scheint ein Schlüssel zu sein. Die Schnittmenge zwischen IT und Medizintechnik wird täglich größer. Big Data und Technologie sorgen im Optimalfall für smarte Prozesse, kürzere Wege und schnellere Datenverarbeitung. Es geht also um kommunizierende Medizintechnik.

Begriffserklärung

In erster Linie ist es wichtig zu unterscheiden, an welcher Stelle die Kommunikation stattfindet. Zunächst ist oftmals der Austausch von Daten zwischen technischen Systemen gemeint, also Medizintechnik, die ihre Informationen z. B. aus der Diagnostik etwa an das KIS-System überträgt. Es wird also im übertragenen Sinne von System zu System kommuniziert. Doch es gibt auch die Möglichkeit, dass der Mensch mit der Technik spricht. Das ist beispielsweise der Fall, wenn die Pflegekraft oder der Arzt im Rahmen der Untersuchung, die festgestellten Symptome und Werte direkt per Sprachsteuerung ans System überträgt. Sowohl in der Diagnostik als auch im OP erleichtert ein solches System Dokumentationsaufwand, überflüssige Handgriffe und schafft somit wichtige Zeit für die Arbeit am und mit dem Patienten.

Einen ersten Weg in diese Richtung geht die erste deutsche offline Sprachsteuerung im Krankenzimmer: Hospimatix. In diesem Fall wird es dem Patienten ermöglicht, durch die im Zimmer eingebaute Technik bestimmte Raumsteuerungen beispielsweise das Öffnen des Fensters, einfach vom Bett aus durchzuführen. Auch die Kommunikation mit dem medizinischen und pflegerischen Personal wird dadurch optimiert und spart unnötige Wege für die Mitarbeiter. Es erfolgt aber noch keine Kommunikation mit der am Patienten eingesetzten Medizintechnik. Das i-Tüpfelchen wäre dann noch, wenn das System automatisch den Schlafrhythmus des Patienten erkennt, Auffälligkeiten wie beispielsweise in der Atmung oder beim Herzschlag erkennt und an den zuständigen Mitarbeiter meldet.

Künstliche Intelligenz kann dann ins Spiel kommen, wenn das System aufgrund der festgestellten Symptome entscheidet, dass der Patient dringend ins CT oder sogar in direkt in den OP muss und bereits die Räume selbstständig bucht und anhand der Dienstpläne das Team zusammenstellt. Am Ende können diese automatisierten und hochintelligenten Systeme nicht nur Zeit sparen, sondern im Ernstfall Leben retten. Noch längst kein Alltag in deutschen Krankenhäusern, aber trotzdem ein mögliches Bild für die Zukunft.

Wunsch versus Realität

Die Frage, die wir uns daher stellen müssen: wollen wir, dass diese Bild Realität wird? Sobald es darum geht, Leben zu retten: auf jeden Fall! Aktuell gibt es natürlich (zurecht) viel Kritik. Im Krankenhaus sprechen wir immer wieder von Patientenzentrierung. Aber ist es wirklich patientenorientiert, wenn wir uns bei der Behandlung nicht mehr auf den Patienten konzentrieren, sondern darauf, dass wir die Diagnose sprachlich korrekt zur Erfassung ins System einsprechen. Wie werden die Systeme mit Akzent und Dialekt umgehen? Wird das zusätzliche Zeit kosten und so auf beiden Seiten für Frust sorgen? Und wenn das Krankenhaus irgendwann abhängig von diesen Systemen ist, was passiert im Falle eines Blackouts? Kann das Personal dann noch ohne Technik?

Fragen über Fragen, von denen wir uns aber nicht aufhalten lassen sollten. Wir müssen sie im positiven Sinne als Herausforderungen begreifen, für die es noch Lösungen zu finden gilt. Aber eines darf dabei nicht vergessen werden: In Zeiten der Digitalisierung wird die persönliche Begegnung immer wichtiger. Ist dieser Aspekt bei der Arbeit mit kommunizierender Medizintechnik gegeben, bietet sie nicht nur viele Chancen zur Mitarbeiterentlastung, sondern auch ein Erlebnis für den Patienten.

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